Das Nagolder Kammerorchester bot den zahlreichen Zuschauern ein abwechslungsreiches Konzert. Die Bilder links zeigen den Komponisten Rafael Hummel und den Solo-Cellisten Simeon Walz. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Nagolds Kammerorchester verlegt sein "Burgkonzert" in die Stadtkirche / Frenetischer Beifall

Von Maria Kosowska-Németh

Nagold. Das alljährliche Konzert des Nagolder Kammerorchesters fand doch in der Stadtkirche statt. Schweren Herzens fasste Stadtmusikdirektor Florian Hummel die Entscheidung, den traditionellen Veranstaltungsort Hohennagold diesmal aufzugeben. Zu groß war das Regenrisiko. Auch OB Großmann begrüßte den rationellen Entschluss.

Die bittere Pille versüßte aber ein wahrer Publikumsansturm auf die Kirche. Durch zahlreiches Erscheinen bewiesen die Nagolder, wie sehr sie "ihr" Orchester lieb gewonnen hatten und bekundeten ihre Zuneigung mit ohrenbetäubendem Applaus nach jedem Programmpunkt.

Und davon gab es reichlich – neben Klassikwerken, Film- und Unterhaltungsmusik huschte auf die erste Stelle die "leichte Muse" mit der Ouvertüre zur Operette "Fledermaus" von Johann Strauss. Weiter ging es ernst mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart (Linzer Sinfonie Nr. 36), Jean Sibelius ("Finlandia" – Poem). Zum Schluss erklang das Finale aus der 1. Symphonie von Johannes Brahms.

Aus der Filmmusikwelt bekam das Publikum "The Rock" von Hans Zimmer serviert, dann folgte die Uraufführung von "Dance of Heroes", zu welchem es aber (noch) keinen Kinostreifen gibt. Der Komponist Rafael Hummel machte sich in Nagold bereits einen Namen als Schauspieler und Dichter, jetzt saß der frisch gebackene Advokat mitten im Orchester, unbesorgt um eigene Urheberrechte und mit der Bratsche in der Hand.

Je nach persönlicher Auslegung konnte die bildhafte Musik mittelalterliche Ritterkämpfe vorstellen, dann vielleicht auch die Titanic-Katastrophe illustrieren. Auf jeden Fall wirkten die musikalischen Reminiszenzen sehr lebendig im Bläsertumult und Gewirr der Streicher. Die deutlich strukturierte Partitur widmete Hummel dem Nagolder Kammerorchester, die einzelnen Stimmen schnitt er jeder Musiker-Laiengruppe buchstäblich auf den Leib zu.

In dem Konzertprogramm fehlten natürlich Soloproduktionen nicht, und so bot der Abiturient Simeon Walz in Begleitung von einem Streichquintett das jugendlich-romantisch verklärte Cello-Konzertstück g-Moll von Henry Eccles dar. Für dieses Stück zog sich der Dirigent Hummel im vollen Vertrauen auf das musikalische Vermögen seines Ensembles zurück. Damit gewährte er auch den freien Blick auf den Solisten.

Anschließend traten zwei Lehrer der Nagolder Musikschule auf. Die Gitarrenfunken sprühten im Takt der südamerikanischen Rhythmen in "Concerto a Brazileira" von Radames Gnattali auf, der Virtuosität von Chaehong Lim stand das kleine Streichorchester kaum nach. Auch in "Sicilienne und Rigaudon" von Fritz Kreisler zeigte es sich, dass die Laien sehr gut mitphrasieren und auch das bekannte, rasant-windige "Kieser-Tempo" mithalten können.

Zahl der Musiker nimmt ständig zu

Die symphonischen Werke bildeten geradezu eine Reihe von Höhepunkten, dabei herrschte ein harmonischer Einklang zwischen Instrumentengruppen und den einzelnen Musikern verschiedenen Alters und Berufs. Ihre Zahl steigt stetig, im Moment verfügt Hummel über 80 Instrumentalisten und auch das Interpretationsniveau schraubt der Dirigent unaufhörlich nach oben.

Mit dem Jahreskonzert bestätigten die Kameralisten ihren unumstrittenen Rang im kulturellen Leben der Stadt, in dem sie hohe technische Anforderungen des Programms mehr als souverän erfüllten und obendrauf einen ganzen Regenbogen der Emotionen unter der Kirchendecke aufhängten.

Für langjährige Mitwirkung im Ensemble würdigte der OHG-Schulleiter Walter Kinkelin die abgehenden Abiturienten Felicitas Ammer, Sabrina Draaijer, Simeon Walz, Marius Adams, Theresa Bauz, Julia Bohnet und Jonathan Ehrmann, dann bedankte er sich bei Florian Hummel für die "wunderbare Kooperation" zwischen OHG und der Musikschule und hob deren Unterstützung von Vokalensemble und Bläserklassen hervor.

Weit über das Programm hinaus spielte das Kammerorchester nach dem frenetischen Beifall und Standing Ovations, sodass das Konzert mit dem elegantem "Slawischen Tanz" Nr. 3 und der Filmmusik aus "Die glorreichen Sieben" endete.