Die Fahrt der Stocherkähne führt bis zum Rentschler-Wehr. Foto: Schwarzwälder-Bote

Freizeit: Jürgen Seick schippert mit seinen Gästen auf einem Stocherkahn die Nagold und Waldach entlang

Er ist kein Gondoliere, wird aber oft mit ihnen verglichen: Jürgen Seick ist Stocherer. In den Sommermonaten fährt er mit einem Kahn die Nagold auf und ab. Und dabei hat er schon so manches "Beinahe-Unglück" erlebt.

Nagold. Es hat ein gewisses venezianisches Flair, wenn in den Sommermonaten die Stocherkähne von Ulrich Hartmann über die Nagold gleiten. Auf dem hinteren Ende des Kahns steht der Stocherer. In der Hand hält er einen langen Stock, dessen Spitze er immer wieder in das Flussbett stößt, um den Kahn fortzubewegen. In der Mitte sitzen seine Gäste an Holzbretter angelehnt. Sie genießen die Ruhe, lassen die Seele baumeln.

Jürgen Seick stochert schon seit 2008

In den Frühlings- und Sommermonaten ist die Nachfrage nach dieser Art von Entspannung groß. Familien, Betriebe und Vereine buchen dann die rund 45-minütige Fahrt auf der Nagold. "Wir fahren vom Anlegeplatz bis zum Rentschler-Wehr, dann noch etwa 200 Meter in die Waldach rein und wieder zurück", erklärt Mitarbeiter Jürgen Seick.

Der 58-Jährige stochert schon seit Inbetriebnahme der Kähne im Jahr 2008 die Nagold auf und ab. "Nicht jeder kann stochern", erklärt er. Es werde auch schon mal wacklig auf dem Boot, weshalb man einen guten Gleichgewichtssinn brauche. Darüber hinaus müsse man in etwa das Gewicht der Gäste einschätzen können, um sie gleichmäßig auf den beiden Seiten verteilen zu können.

"Ins Wasser gefallen ist bei mir noch niemand", sagt Seick, der außerdem eine Ausbildung im Kanu-Fahren absolviert hat. Ein Mal war es allerdings kurz davor: Bei einem Klassentreffen von Ehemaligen wollten acht 70-Jährige Stocherkahn fahren. "Es hatte die Tage davor die ganze Zeit nur geregnet", erzählt Seick. Bei einer Wende in der Waldach stieß er an die Wand am Flussufer. "Der Kahn ging dann den Stock hoch und war kurz davor zu kippen", so Seick weiter. "Die, die oben saßen, haben nur gelacht, und die unten wurden halt nervös." Der 58-Jährige ließ den Stocher daraufhin ins Wasser fallen. Die Gäste waren gerettet, zurück ging es allerdings nur mit den zu Paddeln umfunktionierten Rückenlehnen. "Weil ich gut loslassen kann, sind wir nicht reingefallen", bewertet er rückblickend diesen Vorfall und lacht.

Für den erfahrenen Stocherer ist das Kahnfahren ein willkommener Ausgleich zur Arbeit. Und deshalb fährt Seick an manchen Tagen nur zum Spaß die Nagold entlang: "Dann winken schon einmal ein paar Kinder. Die lad ich dann mit ihren Familien ein." Normalerweise kostet die Fahrt für Erwachsene fünf Euro, Kinder zwischen sechs und 16 Jahren zahlen drei Euro.

Seick mag den Vergleich mit Venedig übrigens nicht. "Viele sagen: Sing uns doch etwas. Aber ich bin kein Gondoliere", stellt er klar. Seick erzählt seinen Gästen lieber von der Entwicklung der Stadt, wie sie sich verändert hat, seit der Landesgartenschau. Dann holt er ab und zu doch eine kleine Musikbox heraus, lässt ein Jazz-Lied laufen, macht es seinen Gästen nach und lässt einfach die Seele baumeln.

Weitere Informationen: Fahrten können telefonisch unter 0152/01 01 48 53 gebucht werden.