Einst tanzten hier die Mädchen an der Stange, machten es sich Gäste auf Sofas und Barhockern bei einem Bier oder Cocktail gemütlich. Inzwischen ist aus dem, was einst das »Tamburello« oder das Waldhotel war, etwas ganz Anderes geworden. In diesen Tagen ziehen die ersten Flüchtlinge ein. Foto: Bernklau

Disco-Zeiten im ehemaligen Waldhotel vorbei. "Alles kein Luxus hier". Platz für über 120 Personen.

Nagold-Gündringen - Einst tanzten hier die Mädchen an der Stange, machten es sich Gäste auf Sofas und Barhockern bei einem Bier oder Cocktail gemütlich. Inzwischen ist aus dem, was einst das "Tamburello" oder das Waldhotel war, etwas ganz Anderes geworden. In diesen Tagen ziehen die ersten Flüchtlinge ein.

Man könnte meinen, die letzte Party ist erst ein paar Tage her. Die Biergläser stehen fein säuberlich aufgereiht hinter der Theke an der Zapfanlage. Dahinter der Kühlschrank mit der Cola-Werbung. Die Barhocker sind sauber aufgestuhlt. An der Garderobe hängen noch die Kleiderbügel mit Nummer. In der Küche stehen die Töpfe noch auf dem Herd. Und an der Tanzfläche findet sich sogar noch eine Flasche "Tanzglätte". Doch getanzt wurde da schon lange nicht mehr.

Plakate erinnern an die "Russian Night"

Es ist ein Tag im Spätsommer 2015. Volker Renz streift durch das Gebäude, das einst das "Waldhotel" von Nagold-Gündringen war, später zur Kneipe oder Disco wurde und viele Namen trug. Einer davon: "Tamburello". Doch auch dieser Laden machte eines Tages zu. Später nutzen so manche Veranstalter das Gebäude noch für einzelne Events. Noch immer hängen die Plakate, die Werbung für die "Russian Night" oder die "Ü 33-Fete" machen.

Diese Relikte einer längst vergangenen Zeit interessieren Volker Renz, stellvertretender Leiter der Abteilung "Gebäude und EDV" im Calwer Landratsamt, nur wenig. Denn er hat an dieser Stelle eine Mammutaufgabe zu erledigen. Kurz zuvor hat der Kreis das Gebäude gekauft, um später daraus eine Flüchtlingsunterkunft zu machen. Renz soll also die ehemalige Disco in ein Asylbewerberheim verwandeln. Beim Gang ins Obergeschoss merkt er, dass dort weniger Arbeit wartet als in der Disco. Dort existieren noch die Gästezimmer des ehemaligen Hotels. Dort trifft Renz die Männer, die sich auf Plänen einen Überblick über das Platzangebot in dem Komplex machen. Immerhin sollen dort einmal mehr als 120 Flüchtlinge Platz finden. Renz ahnt, dass das Ganze eine Menge Arbeit werden wird. Er wird recht behalten.

"Alles ist einfach nur zweckmäßig"

Gut ein Jahr später. Es ist der August 2016. Volker Renz steht dort, wo einst Disco-Kasse und Garderobe waren. Die Wände sind gestrichen, alles macht einen hellen Eindruck. Nichts ist mehr von der schummrigen Disco-Atmosphäre zu spüren. "Es ist alles kein Luxus hier, alles ist einfach nur zweckmäßig", sagt er fast schon entschuldigend zu Beginn des Rundgangs.

Am Ende sei das Projekt zu einem kompletten Umbau geworden, erzählt er. "Das Dach mussten wir komplett dämmen und abdichten sowie sehr viel in den Brandschutz investieren." Um mehr Platz zu bekommen, hat man an das Gebäude einen Anbau angedockt. Um eine zeitgemäße Heizung zu haben, hat man ein kleines Blockheizkraftwerk eingebaut. Und um eine gesicherte Wasserversorgung zu haben, hat man eine mehrere hundert Meter lange Wasserleitung unter der Steinach hindurch verlegt, um sie an der Wasserversorgung des Nagolder Teilorts Gündringen anschließen zu können.

An den ehemaligen Hotelzimmern mussten sie – wie erwartet – nur wenig verändern. "Die haben wir nur technisch in Ordnung gebracht", berichtet Renz. Dazu kommen neue Sanitäranlagen, eine Gemeinschaftsküche mit mehreren Herden, ein Gemeinschaftsraum für Sprachkurse und ein Raum für die Waschmaschinen.

Ein Jahr hat man umgebaut, knapp eine Million Euro investiert, um den Bau bewohnbar zu machen – um aus der Disco eine Flüchtlingsunterkunft zu machen. Wenn die ersten Flüchtlinge nun aus dicht belegten Unterkünften im Landkreis in die Unterkunft einziehen werden, dann wird nichts mehr daran erinnern, dass hier im ehemaligen "Tamburello" einmal die Mädchen an den Stangen tanzten.