Verkaufsoffene Sonntage – wie hier beim Nagolder Frühling – ziehen die Massen an. Dennoch wollen Nagolds Händler die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage in der Stadt von derzeit zwei im Jahr nicht erhöhen. Das "Kulturgut Sonntag" ist ihnen zu wichtig. Foto: Archiv

Nagolder Geschäften reichen zwei verkaufsoffene Sonntage im Jahr. "Wichtiges Kulturgut."

Nagold - Führende deutsche Warenhausunternehmer haben sich zur Initiative "Selbstbestimmter Sonntag" zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, die Geschäfte öfter sonntags zu öffnen. In Nagold steht man dieser Initiative skeptisch gegenüber.

Der Sonntag sei einer der wichtigsten Einkaufstage im Onlinehandel. Es müsse nun darum gehen, diese Wettbewerbsverzerrung auf Kosten der stationären Händler zu beenden, sagte ein Sprecher der Initiative.

Bislang entscheiden die Kommunen, an welchen Sonntagen die Geschäfte öffnen dürfen. In Baden-Württemberg sind grundsätzlich drei verkaufsoffene Sonntage pro Jahr möglich, in Nagold gibt es davon nur zwei – Nagolder Frühling und Urschelherbst. "In der Regel hat sich das bewährt", sagt Klaus Drissner, der Vorsitzende des City-Vereins. Vielleicht gebe es den einen oder anderen Händler in der Stadt, der gerne öfter aufmachen wolle, er habe aber den Eindruck, dass den Nagolder Händlern die zwei verkaufsoffenen Sonntage reichen würden.

Er persönlich ist gegen mehr verkaufsoffene Sonntage: "Ich halte absolut nichts davon. Es ist ein Irrglaube, dass man durch ständige Erweiterung der Öffnungszeiten die Umsatzzahlen verbessert." Sein Geld könne man schließlich nur einmal ausgeben. Natürlich sei der Sonntag einer der Haupttage für das Internetgeschäft – weil die Menschen nun mal in ihrer Freizeit einkaufen würden. "Sonntags haben die Leute Zeit, aber ob sie da in die Städte fahren?" Schließlich könnten die Geschäfte auch abends bis 22 Uhr öffnen, aber außer Supermärkten mache das fast keiner.

Außerdem sagt er: "Der Sonntag ist ein wichtiges Kulturgut und entschleunigt ungemein." Dennoch geht ihm der Vorschlag, der niedersächsischen Grünen, Online-Verkäufe am Sonntag zu verbieten, zu weit: "Verbieten ist immer etwas Doofes", so Drissner. Vielmehr müsse "man sich in unserer Gesellschaft Gedanken machen, ob immer schneller immer besser ist? Ich glaube es nicht", sagt er.

Ulrich Schaffert, Inhaber eines Augenoptikergeschäftes, fände es schwierig, mehr Sonntagsarbeit umzusetzen. Wegen möglichen Sonntagszuschlägen könnte es für die Verbraucher noch teurer kommen, beim Handel vor Ort einzukaufen. Außerdem seien immer weniger Menschen bereit, im Einzelhandel zu arbeiten – auch wegen Samstagsarbeit, so Schaffert. Da dürfte es noch schwieriger werden, Mitarbeiter zu finden, wenn diese auch sonntags arbeiten müssten, vermutet er.

Auch City-Managerin Anna Bierig sieht von Händlerseite keinen "lautstarken Bedarf" für mehr verkaufsoffene Sonntage. "Man muss das auch bewältigen", sagt sie und verweist darauf, dass es in der Nagolder Innenstadt viele inhabergeführte Geschäfte mit wenigen Mitarbeitern gebe. Das sei ein großer Unterschied zu den Warenhäusern in den Großstädten.

Man müsse eine Strategie für den stationären Handel entwickeln: den Standort positiv herausstellen und die Vorteile des Einzelhandels hervorheben. "Wir wollen das ›Gefühl Nagold‹ vermitteln", so die City-Managerin weiter. Schließlich sei es "ein ganz anderes Gefühl, wenn man durch die Stadt schlendert und nebenher ein Eis isst" oder eben vor dem heimischen PC online einkaufe.

Zudem müsse man nicht nur auf die Online-Konkurrenz achten – die "Stadt nebenan" sei nach einer aktuellen Studie zur Innenstadt ein neuer Konkurrent. "Da, wo man die gewünschten Waren bekommt, fährt man auch hin", sagt Bierig weiter. Nagold sei hier, vor allem im "Nonfood-Bereich", sehr gut aufgestellt.

Wünschen würde sich die City-Managerin aber noch ein neues, innovatives Konzept im Gastronomie-Bereich: "Etwas Junges, Wildes darf gerne noch kommen."