Nach einigen Stunden des Eingeschlossenseins kann man der Situation teils beschwingt sogar Gutes abgewinnen (von links): Alain (Thorsten Müller), Jean-Jacques (Joachim Krüger), Sophie (Simone Essig), Elia (Silja Seeger), Colette (Elisabeth Galonska) und Kellner Serge (Kurt Wolz). Foto: Büchler

Komödie lockt Besucher in Alte Seminarturnhalle. Weitere Aufführungen im Januar.

Nagold - Fans des Ensembles "Vorhang auf!" der Alten Seminarturnhalle wissen: In den Tagen vor der Premiere der jeweils neuen Produktion am Dreikönigstag toben die letzten Proben über zig Stunden, und mancher könnte sein Bett gleich auf den Brettern aufschlagen, die die sprichwörtliche Welt bedeuten.

Auch in der nunmehr 15. Inszenierung bot das Ensemble wieder einmal neue Überraschungen vor begeistert mitgehendem Premierenpublikum in der vollen Halle.

"Überraschung! Überraschung!" aus der Feder von Sandrine Martin und Emmanuel Dabbous heißt die diesjährige Produktion unter der bewährten Regie von Sandra Müller, die der französischen Komödie in ihrer Inszenierung eine ganz eigene Handschrift verpasste.

Schon das Setting des sich im Bühnenbild von Andreas Lemke entwickelnden Kammerspiels scheint so überraschend wie merkwürdig: Sophie (Simone Essig als etwas betulich wirkende, in vielen Stimmungslagen überzeugende Langzeitgeliebte) hat bis zur Perfektion eine Überraschungsparty für ihren Paul organisiert, eigens einen Kellner angemietet und die bunt zusammengewürfelten Gäste im Badezimmer versammelt, damit sie den Ahnungslosen mit Hurra-Rufen, Kuchen und Kerzen angemessen begrüßen können.

Doch es wird eine Party der ganz anderen Art. Denn fatal ist nicht nur, dass die erst jüngst eingebaute Tür, eine gusseiserne Antiquität, jäh unwiderruflich ins Schloss fällt, während man das Geburtstagskind herbeisehnt, sondern auch, dass die Feierlichkeiten zum 14, Juli die Hilferufe hoch über der Avenue Foch nach draußen übertönen. Handyempfang: Fehlanzeige.

"Wie kann man nur auf die Idee kommen, sich plötzlich eine neue Tür einzubauen?", ächzt Sophies aus London angereister Bruder Alain (Thorsten Müller reizt bravourös alle Nuancen des Zynismus aus, aber auch des liebevoll-mitmenschlichen Zuwendens).

Die "sehr blonde" Elia (Silja Seeger), macht den Männern der Runde Stielaugen, zum Verdruss von Sophie und auch von Colette, der Gattin des blasierten Kunsthändlers Jean-Jacques. Dieser scheint mit allen Wasser gewaschen, kann aber kaum Konstruktives zur Lösung beitragen.

In der klaustrophobischen Situation köcheln Emotionen hoch, Spitzfindigkeiten entwickeln sich zu kleinen Zimmerschlachten, schaffen aber ebenso erstaunlich neue Solidaritäten. Da holt auch Colette (brillant besetzt mit der facettenreich agierenden Elisabeth Galonska)zu manch verbalem Schlag gegen ihren Mann aus.

Schreiend komisch mittendrin der Mietkellner: Kurt Wolz lotet in hinreißendem Mienenspiel und mit viel Wortwitz alle Derbheit und Unverfrorenheit seiner Rolle perfekt aus. Während vor der Tür – unerreichbar! – immer wieder das Telefon klingelt oder der Anrufbeantworter anspringt, versuchen sich die Eingeschlossenen über Stunden an allerhand Ideen für ihre Rettung oder zumindest fürs Durchhalten.

Das ist, von der Mund-zu-Mund-Beatmung bis hin zur "Golfpartie" mit WC-Bürste, vom hochprozentigen Frühstück in Leo-Print-Dessous bis hin zur Badezimmer-Psychologie, einfach grandios und höchst vergnüglich.

Zur Dynamik des Kammerspiels tragen auch Tanz- und Songeinlagen bei (Musik-Arrangements Martin Kalmbach). Die Leistung des ganzen Ensembles und des Stabes hinter der Bühne wurde vom Publikum mit viel Szenenapplaus und einem langem Schlussbeifall gewürdigt und anerkannt.

Info Termine

Weitere Aufführungen: 13., 14., 15., 20., 21. und 22. Januar, jeweils 19 Uhr (Einlass und Bewirtung ab 18 Uhr). Kartenreservierungen unter www.alte-seminarturnhalle.de