Füttern kann Vögeln und Fischen schaden, davor warnen Experten. Foto: Fritsch

Falsch verstandene Tierliebe: Viele Tiere verenden durch Brotkrümel mit Bakterien. Naturschützer fordern Verbotsschild.

Nagold - Ein Stück Brot fällt ins Wasser und augenblicklich jagen die schnatternden Enten der Nagold darauf zu – die Faszination des Fütterns kennt wohl jeder. Dass dieser vermeintliche Leckerbissen aber Vögeln und Fischen schaden kann, davor warnen Experten.

Ja, ein Nagolder Winter kann schon unangenehm sein. Wer dann beim Spaziergang entlang der Nagold die Stockenten sieht, bekommt schnell Mitleid und fragt sich, ob die Tiere in der Kälte überhaupt genug Futter finden. Ein wenig Brot als Hilfe kann da nicht schaden – so denken wohl die meisten.

Ein Trugschluss, sagt Dieter Laquai, Sprecher des Landesnaturschutzverband-Arbeitskreises Calw. "Die Vögel kommen gut ohne das zusätzliche Futter klar. Ich habe selbst beobachtet wie einmal ein Salatkopf im Gras lag. Den haben die Enten vollkommen ignoriert", erzählt er. Durch die Brotkrümel auf dem Boden nähmen die Enten Krankheitserreger auf. Außerdem seien die Winter bei weitem nicht mehr so hart wie früher.

"Das ist falsch verstandene Tierliebe", meint auch Jürgen Gaul, der Kreisvorsitzende des Verbands für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg. Damit täte man weder Fischen noch Enten etwas Gutes – im Gegenteil. Mit Sorge beobachtete er bereits im April 2014 ein größeres Fischsterben. Und in der Nagold tummelt sich so allerhand: Äschen, Bachforellen, Mühlkoppen, Bachneunaugen, Elritzen und Schmerlen. Das Bachneunauge ist sogar durch die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Union geschützt. Einige der Arten hätten einen hohen Sauerstoffbedarf, erklärt Gaul. Durch die übermäßige Fütterei sinke aber die Sauerstoffzehrung im Wasser.

Schlechte Wasserqualität schwächt Immunsystem

Außerdem werde überschüssiges Brot im Wasser zu einer klebrigen Masse, die von den Enten nicht mehr richtig verdaut werden könnte. Deshalb sorgen auch die Exkremente der Wasservögel für eine schlechtere Wasserqualität. "Das schwächt das Immunsystem der Fische. Hinzu kommt, dass die Äschen in der Laichzeit im März besonders schwach und anfällig für Krankheiten sind", weiß Gaul.

So seien viele Fische, vorwiegend Äschen, durch ein Bakterium an der Furunkulose erkrankt. Dieses befinde sich in geringer Form zwar ohnehin meistens im Wasser, sei aber für geschwächte Fische besonders gefährlich. Bei der Untersuchung der toten Fische habe man tiefgreifende Geschwüre und Verpilzungen festgestellt. Zusätzlich waren viele Fische vom Hautsaugwurm befallen. Auf diese Weise seien zwischen den Wehren der Nagold etwa 200 Fische verendet.

Ohnehin sei das Gebiet für die Fische nicht der geeignete Lebensraum. "Gestautes Wasser begünstigt Fäulnisprozesse und Sedimente setzen sich ab", erklärt der Experte. Das Füttern belaste den Bodengrund und begünstige die Algenbildung, ergänzt Laquai. Auch bei so mancher Ente habe man Fadenwürmer im Verdauungstrakt gefunden.

Warnschild wird in Erwägung gezogen

Für beide Naturschützer ist klar: Ein Schild ähnlich dem an der Waldachpassage, das das Taubenfüttern untersagt, muss her. "Dazu braucht man aber auch eine Aufsicht. Selbst beim Taubenfüttern gibt es momentan keine Sanktionen. Man müsste so einen Stadtsheriff haben, der die Verstöße auch wirklich ahndet. Wenn’s keiner kontrolliert, macht’s keinen Sinn", sagt Laquai.

Momentan befasse man sich mit der Überarbeitung der Polizeiverordnung, äußert sich Norbert Kiefer, Bürgeramtsleiter der Stadt Nagold, zu dem Fall. In ein paar Wochen sei dann klar, ob oder wie ein Warnschild für die Entenfütterung in die Verordnung aufgenommen wird.