Schüler des Berufskollegs II der Kaufmännischen Schule Nagold beim Interview mit OB Jürgen Großmann (links), Frank Wiehe (rechts unten) und OB Ralf Eggert. Foto: Glaser/Egnolff Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Schüler des Berufskollegs II der Kaufmännischen Schule Nagold untersuchen moderne Verwaltungen

Von Stephan Egnolff und Anna Glaser

Wohin steuern Ämter und Behörden? Weg von der Administration, der Verwaltung und hin zu mehr Bürgernähe und Kundenorientierung?

Nagold. Fragen wie diesen gingen Schüler des Berufskollegs 2 der Kaufmännischen Schule in Nagold in Interviews mit dem ersten Landesbeamten Frank Wiehe sowie den Oberbürgermeistern von Nagold, Jürgen Großmann, und Calw, Ralf Eggert, nach. Teile der Arbeiten der Schüler des Berufskollegs befassten sich mit der Frage, wie nahe heutzutage die Behörde an den Bürgern sein kann und will – und wieweit eine Behörde sich als bürgernaher Dienstleister versteht.

Bemüht um wirkliche Bürgernähe

In den Gesprächen wurde deutlich, dass alle, sei es das Landratsamt oder aber auch die kommunalen Ämter vieles bereits heute unter einen Hut bringen: Natürlich müssen diese "verwalten", aber so, dass der Bürger versteht, warum manche Vorschriften erlassen wurden und von den jeweiligen Ämtern umgesetzt werden müssen. Andererseits will man aber auch wirkliche Bürgernähe realisieren: Durch optimierte Öffnungszeiten, Bürgerbüros, schnelle Antworten auf Anfragen aus den Reihen der Bürger und oft auch mit schnellen Entscheidungen. So sind zum Beispiel die Aussagen des Calwer Oberbürgermeisters Ralf Eggert einzuordnen und zu verstehen, für den Kundenorientierung oberste Priorität hat, wenn es um das Thema Dienstleistung geht: "Ich bin für jeden Bürger jederzeit über E-Mail erreichbar und antworte schnellstmöglich."

Kundennahe Dienstleitungen und Services sind auch für den Nagolder Oberbürgermeister Großmann selbstverständlich: "Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind angehalten, Menschen wirklich zu überzeugen und sie zu Fans ihres Hauses, ihres Rathauses, der öffentlichen Dienstleistung zu machen." Zudem seien seine Mitarbeiter angehalten, sich tatsächlich mit den Wünschen der Bevölkerung und des "Kunden" auseinanderzusetzen und in erster Linie, wenn es irgend geht, diese zu ermöglichen.

Letzteres ist nicht immer möglich, da Behörden und Verwaltungen nach Recht und Gesetz arbeiten und die Begriffe Dienstleistung und Kundenorientierung in diesem Zusammenhang nicht immer angemessen erscheinen. So stelle sich zum Beispiel beim Bußgeldbescheid die Frage, wer eigentlich der Kunde sei und für wen Dienstleistungen erbracht würden, so Frank Wiehe, erster Landesbeamter und Stellvertreter des Landrats im Landkreis Calw. Vielmehr habe man es oft mit einer Dreiecksbeziehung zu tun und müsse dann entsprechend der rechtlichen Bestimmungen entscheiden. Allerdings beobachtet Wiehe eine Renaissance bezüglich des Begriffes Bürger. "Die Begrifflichkeiten stimmen nicht. Der Begriff der Bürgergesellschaft kommt viel stärker vor. Die Leute finden es nicht nur negativ, Bürger zu sein, sondern empfinden es auch als ein Privileg, als eine Berechtigung, sich einmischen zu dürfen. Man hat eine gewisse Verantwortung für das Gemeinwesen", so Wiehe.

Der Bürger steht im Mittelpunkt

Insgesamt waren es spannende Gespräche, von denen die Schüler am Ende mit der Einsicht in die Schule zurückkehrten, dass man in Calw wie in Nagold aber auch im Landratsamt den Bürger im Mittelpunkt aller Arbeit sieht.