Anas Duridi (links) fühlt sich wohl im Chor "Come together", in dem er dank Helga Mühleisen und Ansgar Aubreville Anschluss gefunden hat. Foto: Rousek Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Anas Duridi aus Syrien singt seit rund einem halben Jahr im Chor "Come together" mit

Anas Duridi suchte vor fast zwei Jahren Zuflucht in Deutschland. Zuflucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien. In Nagold fand er nicht nur eine neue Heimat, sondern auch ein neues Hobby: Seit rund einem halben Jahr singt er im Chor "Come together" des Liederkranz Nagold.

Nagold. Etwas verlegen sitzt der 27-Jährige zwischen Helga Mühleisen, der Vorsitzenden des Arbeitskreises Asyl und Ansgar Aubreville, Mitglied im Chor. Duridi ist fein gekleidet: Anzug, Hemd, Krawatte. Es ist Opferfest an diesem Tag. Für Muslime ein wichtiger Feiertag.

Duridi stammt aus Damaskus, der syrischen Hauptstadt. Dort hat der junge Mann Informationstechnik (IT) studiert und nebenher als Grafikdesigner gearbeitet. Schon lange vor seiner Flucht hatte er den Wunsch, irgendwann nach Deutschland zu gehen. Als er Gefahr lief, in die Armee zu müssen, machte er sich gemeinsam mit Freunden auf den Weg. Zuerst in die Türkei, wo sein Bruder lebt. Dort blieb er etwa ein Jahr. "Es war schwer dort Arbeit zu finden", erzählt er in gutem Deutsch. Also machte er sich in einem Boot auf nach Griechenland, von dort aus über Mazedonien, Serbien, Slowenien, Österreich, bis nach Deutschland.

Ein großer Vorteil sei für ihn gewesen, dass er gut Englisch spreche. "Das ist ganz wichtig zum Herkommen", betont er. "Man muss mit den Leuten sprechen, dann ist es nicht so schwer."

Zuerst hielt sich Duridi ein halbes Jahr in Mannheim auf, bevor er schließlich vor etwa 20 Monaten nach Nagold kam. Seine Freunde, mit denen er nach Deutschland reiste, sind allesamt in anderen Bundesländern untergekommen.

Vor etwas mehr als einem halben Jahr lernte Duridi im Flüchtlingsheim Helga Mühleisen kennen. "Er sah so bedrückt aus", erinnert sie sich. Der junge Syrer habe wochenlang auf den Asyl-Bescheid gewartet, hatte Angst vor der Rückmeldung. "Da habe ich ihn gefragt, ob er im Chor mitsingen will", sagt sie. "Zur Ablenkung." Obwohl er mittlerweile längst den positiven Bescheid hat und sich schon für Ausbildungsplätze im Bereich Film und Video bewirbt, ist der 27-Jährige dabei geblieben. Nach den Sommerferien möchte er sogar einen Bekannten aus dem Flüchtlingsheim mitbringen, um gemeinsam mit ihm im Chor zu singen.

Gerade als Duridi neu bei "Come together" war, begannen die Vorbereitungen für die Oper "Don Giovanni". Der 27-Jährige war von Anfang an voll dabei. "Er war immer pünktlich, hat nie gefehlt", lobt Aubreville, der Duridi jede Woche zur Probe abgeholt hat. "Die Fahrt hat immer Spaß gemacht, wir haben uns gut unterhalten – auf Deutsch und wenn es mal nicht weiterging, auf Englisch". schmunzelt er. Duridi habe auch außerhalb der Proben großes Interesse daran gezeigt, mit den anderen Sängern Zeit zu verbringen. "Er wollte unsere Sprache hören", sagt er und lächelt den jungen Mann im Anzug an. "Das hat mich sehr gerührt."

Neben dem Deutschkurs absolviert er gerade Bundesfreiwilligendienst

Wie lange der gebürtige Syrer noch im "come together"-Chor singen wird, könne er noch nicht sagen. Obwohl es ihm gut gefalle in Nagold, fehle ihm die Großstadt – kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Damaskus eine Millionenstadt ist. "Um 10 Uhr abends ist hier niemand mehr auf der Straße. Ich bin jung und will was machen", lacht er verlegen. Deshalb bewirbt er sich auch auf Ausbildungsstellen in deutschen Großstädten, wie jüngst in Bonn. Anas Duridi würde außerdem gerne umziehen, in eine eigene Wohnung, sagt er. "Im Flüchtlingsheim ist es nicht so schön." Momentan absolviert er, neben seinem Deutschkurs auf B1-Level, schon einen Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) beim Landratsamt Calw. Wann immer die Einrichtung einen Dolmetscher braucht – arabisch, englisch und manchmal auch deutsch – wird der Syrer angerufen und hilft. Auch im Arbeitskreis Asyl ist Mühleisen immer wieder froh über seine Unterstützung. So zum Beispiel auch bei der Organisation des Sport- und Spieltages in der Gemeinschaftsunterkunft Waldeck, der jüngst stattfand. "Ich mag es einfach, andere Kulturen kennenzulernen", erklärt er.

Trotz allem vermisse der 27-Jährige manchmal Syrien und natürlich seine Familie. "Es ist mein Land, ich bin dort aufgewachsen", erklärt er schulterzuckend. Ob er irgendwann zurückgehen wird, wisse er trotzdem noch nicht. "Wenn ich mir hier ein neues Leben aufbaue, ist es schwierig zurückzukehren."