Integration einmal anders: Judith Bruckner (links) führte die Gruppe in Nagolds Geschichte ein. Foto: Schwarzwälder Bote

Volkshochschule für viele Neuzuwanderer wichtigste Anlaufstelle. Geschichtliches Verständnis.

Nagold - Integration hat viele Gesichter, wie das Beispiel der örtlichen Volkshochschule zeigt. Hier lernen Neuzuwanderer nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die lokale Geschichte kennen.

Im vergangenen Jahr haben 550 Männer und Frauen aus 19 Nationen an der Bildungseinrichtung täglich oder mehrmals in der Woche und in der Regel über Monate hinweg Deutsch gelernt – in Integrationskursen. Die vhs ist im Oberen Nagoldtal die Anlaufstelle für Menschen, die als Neuzuwanderer nach Deutschland gekommen sind oder aber auch schon lange hier leben und noch nicht genügend Deutsch sprechen und ihre Sprachkenntnisse verbessern wollen.

"In den Monaten des Lernens wird die vhs für viele zu einer Art Heimat, zu einem Ort des Wohlfühlens, Angenommenseins und vor allem zu einem deutschsprachigen Ort", so Angela Anding, die Leiterin der vhs. Jüngst stand im Integrationskurs das Thema "Die Geschichte Nagolds" auf dem Programm. Auffallend war das große Interesse und geschichtliche Verständnis der Kursteilnehmer. Dieses Interesse wurde von der Dozentin sofort aufgegriffen, eine Teilnehmerin trug ein Referat dazu vor. Alle waren sich einig, dass man sich gern noch eingehender mit dem Thema Nagold beschäftigen möchte.

Daraufhin wurde mit der kundigen Stadtführerin Judith Bruckner ein "Geschichte-vor-Ort-Termin" vereinbart. Gemeinsam begaben sich die Teilnehmer mit ihr auf eine lebendige historische Spurensuche. "Frau Bruckner hatte sich sprachlich optimal auf die Gruppe eingestellt", so Jutta Weber, die Dozentin der Gruppe. Die Teilnehmer verfolgten gespannt und interessiert das Geheimnis der Wüsten Urschel und auch die Ausführungen zum Ludwig-Hofacker-Zimmer. Und nicht nur das – es wurde auch alles gut verstanden. "Wenn das nicht ein toller Erfolg ist!", schwärmte die Dozentin, die ihre Kursteilnehmer seit Wochen und Monaten im Kurs unterrichtet und deren Lernfortschritte am besten beurteilen kann.

So viel Herz und Liebe für Nagold zu spüren

Am interessantesten jedoch war Bruckners eigene Geschichte. Von der gebürtigen Amerikanerin, bei deren Erzählungen man so viel Herz und Liebe zu Nagold spüren kann, waren alle begeistert. Auch Judith Bruckner hat die Führung sehr viel Spaß gemacht, wenngleich diese für sie die erste ihrer Art war: "Noch nie habe ich nur durch das Rathaus und das Hofacker-Zimmer geführt. Jedoch war die Führung deshalb nicht kürzer, nur detaillierter. Es hat mir sehr gut gefallen, wie interessiert die Gruppe zugehört hat."

Besonders gestaunt haben die Teilnehmer im Sitzungssaal. "Wenn wir erreichen, dass sich unsere ausländischen Mitbürger für die Stadt, in der sie lernen und vielleicht auch wohnen, interessieren, haben wir in punkto Integration viel erreicht", so die vhs-Chefin über den Anspruch ihrer Einrichtung weit über die sprachliche Förderung der Integrationskurse hinaus.

Anding: "Wir sehen die vhs als Ort der Begegnung und Integration: Mit solchen Exkursions- und Besichtigungsprojekten, wie auch dem Café International, soll sowohl die sprachliche als auch soziale Integration – die neue Heimat – attraktiv gemacht werden." Demnächst unternimmt der Kurs eine Exkursion nach Ludwigsburg. Die Teilnehmer planen, recherchieren und organisieren die Fahrt und Führung durch das Schloss selbst und werten die kleine Reise im Kurs dann auch aus. Das nächste "Heimatprojekt" steht also auf dem Plan und beschäftigt die Teilnehmer weit über die offiziellen Kurszeiten hinaus – Integration eben mal ganz anders.