Foto: Thomas Fritsch

Regen verzieht sich rechtzeitig. Besucher schlemmen und sitzen gemütlich bei Lampionlicht zusammen.

Nagold - Wer nicht dabei war, hat dieses Wunder verpasst: Wetterbericht, Regenradar, Satelliten-Fotos – alles zeigte eindeutig Dauerregen an; gerade rechtzeitig zur Nagolder Markttafel. Doch tatsächlich kamen hier nur wenig mehr als ein paar Tropfen runter.

Und als es dunkel und richtig gemütlich wurde – auch Dank der 750 aufgehängten Lampions und wohl noch mal sovielen Kerzen – da war gar nichts mehr zu sehen vom Regen. Eine trotz des Wetterumschwungs erstaunlich laue – und eben trockene – Sommernacht war es; zumindest bis zum Ende der Markttafel um kurz nach 23 Uhr. Dann kam, pünktlich zum offiziellen Veranstaltungsende, doch noch, der große Regen. Aber bis dahin war es unendlich romantisch. Und natürlich unendlich lecker. Und Dank der in diesem Jahr anwesenden Musik auch sehr stimmungsvoll. Sogar getanzt wurde ab und an auf der Nagolder Marktstraße.

Aber, zugegeben, anfangs sah es wahrlich nicht nach einer wirklich gelungenen Veranstaltung aus. Um 19 Uhr sollte es losgehen, ab 18.30 Uhr wurde aus der Markttafel nach mediterranem Vorbild eher das "große Nagolder Tische-Rücken": Auf der Flucht vor dem leicht einsetzenden Nieselregen wurden die festlich und so hübsch gedeckten Tische unter Markisen und Arkaden in Sicherheit und ins Trockene gebracht. Sieger des Rennens: Sicher die Firma Schaible, die ihre gebuchten Tische samt Mitarbeiter als erstes unter das Vordach der eigenen Firmenzentrale in der Turmstraße umsetzte – und die weitere Veranstaltung von dort aus verfolgte.

Viele folgten diesem Beispiel. Wer konnte – wie etwa Familie Drissner vom Modehaus Reichert – spannte große Sonnenschirme auf oder – wie der veranstaltende City-Verein selbst an seinen Tischen – baute eilig Pavillons als Regenschutz auf. Aber dem Regen weichen – auf die Idee kam irgendwie keiner der anwesenden Nagolder. "Das ist schon irgendwie hier ein trotziges Völkchen", lachte und freute sich "Oberblockwartin" Angela Nisch, die als Geschäftsführerin des City-Vereins noch am Donnerstag die Entscheidung mit getroffen hatte, die Nagolder Markttafel unter allen Umständen durchzuziehen. Denn "einen B-Plan haben wir nicht".

"Blockwartin" übrigens deshalb, weil die 104, ursprünglich in ordentlicher Reihe aufgestellten Bierzeltgarnituren mit je acht Plätzen in insgesamt sechs "Blöcke" aufgeteilt wurden, über die je ein "Blockwart" zu wachen hatte. Denn Fluchtgasse, exakt zugeordnete Reservierungen – ohne zumindest etwas "Ordnung" geht so ein Event bei uns eben nicht. Und auch, falls es irgendwelche "Ausfälle" gegeben hätte – auch dafür gab es "Szenarien", wie darauf zu reagieren sein würde. Aber die wurden an diesem Abend nicht gebraucht. Mit einsetzender Dämmerung hatten die trotzigen Nagolder die dicken Regenwolken zumindest für den Augenblick einfach weggefeiert. Und es wurde zum Heulen schön und gemütlich in der eindrucksvoll illuminierten Flaniermeile der Stadt.

Dazu trugen sicher auch die Musiker bei, die nach einer entsprechenden Anregung vom letzten Jahr in diesem Jahr im Wechsel auf drei improvisierten Straßenbühnen ihre Klänge zum Besten gaben. Mal jazzig mit dem Saxophon, mal unendlich romantisch mit Folk-Musik aus aller Welt vom Gitarren- und Gesangs-Trio, mal heißblütig mit lateinamerikanischen Klängen und der eindrucksvoll kratzig-rauchigen Stimme des Franzosen Marc Delpy – stilecht im hellem Leinenanzug und mit Panama-Hut. "So etwas wie das hier habe ich noch nie erlebt", sagt dieser etwas atemlos zwischen zwei Auftritten und mit ehrlicher Hochachtung vor seinem Nagolder Publikum. "Eine ganze Stadt feiert gemeinsam sich und das Leben – es ist einfach herrlich!" Recht hat Herr Delpy.