Der frühere Emminger Gemeinde- und Stadtrat Bruno Renz wird heute 90 Jahr alt. Foto: Mikulcic Foto: Schwarzwälder-Bote

Bruno Renz gestaltete fast fünf Jahrzehnte die Lokalpolitik mit / Heute feiert der frühere Gemeinde- und Stadtrat seinen 90. Geburtstag

Von Marija Mikulcic

Nagold-Emmingen. Bruno Renz, ein Emminger Urgestein, wird heute 90 Jahre alt. Seine Jugend prägte der Krieg. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft brachte er sich auf beispielhafte Weise für seinen Ort und die Stadt Nagold ein.

Fast fünf Jahrzehnte lang gestaltete er Lokalpolitik mit. Zuerst in seinem Geburtsort Emmingen. 1948 war er aus russischer Gefangenschaft heimgekehrt. Emmingen brauchte ihn. "Ich wurde gleich als Gemeinderat aufgestellt", erinnert sich der Jubilar. Für Bruno Renz als Ur-Emminger war es keine Frage, dass er diesen Ruf annehmen würde. Als er antrat, hatte Emmingen 600 Einwohner. Heute, fast 70 Jahre später, hat sich die Einwohnerzahl verdoppelt.

Richtungsweisende strukturelle Entscheidungen hat Bruno Renz für die damals selbstständige Gemeinde Emmingen als Gemeinderat mit auf den Weg gebracht. Die Ortserweiterung in Richtung Wildberg mit dem Baugebiet "Katzensteig" gehört dazu. Ebenso der Bau der Wiestalschule zu Beginn der 1960er-Jahre. Wie das die kleine Gemeinde aus eigener Kraft bewerkstelligte, daran erinnert Bruno Renz sich noch genau: Im Winter vor dem Schulhaus-Neubau hatte der Sturm Bäume im Wald gefällt. Der Holzverkauf spielte die nötigen Mittel ein.

Den Acker erwarb Renz – stets geistesgegenwärtig, was Gelegenheiten für das Gemeinwohl betraf – im Gasthaus. "Sonntagvormittags hat der Hirschwirt den Acker angeboten, drei Mark der Quadratmeter. Das hat man gleich gekauft", denkt Renz an die Anfänge der Schule zurück, die, sicher ohne Übertreibung, eine der am schönsten gelegenen Grundschulen im ganzen Landkreis sein dürfte.

Auch die private Existenz von Bruno Renz ist eng mit Emmingen verwoben. Die Möbelfabrik, die neben der Kirche stand, hatte als Schreinerei einst sein Vater gegründet. Schlafzimmer bauen – bis nach München wurde ausgeliefert, Lehrlinge ausbilden, später auch Couchtische furnieren für Rolf Benz – so sah das täglich Brot in Bruno Renz’ Hauptberuf aus. 20 Beschäftigte zählte der Betrieb in den 1950er-Jahren. Aus vollem Herzen Schreiner ist Bruno Renz Zeit seines Arbeitslebens geblieben. Bis in seine frühen Achtziger hinein ließ er es sich nicht nehmen, noch Laufdienste zu verrichten und anzupacken, wo eine helfende Hand gerade fehlte.

Dem Ort sehr verbunden, aber nie auf ihn beschränkt – auch diese Haltung hat sich vielleicht von Bruno Renz’ Vater auf den mittlerweile fast ältesten Einwohner Emmingens übertragen. "Mein Vater war früher auch in Hamburg beschäftigt. Als Schiffsschreiner ist er sogar nach Amerika", erzählt der Jubilar. Nennenswerte familiengeschichtliche Begebenheiten aus einer Zeit, in der Mobilität noch viel bescheidenere Ausmaße hatte als heute.

Als der Vater sah, dass in Amerika die Menschen "Papierhemden" tragen, habe er jedoch wieder "heim" gewollt, gibt sein Sohn eine lange zurückliegende Anekdote wieder. Für Bruno Renz ist Hamburg zur Schicksalsstadt geworden. Im positiven Sinne. Aus Hamburgs holsteinischer Vorstadt Pinneberg stammt nämlich Anne, seine Frau, mit der er schon fast 60 Jahre verheiratet ist. Der Vetter von Anne Renz und der Zufall machten aus Bruno und Anne ein Paar. 1956 wurde in Emmingens Dorfkirche geheiratet.

Für die junge Braut bedeutete das Verlassen der hanseatischen Heimat allerdings zunächst kurzzeitig eine Art Kulturschock. "Am Anfang bin ich nicht einmal ans Telefon", sagt Anne Renz heute. Sie habe ja nichts verstanden, ergänzt sie lachend. Nach wie vor mit dem sympathischen, merklich norddeutschen Einschlag. Haus fertigstellen, Betrieb führen, Kinder großziehen. All das haben Bruno und Anne Renz gemeinsam gemeistert. Der Blick zurück ins auf dem eigenen Lebensweg streift so unweigerlich auch die vielen gemeinsamen Erlebnisse als Paar und Familie.

Den Richtigen bedacht

Ende der 1970er-Jahre folgte nach mehr als einem Vierteljahrjundert großen Einsatzes für Emmingen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Eine öffentliche Würdigung, bei der man mit Bruno Renz offensichtlich den Richtigen bedacht hatte. Den Auszeichnenden dankte der bescheiden gebliebene Renz mit fast einem weiteren Vierteljahrhundert politischer Tätigkeit als Ortschaftsrat und Stadtrat in Nagold. Seinen 90. Geburtstag wird Bruno Renz zu Hause begehen. Auf den verdienstvollen Emminger Jubilar stoßen heute Nachbarn aus der Sigwartstraße ebenso an wie Familienmitglieder vom Schwarzwald bis zur Nordsee.