Hat das Heft fest in der Hand: Karin Ascher-Gollmar, ist seit 1999 die Leiterin der Kaufmännischen Schule Nagold. Foto: Heinzelmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Starke Frauen: Karin Ascher-Gollmar nimmt produktiven Umweg / Seit Jahren Leiterin der Kaufmännischen Schule

Von Simone Heinzelmann

Nagold. "Frauen in Führungspositionen? Das gab es damals nicht", erzählt Karin Ascher-Gollmar von ihrer Elterngeneration. Doch sie selbst hat sich in ihrem Berufsleben mehr als einmal behauptet. Heute leitet sie die Kaufmännische Schule Nagold.

Geprägt von einem alten Rollenbild, liegt Karin Ascher-Gollmar auch die Zukunft ihrer Schülerinnen am Herzen. "Ich bedaure es fast, dass wir später keinen Bezug mehr zu den jungen, gut ausgebildeten Frauen haben. Wir wissen nicht, wie sie sich in der Familienphase entwickeln", sagt die 59-Jährige. "Man muss das tradierte Rollenverständnis in sich selbst aufbrechen", betont sie. Daher weise sie bei der Verabschiedung ihrer Berufsschüler auch immer darauf hin, dass diese sich trauen sollen, sich für ihr Berufsleben Ziele zu setzen sowie Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. In der Familienphase sei es wichtig, Weiterbildungen zu nutzen und sich ein gutes Betreuungsnetz aufzubauen, rät die Pädagogin.

Dass der Weg an die Spitze für Frauen nicht immer ganz einfach ist, erlebte Karin Ascher-Gollmar in der eigenen Familie. Geboren wurde sie 1955 in Stuttgart, lebte mit ihrer Familie in Schwieberdingen (Landkreis Ludwigsburg), wo sie auch die Grundschule besuchte. In der achten Klasse der Realschule in Ludwigsburg "machte ich einen Wahnsinnsschub". Also besuchte sie auch noch das Wirtschaftsgymnasium in Stuttgart.

Ihr Vater hatte sich in der Zwischenzeit selbstständig gemacht. Doch die junge Frau sah schließlich keine Perspektive im elterlichen Unternehmen, in dem übrigens ihre Mutter das Büro managte. Denn Frauen in Führungspositionen, das war damals eben noch nicht so üblich – und es gab genügend männliche Verwandtschaft. "Ich habe mich dann mit 19 Jahren dazu entschieden, Steuerfachfrau zu werden", erzählt Ascher-Gollmar. Sie habe von einer Frau gelesen, die sich als Steuerbevollmächtigte selbstständig gemacht hatte – und setzte sich kurzerhand mit ihr in Verbindung. Doch diese, selbst Mutter und von dem harten Weg zum Erfolg geprägt, meinte: "Das müssen Sie sich gut überlegen."

Also beschloss Karin Ascher-Gollmar, in Tübingen Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Englisch auf Lehramt zu studieren. Da es das heutige Schulpraxissemester damals noch nicht gab, war sich die junge Frau jedoch unsicher, ob ihr der Lehrberuf auch wirklich liegt. Also fragte sie doch noch beim Vater an, ob sie bei ihm eine Lehre machen könne. Doch der antwortete nur: "Du wolltest doch Lehrerin werden!" Nach dieser Rückmeldung habe sie sich gedacht: "Dann soll’s eben nicht so sein."

Nach dem zweiten Staatsexamen landete Karin Ascher-Gollmar dennoch in der freien Wirtschaft – in der Finanzabteilung einer Firma für Sonderanlagenbau in Böblingen. Sie war zur Schuljahresmitte fertig geworden und hatte noch keine Stelle ergattert. Doch die junge Frau wollte nicht warten, sondern "jetzt loslegen!". Sie schickte eine Initiativbewerbung an das Unternehmen – und blieb sechseinhalb Jahre. "Das war ein produktiver Umweg. Ich habe fachlich Etliches dazugewonnen."

1987 zog es die engagierte Frau jedoch wieder zurück an die Schule – genauer gesagt an die Theodor-Heuss-Schule in Reutlingen, die schon ihre Ausbildungsschule gewesen war. Denn als Wohnort war Ascher-Gollmar ihrem Tübingen treu geblieben. Da bot sich Reutlingen an. Doch besonders lange bleiben sollte sie nicht.

Über den Kontakt zu ihrem Mentor aus Studientagen ergab sich eine neue Aufgabe: Sie wurde angefragt, ob sie in die Schulverwaltung wechseln wolle. Als Schulreferentin war sie dann von 1991 bis 1999 für sechs kaufmännische Schulen und als Personalreferentin für alle kaufmännischen Schulen im Bereich des Oberschulamts Tübingen zuständig.

Mit 38 Jahren heiratete die strukturierte Pädagogin Klaus Gollmar, einen "kreativen Maschinenbau-Ingenieur". aus Horb-Ahldorf, der seinen Sohn Matthias mit in die Ehe brachte. Als die Schulleiterstelle an der Kaufmännischen Schule in Nagold frei wurde, nutzte Karin Ascher-Gollmar ihre Chance und übernahm die Leitung 1999. Wieder ein beruflicher Erfolg. Doch privat musste sie einen harten Schlag bewältigen, als ihr Mann vor wenigen Jahren starb.

Über ihre Karriere im Schulbereich sagt Karin Ascher-Gollmar: "Ich habe nicht danach gegriffen." Durch ihr Berufsleben hindurch gezogen habe sich, dass sie "nicht auf der Frauenschiene behandelt werden wollte". Ob Frauen anders führen als Männer? Partiell, meint sie. Sie nehme etwa mehr Rücksicht darauf, wie sich Mitarbeiter fühlen und auch familiäre Dinge hätten bei ihr einen anderen Stellenwert.