Stehen hinter dem Projekt (von links): Florian Frank, Oliver Schmitt, Elena Schweizer und Wolfram Ellner. Foto: Ließmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Palliative Fortbildung im Martha-Maria-Seniorenheim

Von Kirsten Ließmann

Nagold. 100 000 Euro – das ist viel Geld. Geld, das in diesem Fall mehr Lebensqualität für unzählige Menschen bedeutet. Warum? Nun, im Nagolder Seniorenzentrum Martha-Maria macht man sich bereits seit langer Zeit Gedanken, wie man Schwerstkranke und Dahinscheidende noch besser begleiten kann.

Das Augenmerk liegt dabei nicht nur auf den Betroffenen, sondern ebenso auf deren Angehörigen. Zu diesem Zwecke hat sich Elena Schweizer, die die Leitung der Einrichtung innehat, mit den Lehrern Oliver Schmitt und Florian Frank der Annemarie-Lindner-Schule, Fachbereich dreijährige Berufsfachschule für Altenpflege, und ihren Auszubildenden zusammengesetzt und eine hochwertige fünftägige, praktische Fortbildung zum Thema "Palliative Praxis" ausgearbeitet.

Umgesetzt sieht das dann so aus: Im Hause Martha-Maria werden alle mit ins Boot genommen. Von den Pflegekräften und Auszubildenden, über die Küchenangestellten und Raumpflegern, bis hin zum Hausmeister erfahren die Angestellten eine Menge Verwertbares zum Thema Sterben. Zudem ist die gesamte zweite Ausbildungsklasse der ALS mit dabei. Denn nur zu gern schiebt man das Thema Sterben weit von sich. Wird man dann direkt damit konfrontiert, ist man meist total überfordert. Damit genau das nicht passiert, lernen die Angestellten und Fachschüler in diesem Seminar, sich mit Sensibilität an die Thematik anzunähern. Obendrein entwickeln die Teilnehmenden, dank der gemischten Gruppen, Verständnis für die Kollegen der anderen Abteilungen und tanken Selbstbewusstsein für den Umgang mit den Betroffenen und deren Angehörigen in solch einer schwierigen Situation.

Einst erging es Elena Schweizer, der Leiterin des Nagolder Seniorenzentrums, ganz ähnlich, als sie zum ersten Mal mit dem Tod konfrontiert wurde: "Es ist ein Erlebnis, was einen nicht mehr so schnell loslässt." Kein Wunder also, dass sie vor einem Jahr, mit benannter Unterstützung, ein Konzept ausarbeitete, das sie anschließend bei der Robert-Bosch-Stiftung einreichte. Denn besagte Stiftung unterstützt bereits seit zwölf Jahren ähnliche Projekte, hat jedoch nach so langer Zeit ihre Ausschreibungen eingestellt. Über 300 Anfragen gab es dort, 43 Projekten nahm man sich an. Eines davon ist das Nagolder Seminar für "Palliative Praxis", welches unter der Leitung von Magdalena Schleinschok, vom Martha-Maria-Bildungszentrum Nürnberg, abgehalten wird.

"Es wurden sogar Rollenspiele gemacht"

Solch eine intensive und wertvolle Zusatzausbildung, die die Auszubildenden gut gerüstet in ihr Berufsleben entlässt, kostet freilich Geld. Man rechnet für den gesamten Zeitraum, der auf drei Jahre angelegt ist, mit 100 000 Euro. 23 000 Euro davon übernimmt jetzt, dank überzeugender Bewerbung, die Robert-Bosch-Stiftung. Den Rest trägt die Martha-Maria Altenhilfe und deren Stiftung.

Wolfram Ellner, Auszubildender im 2. Jahr, der erst vor Kurzem – zusammen mit 22 anderen Teilnehmern; davon 15 von der Annemarie-Lindner-Schule – diese Extra-Qualifikation genießen durfte und überdies ein Zertifikat hierrüber erhielt, berichtet: "Das hat mir sehr viel gebracht und wird vor allem den jüngeren Auszubildenden helfen. Man konnte sich intensiv mit dem Thema Sterben auseinandersetzen." Alisa Gulnov, Pflegeausbilderin im Seniorenzentrum, pflichtet ihm bei: "Es wurden sogar Rollenspiele gemacht, weil der Austausch sehr wichtig ist. So schlüpfte man mal in die Rolle des Patienten, mal in die des Angehörigen oder in die des Pflegepersonals." "Natürlich wird da auch mal geweint oder die Auszubildenden sind nachdenklich gestimmt", antwortet Oliver Schmitt ehrlich auf die Frage, ob die Thematik den einen oder anderen womöglich zu sehr bedrückt. "Man sollte jetzt aber nicht meinen, dass es dabei immer nur ernst zugeht. Es darf auch gelacht werden. Schließlich ist die palliative Idee etwas Lebensbejahendes.", fügt Florian Frank hinzu.

Und Elena Schweizer findet es einfach schön, dass die Zusammenarbeit mit der Annemarie-Lindner-Schule so fruchtbar ist.