Acht Jahre liegen als Oberbürgermeister in Nagold hinter ihm. Gestern bat Jürgen Großmann die Wähler um das Vertrauen für eine weitere Amtszeit. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

OB-Wahl: Nur knapp 80 Zuhörer verfolgen gestern die Kandidatenvorstellung von Jürgen Großmann

Spannung ist bei diesem OB-Wahlkampf Mangelware. Wo soll die auch herkommen, bei nur einem Bewerber. So war vor der gestrigen offiziellen Kandidatenvorstellung in der Nagolder Stadthalle noch die spannendste Frage, wie viele Bürger kommen würden, um Jürgen Großmanns Vorstellung zu verfolgen.

Nagold. Ums kurz zu machen: Es hätten mehr sein können, vielleicht sogar mehr sein müssen. Wohlwollend gezählt, saßen maximal 80 Zuhörer in der Nagolder Stadthalle, um der offiziellen Bewerbervorstellung zur OB-Wahl am Sonntag, 9. Oktober zu folgen.

Doch was heißt da Vorstellung. Jürgen Großmann kennt man bestens in Nagold. Acht Jahre lang lenkte er die Geschicke dieser Stadt. Acht Jahre lang waren seine Frau und er auf unzähligen Terminen und Veranstaltungen zu Gast. "Immer sehr gerne", wie Großmann betont. Gemeinsam habe man versucht, immer so viele Veranstaltungen wie möglich zu besuchen. Großmann: "Wir haben sehr gerne mit Ihnen gearbeitet."

Nagolds Oberbürgermeister ist ein Politprofi. Und leutselig ist er. So ist ihm am gestrigen Abend nicht eine Sekunde lang anzumerken, ob er nun enttäuscht ist oder nicht über die geringe Zuschauermenge. Im Gegenteil. Er zieht voller Herzblut seine und Nagolds Bilanz, wahrscheinlich etwas kürzer als ursprünglich geplant. Aber dennoch engagiert. Und auch bei der Fragerunde, die ein gutes Viertelstündchen Zeit einnimmt (60 Minuten wären erlaubt gewesen), ist er ganz Staatsmann. Er weicht keiner Frage aus. Er muss keine leeren Versprechungen machen. Konstruktiv gibt er sich. Reicht den vier Herren, die an diesem Abend Fragen stellen sozusagen verbal die Hand zur Mitarbeit. Zum Zeitplan für die OHG-Sanierung zum Beispiel gibt Großmann offen zu, dass er den noch nicht habe. Beim Thema Sozialer Wohnungsbau sieht er Land und Bund in der Pflicht, und Detailfragen zu mehr Sitzbänken in Nagolds Wäldern oder auch rollstuhlgerechten Zugängen an den Bushaltestellen beantwortet er sachlich, knapp – aber zuvorkommend. Wo möglich, wolle er sich drum kümmern. Bei den gewünschten Bänken dürfe man gerne nochmals mit genauen Plänen auf ihn zukommen. Keine Frage: Wahlkampfversprechen klingen anders.

"Nagold – wir kommen voran"

Die Bürger Nagolds und ihr ausgeprägter Bürgersinn, ihr ehrenamtliches Engagement – dieses Thema stellt Großmann an den Beginn seiner Vorstellungsrede. Tief beeindruckt seien seine Frau und er von diesem Bürgersinn gewesen. Großmann findet den Dreh zu seinem Wahlprospekt, das in diesen Tagen in den Briefkästen aller Haushalte landet: "Nagold – wir kommen voran", steht dick auf der Titelseite geschrieben. "Für dieses Wir" sagt der OB den Nagoldern "ein herzliches Dankeschön."

Natürlich geht Großmann auf die wichtigsten Entwicklungen in der Stadt ein. Er streift die Landesgartenschau – "genial erfolgreich". Das gilt auch für die Entwicklung des Tourismus – ein neuer Wirtschaftszweig sei da für Nagold entdeckt worden. Und dann ist da natürlich auch die wirtschaftliche Entwicklung in dieser Stadt. Der Wolfsberg sei quasi ausverkauft, der Zuwachs auf dem Eisberg läuft. Auf 11 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze steure Nagold derzeit zu. Vor acht Jahren, da waren es 9500. Wohnbauentwicklung, auch hier boomt Nagold. "Das Megathema ist Wohnen", freut sich Großmann. In diesem Bereich gilt sein besonders intensiver Blick aber auch den Teilorten. Vor allem östlich Nagolds soll Wohnraum geschaffen werden. Großmann ist überzeugt, dass die Flächen nachgefragt werden.

Noch etwas freut den OB: Nagold wächst wieder – auch bei den Kinderzahlen. Dass in diesem Jahr noch eine weitere Betreuungsgruppe für Kleinkinder unter drei Jahren eröffnet werden muss, sei ein gutes Szenario – trotz der damit verbundenen Kosten. Aber es zeige, es gebe wieder mehr Kinder in der Stadt. "Alle Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren sind belegt."

Immerhin, ganz am Ende schwingt dann doch so eine gewisse Unsicherheit beim amtierenden Oberbürgermeister Nagolds mit. Die knapp 80 Zuhörer vor ihm in der großen Stadthalle verleihen seinem Appell, zur Wahl zu gehen eine gewisse Dringlichkeit. Klar, angesichts mangelnder Gegner kämpft Großmann für eine gute Wahlbeteiligung. "Man kann mit einer Wahl Rücken stärken oder auch schwächen", sagt er zu den Anwesenden. Und fügt dann hinzu: "Ich bitte Sie, gehen Sie zur Wahl. Stärken Sie Rücken."