Flüsterfuchs oder Teufelsgabel: Michael Krebs ist zweifellos Verfechter der lautstarken Variante. Foto: Krauß Foto: Schwarzwälder-Bote

Mit seinem frechen Lausbuben-Charme erobert der Comedian das Publikum in der Alten Seminarturnhalle

Von Diana Krauß

Nagold."Ein Zusatzkonzert macht sich einfach toll im Tourplan – auch wenn man vorher noch nie in der Stadt war", erklärt Michael Krebs seinem Publikum in der Alten Seminarturnhalle stolz grinsend.

Genau genommen wäre der Titel "Nachholkonzert" treffender gewesen, denn sein Gastspiel in Nagold im vergangenen Jahr musste der Kleinkünstler kurzfristig absagen. Aber heute ist er da, und mit ihm rund 80 Besucher, die in heimeliger Atmosphäre den Bistro-Abend genießen.

Der Titel "Zusatzkonzert" kommt nicht von ungefähr. Laut Krebs hat er beim Zusammenstellen seines vierten Programms weder Kosten noch Mühen gescheut und die Stuttgarter Unternehmens-Berater von McKinsey zu Rate gezogen. Deren strategische Erfolgstipps kann sich Michael Krebs allerdings nur bis zum erste Song des Programmes leisten – dann folgen satte zweieinhalb Stunden Kleinkunst zum Mitmachen. Der Schwabe sinniert – gerne von sich selbst am Klavier begleitet – über "esoterisch angehauchte Katzenfrauen", Trend-Krankheiten wie Laktoseintoleranz und Glutenunverträglichkeit ("wenn man sie nicht hat fühlt man sich ausgegrenzt") und die Beschleunigungs-Gier der Gesellschaft. Speed-Dating, Coffee to go, Quick-Relax – Entspannung in Minutenschnelle. "Für immer mehr brauchen wir immer weniger Zeit – Und dazwischen immer wieder W-e-l-l-n-e-s-s."

Das Publikum geht mit, ein zufriedenes Dauergrinsen in den Gesichtern bestätigt Michael Krebs darin, dass er mit seinem frechen Lausbuben-Charme für weit mehr Begeisterungs-Stürme sorgt als durch angepasste 08/15-Pointen.

Diesen Lausbuben-Charme, der ihn selbst mit 40 Jahren noch wie 20 wirken lässt, hat er seinen Eltern zu verdanken. Mama Krebs wohnt in Neukupfer nahe Schwäbisch Hall und predigte ihrem Michael schon in Kindertagen: "Sparen, Putzen, Schaben – so machen wir’s in Schwaben. Vögeln, Saufen, Kokain – so tun sie’s in Berlin." In dieser Lehre hatte der kleine Junge seine Bestimmung gefunden und strebte fortan nur eines an: Ab nach Berlin!

Dort lebt er inzwischen und sorgt für Stimmung im Mehrfamilienhaus. "Wenn du ein Schwabe bist, dann verhalt‘ dich gefälligst auch wie einer", fordern seine Nachbarn und bekamen eine Hausordnung des Grauens: Mittagsruhe von 11 bis 17 Uhr. Ab 18 Uhr Nachtruhe. Und das, wo er doch selbst der Gründer der Anti-Flüsterfuchs-Bewegung ist. Als bekennender Heavy-Metaler reckt er gerne die "Pommesgabel des Todes", wie er das ultimative Erkennungszeichen von Rock- und Heavy-Metal-Fans nennt, in die Höhe und muss mit Schrecken feststellen, dass eben diese "Teufelsgabel" seit Neuestem auch in Kindergärten zum Einsatz kommt. Dort allerdings mit dem bezeichnenden Namen "Flüsterfuchs", ein Hilferuf der Erzieherinnen, der der grölenden Kindergarten-Meute sagen soll: "Mund zu und Ohren spitzen." Für Krebs ein Skandal, gegen den er mit Aufklebern vorgeht. Die verteilt er am Ende der Show sogar gratis. "Umsonst, für einen Schwaben will das was heißen!", betont er die enorme Bedeutung seiner Aktion "Flüsterfuchs, nein Danke".

Er ist für sämtliche Musikstile zu begeistern

Trotz gelebter Heavy-Metal-Affinität ist der Kerl für sämtliche Musikstile zu begeistern. Er war viele Jahre Hotel-Pianist im Hamburger Steigenberger, legt in Nagold eine Rap-Einlage gegen die Diskriminierung der Frauen in Hip Hop-Songs auf die Bühne, versucht das Publikum für Neo-Soul zu begeistern (mit dem man seiner Erfahrung nach jede Frau bezirzen kann) und erklärt anschaulich, wo der Ursprung der Schlagermusik liegt. "Schlager ist optimierter Jazz", mit dieser Behauptung verursacht er Verwirrung und Stirnrunzeln im Publikum. "Im Jazz erreicht maximale Qualität eine minimale Zielgruppe." Die Idee: "Je mehr man die Qualität minimiert, desto weiter maximiert sich die Zielgruppe." Das soll jedoch keinesfalls abwertend für die wohl lukrativste Musikrichtung klingen. Zum Beweis packt er die "25 beliebtesten Ballermann-Hits aller Zeiten" in ein 90-Sekunden-Jazz-Medley am Klavier. Der Großteil des Publikums ist wohl leicht pikiert als er seine Füße dabei ertappt, wie sie im Takt mitschwingen und sich eingestehen muss: "Ich kenne 24 dieser 25 abgrundtief schlechten Partyhits." Soviel zur Massentauglichkeit des deutschen Schlagers.

Michael Krebs selbst wirkt absolut natürlich, bodenständig und ungemein sympathisch. Man mag ihn gar nicht mehr gehen lassen und so fordert das Publikum eine Zugabe nach der anderen. "Da kommt der Schwabe durch, ich merk‘ schon", grinst Krebs. "Ihr denkt euch: Jetzt klatsch‘ ich noch a bissle länger, dann krieg ich mehr für mein Geld."

Er mag Recht haben, aber der Applaus ist auch ein eindeutiges Zeichen, dass Michael Krebs seine Sache gut macht und gerne bald wieder nach Nagold kommen darf. Und vielleicht gibt es ja eines Tages tatsächlich ein waschechtes "Zusatzkonzert".