Im Stechen um den Urschel-Titel setzte sich Dagmar Hildebrandt (links) gegen mich durch. Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasching: "Urscheln" feiert Fünfjähriges / "Gezinkter" Würfel und spannendes Stechen im Finale

Von Jasmin Cools

"Alea iacta est", sagt Ulrich Mansfeld feierlich und blickt verschwörerisch in die Runde. Die Würfel sind gefallen, die Punkte ausgezählt – mit Spannung erwarten die fünf Finalistinnen den diesjährigen Urschel-Meister. Eine von ihnen bin ich selbst.

Nagold. Dagmar Hildebrandts Augen flitzen über die Würfel. Blitzschnell wägt sie zwischen sicherem Punktgewinn und Risiko ab. Kurz entschlossen wirft sie alle Würfel zurück in den Becher und lässt das Schicksal entscheiden. Wer am alljährlichen "Urscheln" der Urschelstiftung teilnimmt, der darf keine Angst vor dem Risiko haben. Hier treffen sich ausgebuffte Würfler, um sich an verschiedenen Tischen bei sechs Spielen zu messen. Die jeweiligen Tischsieger kommen dann in die Endrunde.

Als ich das Hennenest betrete, herrscht schon ausgelassene Stimmung bei den rund 30 Spielern. Manch einer hat sich mit Frack und Fliege in Schale geworfen, manchen lässt der Faschingsdienstag kalt. Doch eines haben sie alle: Lust aufs Urscheln – auch wenn parallel der VfB spielt. "Helau, Alaaf", ruft Ulrich Mansfeld von der Urschelstiftung zur Begrüßung laut und die sonst eher faschingsfremden Nagolder antworten mit demselben Ruf.

Urscheln seit 2011

Bereits zum fünften Mal findet das Urscheln nun statt. "Das ist unser Faschingshappening, bevor Nagold ganz von der narrischen Szene wegradiert wird", erklärt Mansfeld. Kurz wird er ernst: Es sei schwierig, närrisch zu sein, wenn Züge kollidieren. "Aber das Leben ist auch bunt und wir wollen aus dem Alltag heraus etwas Schönes erleben", schafft er es, die Stimmung wieder zu heben.

Wichtig ist ihm auch, dass das Urscheln samt Wein und Wasser kostenlos ist. Dennoch sei er keinem böse, der "noch Herr seiner Sinne nach dem Alkohol ein Zehnerle in die Kasse tut – ob hart oder weich." Schließlich sammelt die Stiftung gerade auch für ein Bürgerzentrum Geld.

Die Tischrunden beginnen

Titelverteidigerin Adelheid Gauss-Harding hat sich krankheitsbedingt abgemeldet für den Abend. Dafür darf ich einspringen und mein Glück beim Würfeln versuchen. Und so geht es beim ersten Spiel "No oin druff" darum, so oft zu würfeln bis einer der Spieler addiert 21 oder höher erhält. Das richtige Zocken geht beim zweiten Spiel "Wenigschdens ebbes" los. Mit dreimal würfeln gilt es die kleinste Summe zu erreichen. Doch die Spieler geben sich nicht mit einer Drei zufrieden. Manch einer, der unbedingt drei Einser will, muss den Mut am Ende bezahlen. Auch das Spiel "Hai de nai" macht seinem Namen alle Ehre. Beim Versuch, eine kleine Straße zu würfeln fällt dieser unwillige Ausruf bei so manchem Ungeduldigen.

Das Würfeln macht so viel Freude, dass an meinem Spieltisch erst nach der gefühlt 100. "1-2-3"-Straße auffällt, dass einer der Würfel unfreiwillig "gezinkt" ist und nur die Augen "1-2-3" hat. Die Spieler nehmen es locker und lachen über die eigene Unaufmerksamkeit. Nach dem vierten Spiel "Dees ond sell", bei dem nur Dreier und Fünfer zählen, geht es "Nuff ond nab". Dabei muss man jede Zahl von Eins bis Zehn durch Würfeln und Addieren der Augen erspielen. Für besonderen Spaß sorgt "D’Nagold na", weil man den Würfel vom umgedrehten Würfelbecher herunterpusten muss. Hier habe ich so meine Probleme, was für allgemeine Erheiterung sorgt. "Der Presse geht wohl die Luft aus", scherzt meine Tischnachbarin. Von sechs Spielen kann ich vier für mich entscheiden und gehe damit überraschend als Tischsieger hervor.

Ein reines Frauenfinale

Im Finale muss ich mich mit den anderen Tischsiegern Doris Löffler, Dagmar Hildebrandt, Uschi Gutekunst und Irmel Theurer messen – ein reines Frauenfinale also. Gespielt werden nur nochmal "Nuff ond nab" sowie "D’Nagold na", weil hier der Unterhaltungswert am größten ist. Zwischendrin wird natürlich noch kräftig Paul Baitingers Urschel-Lied gesungen. Die Spielleitung des Finales übernimmt Eckhart Kern. Der achtet auch ganz genau darauf, dass nach jeder Runde erst einmal das Glas erhoben wird.

Beim ersten Spiel liegen Gutekunst und ich lange gleichauf, doch Löffler kann das Spiel überraschend für sich entscheiden. Ebenso verblüffend ist die Tatsache, dass ich ausgerechnet "D’Nagold na" für mich entscheiden kann. Unsere Tischgruppen haben inzwischen begonnen, sich um den Tisch zu scharen und uns anzufeuern. Schließlich ziehen sich Mansfeld und Kern zur Auszählung zurück.

Meisterin per Stechen

Dann die Überraschung: ein Stechen im Finale zwischen Hildebrandt und mir. Gespielt wird eine einzige Runde "D’Nagold na". Als Mansfeld einen Countdown zählt, werde ich sogar ein wenig nervös. Als der letzte Würfel gefallen ist, steht das Ergebnis fest: Dagmar Hildebrandt ist neue Urschelmeisterin und erhält das begehrte Backstück, das Nagolds Burg und seine acht Teilorte darstellt. "Es war ein harter Kampf, aber am Ende hat die Erfahrung über die Jugend gesiegt", schließt Mansfeld und ich muss mich mit dem Vizetitel und einer kleinen Urschel begnügen.