Bei einem dreiwöchigen Besuch im heiligen Land erforschte Winterholer die Wurzeln des Christentums. Foto: Winterholer

Holger Winterholer ist seit Dezember leitender katholischer Pfarrer der Seelsorgeeinheit Oberes Nagoldtal.

Nagold - 13.000 Katholiken in Nagold und Umgebung haben seit Dezember des vergangenen Jahres einen neuen Hirten. Aber wer steckt hinter der Person Holger Winterholer? Was bewegt den Mann des Glaubens und welche Ziele hat sich der 40-Jährige für seine neue Herde gesteckt?

Das etwas angestaubte Bild des katholischen Geistlichen, der von der Kanzel herunter den mahnenden Zeigefinger erhebt, ist nicht mehr zeitgemäß. Pfarrer Holger Winterholer ist der beste Beweis dafür. Im Gespräch mit dieser einnehmenden Persönlichkeit freut man sich über das herzliche Lachen, einen großen Erfahrungsschatz und das geschärfte Auge für die Bedürfnisse seiner Mitmenschen.

Dabei kam die Entscheidung, Priester zu werden, relativ spät. Nach dem Schulabschluss in Geislingen bei Balingen, seiner Heimatgemeinde, begann Winterholer zuerst im Staatsdienst als Justizbeamter: "Mir wäre damals nie in den Sinn gekommen Pfarrer zu werden", kommentiert der 40-Jährige seine ersten beruflichen Schritte. Eigentlich wollte er damals noch Polizist werden, da Winterholer von Anfang an ein hohes Bedürfnis nach Gerechtigkeit spürte.

Arbeit mit Jugendlichen gab den Ausschlag

Prägend für ihn war damals seine Arbeit mit Jugendlichen mit problematischen Lebensläufen, die er als Justizbeamter begleitete. Winterholer: "Damals wurde mir klar, wie privilegiert man ist, in einem behüteten Elternhaus aufgewachsen zu sein. Die Jugendlichen, die ich damals betreute, sie kamen von der Straße, kamen mit Drogendelikten oder ähnlichem, sie sind in dieses Umfeld geboren worden, hatten keine Chance herauszukommen. Dieser Umstand hat mich damals sehr betroffen gemacht."

Es war eine schwierige Zeit für den damals 20-Jährigen. Zum ersten Mal weg von zu Hause am Amtsgericht in Stuttgart. Es war eine Zeit der Rebellion, gegen die Werte der Eltern, man wollte frei sein. "Es war eine Zeit, in der ich sehr weit weg war vom Glauben." Erst als man fast durch Zufall mit gleichaltrigen sonntags nach langer Zeit wieder einen Gottesdienst besucht hat, kamen wieder Fragen auf: "Gibt es diesen Gott, und hat das etwas mit mir zu tun?" Plötzlich stand die große Frage wieder im Raum.

Das Thema Glauben verfolgte Winterholer auch während seiner Zeit als Zivildienstleistender bei der Sozialstation St. Vinzenz in Albstadt-Ebingen. Die Begleitung von manchmal sterbenskranken, älteren Menschen hinterließ Spuren: "Zu sehen, wie verschiedene Menschen den letzten Weg antreten, hat mich damals tief bewegt. Vor allem bei Gläubigen fiel mir auf, mit wie viel Gelassenheit diese teilweise dem Tod entgegensahen. Zu der Zeit dachte ich auch zum ersten Mal darüber nach, für die Kirche zu arbeiten."

Dem Entschluss folgte die Tat in Form eines Theologiestudiums in Tübingen: "Es war für mich eine große Befreiung, wobei die Entscheidung Priester zu werden immer noch offen war." Nach dem Studium schlug Winterholer aber doch den Weg ein, der fortan sein Leben bestimmen sollte: "Für mich war die Bewerbung als Priesterkandidat vergleichbar mit dem Gang auf einen zugefrorenen See, in der Hoffnung dass das Eis mich tragen wird."

"Nach Amoklauf traten Konfessionsgrenzen in den Hintergrund"

Nach seiner Priesterweihe folgten weitere Stationen, bis er schließlich als Sekretär des Bischofs Gebhard Fürst in Rottenburg gebraucht wurde. Als prägendes Ereignis aus dieser Zeit beschreibt Winterholer die Mitarbeit bei den Vorbereitungen des Trauergottesdienstes nach dem Amoklauf von Winnenden: "Wir saßen damals im Büro des evangelischen Bischofs, und es war eine tiefe Verbundenheit zu spüren. Konfessionsgrenzen traten in den Hintergrund, und nur noch die Menschen und ihre Trauer waren wichtig."

Doch die Herausforderungen hören bei einem Geistlichen nicht mir der Priesterweihe auf. Vor allem die Missbrauchsvorfälle in der katholischen Kirche waren für Winterholer eine Glaubensprüfung: "Es ist schlichtweg unentschuldbar, ich habe selbst vier Patenkinder und die Vorfälle haben mich deshalb tief getroffen", so der Geistliche.

Seiner Arbeit als leitender Pfarrer in Nagold und Chef der Seelsorgeeinheit Oberes Nagoldtal sieht der 40-Jährige mit Freude entgegen: "Ich bin ganz begeistert über die Vielfalt in den fünf Gemeinden, außerdem freue ich mich auf die Arbeit in einem großen Team."

Auf die Frage nach seinen Zielen für das noch junge Jahr sagt der Geistliche: "Für mich ist das Wichtigste, zuerst ein offenes Auge für Menschen zu haben, die unsere Hilfe brauchen. Familien in Not oder auch verfolgte Menschen, die bei uns Asyl suchen. Man darf niemanden vergessen."