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Lehrerinnen aus Siilinjärvi informieren sich bei Besuch in Nagold über Volkshochschulen in Deutschland

Von Nadine Klossek

Wie wird eigentlich in Deutschland unterrichtet? Dieser Frage gingen sieben Lehrer aus Finnland nach und besuchten unter anderem Nagold. Dabei fielen ihnen sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten auf.

Nagold. Ein kleines Mädchen rührt in ihrem Wasserglas. Das rot-bräunliche Farbwasser wirbelt im Uhrzeigersinn durch das Gefäß. Sie trocknet den Holzpinsel an einem Tuch ab und greift zur nächsten Farbe. Ihr Mund ist leicht geöffnet, zwischen ihren Milchzähnen lugt ein Stück ihrer Zunge hervor. Mit voller Konzentration übermalt sie die letzten weißen Stellen ihres Papiers mit roten Kreisen.

Im Hintergrund beobachtet Mari Puttonen die junge Künstlerin und lächelt. Zusammen mit ihren Kolleginnen aus Finnland besucht sie im Rahmen eines Aufenthalts die Jugendkunstschule in Nagold.

"Im Moment behandeln wir Hundertwasser", erklärt Lehrerin Claudia Steiner dem finnischen Besuch und wendet sich sogleich an ihre Schüler. "Welche Künstler kennt ihr noch?", fragt sie. "Chagall!", ruft ein Junge und wirft vor lauter Enthusiasmus beinahe sein Wasserglas um. Die Finninnen nicken anerkennend.

Sich im Hintergrund halten, beobachten, ab und an Fragen stellen: "Job Shadowing", also das Beschatten des Berufs, nennt sich diese Form der Weiterbildung. Im Rahmen des europäischen Austauschprogramms Erasmus Plus verschaffen sich die Lehrerinnen dadurch einen Überblick über das System der Volkshochschulen in Deutschland.

"So viele Menschen auf einem Haufen"

Zwei Wochen geht die Bildungsreise. "Sie halten sich dabei überwiegend in und um Stuttgart auf", erklärt Julia Gassner, Bildungsmanagerin für Kultur und Gestalten beim Volkshochschulverband Baden-Württemberg. Der Aufenthalt in Nagold wurde indes ausgewählt, weil sich die beiden Städte von der Einwohnerzahl, der geografischen Lage und dem Angebot der Schulen ähneln.

Ein großer Unterschied fiel den Frauen allerdings sofort auf. "Es ist so eng hier", meint Marja-Leena Viljakainen. Während Nagold eine Bevölkerungsdichte von etwa 340 Einwohner pro Quadratkilometer hat, sind es in ihrer finnischen Heimatstadt Siilinjärvi gerade einmal etwas mehr als 50. "So viele Menschen auf einem Haufen", berichtet Outi Remes mit großen Augen, als sie an die Keramika zurückdenkt. "Wir sind das nicht gewohnt", fügt Anne Miettinnen hinzu und lacht.

Ob es in diesem Fall wohl doch eher Glück war, dass die Lehrerinnen ihre Erstwahl nicht erhalten hatten? "Wir wollten eigentlich nach Berlin", verrät Puttonen. Doch es war gar nicht so einfach, einen Verband zu finden, der den Austausch möglich macht. Nach 20 Bewerbungen erhielten sie schließlich die Zusage vom Volkshochschulverband Baden-Württemberg. "Am Ende war das wohl Schicksal", sagt Puttonen und spielt damit auf das gute Verhältnis zu ihren deutschen Kollegen an.

Deutschland als Reiseziel auszusuchen, stellte sich also für die Finninnen als goldrichtig heraus. "Es war einfach, sich hier zu arrangieren, da das Schulsystem sehr ähnlich ist", meint Anita Heind. Auch bei den verschiedenen Schülertypen gebe es kaum Unterschiede – in Finnland wie in Deutschland findet man den Ruhigen, Klassenbesten oder Rabauken.

Schon jetzt haben die Frauen nach eigener Aussage einiges gelernt, was sie an ihrer Schule umsetzen wollen. Und welches Urteil fällen sie über Nagold? "Klein, aber sehr schön", resümieren sie am Ende ihres Besuches.