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Der gebürtige Gündringer Herbert Carl kommt mit dem Lindenhof-Ensemble nach Nagold

Mit dem bayerischen "Brandner Kaspar" kommt das Theater Lindenhof von der Schwäbischen Alb erstmals nach Nagold. Der in Gündringen groß gewordene Herbert Carl hat das Nagolder Gastspiel angebahnt.

Nagold. Es ist eine Heimkehr. Im katholischen Gündringen ist Herbert Carl geboren und – als jüngster Sohn des prägenden Nachkriegs-Bürgermeisters Heribert Carl – aufgewachsen. Behütet würde man so eine Kindheit im Dorf und der großen Familie heute nennen, als Ministrant und Mitglied im Musikverein. Das Nagolder Gymnasium aber und das Jugendhaus haben den Jugendlichen in aufmüpfigen Zeiten auch ein bisschen anders geprägt. Musik und Theater blieben.

Die Theatermacher vom Melchinger Lindenhof sind so etwas wie Pioniere des modernen Dialekt- und Volkstheaters, besessen von der Geschichte und den Geschichten der Heimat. Sogar die New York Times feierte das Tübinger Hölderlin-Stationentheater "...wenn mit dem Neckar herab" in den Neunzigern.

Der "Brandner Kaspar" ist ein bayerisches Volksstück vom Schlage des "Ur-Faust" oder des "Jedermann". Verfasst hat es Kurt Wilhelm, ein Nachfahr des eigentlichen Schöpfers. Josef Vilsmaier hat es mit Bully Herbig und Franz-Xaver Kroetz verfilmt, die Dramaturgen von der Alb haben es 2012 gemeinsam mit dem Ensemble eingeschwäbelt. Christoph Biermeier inszenierte. Das Allerheiligen-Volksstück ist ein Dauerbrenner im Münchner Residenztheater wie am Melchinger Lindenhof. Mit großer Besetzung und viel Musik kommt der Lindenhof am morgigen 7. Oktober, 20 Uhr, in die Stadthalle. Herbert Carl selber stellt das Stück um 19.15 Uhr im Otto-Hahn-Gymnasium vor, seiner eigenen alten Schule.

Durfte in alter Stadthalle bei Theatergastspielen den Bühnenhelfer geben

Die 1871 niedergeschriebene Geschichte handelt von jenem alten Brandner Kaspar, den der Tod, der "Boanlkramer", schwäbisch "Knochenkarle", sich holen will. Aber der Brandner Kaspar handelt ihm noch ein paar Jahre ab, nachdem er ihn mit Kirschgeist besoffen gemacht hat. Denn der Alte muss seinen verschuldeten Hof noch für die schöne Enkelin retten, unter anderem mit Wilderei.

Ein paar Jahre ist es her, dass Herbert Carl, Jahrgang 1957, sich aus Nagold aufmachte. Dort hatte ihn Musikschulleiter Mito Bernd Schmid im Jugendkammerchor gefördert. Die erhoffte Klavierkarriere beendete das vernichtende Urteil eines Zeitungskritikers, als sie gerade erst beginnen sollte. In der alten Stadthalle durfte er bei Theatergastspielen den Bühnenhelfer geben. So hat er unter anderem Mal den Wutanfall eines Götz George erlebt, weil das rechte Licht fehlte. Aber er war auch bei Yaak Karsunkes "Bauernoper" dabei.

Am damals noch jungen Otto-Hahn-Gymnasium wurde der Junge aus konservativ-katholischem Bürgermeister-Elternhaus als Mitglied im Schülerrat und im "Politischen Arbeitskreis" politisiert. Im Jugendhaus beim Stadtjugendring machte er nach dem Abi den Zivildienst. Da gab es neben Chile-Demos auch Rockkonzerte oder das Gastspiel des Berliner Grips-Theaters, "heiß umstritten", wie sich Carl erinnert.

Um Lehrer für Deutsch und Geschichte zu werden, ging Herbert Carl zuerst nach Freiburg, dann nach Tübingen, wo er im Bloch-Chor sang und im Landestheater als Statist engagiert war. Später sattelte er auf Kulturwissenschaft und Landesgeschichte um, worin er auch seinen Magisterabschluss machte.

In den Achzigern mit Tübinger Bloch-Chor in Nagold

Für die legendären Opern-Experimente mit Carl Orffs "Der Mond" oder Hans Werner Henzes Kinderoper "Il Pollicino" – "Schade, dass sich das nicht mehr weiterführen ließ" – kam Herbert Carl in den Achtzigern noch einmal mit dem Tübinger Bloch-Chor auf die Nagolder Stadthallen-Bühne zurück. Er spielte den Menschenfresser.

Dabei lernte er seine Frau Anne Tholen kennen, eine Lehrerin, mit der er nach wilden WG-Zeiten seit 1990 im liebevoll restaurierten uralten Bauernhaus in Nehren bei Tübingen lebt und dort den gemeinsamen Sohn großzog. Herbert Carl selber wurde Deutschlehrer für Ausländer, machte in Reutlingen und beim Nürtinger Stadtarchiv Museumsprojekte, schrieb Gedichte und heimatgeschichtliche Bücher, gründete und leitete dann schließlich lange Jahre die Kinder- und Jugendbücherei in Nehren.

In den Anfängen des Theaters Lindenhof war er mit einem "Chor der Mönche" im Bauernkriegsstück "Jerg Rathgeb" aufgetreten. Das Männerquartett ist inzwischen eine ganz eigenständige Musikkabarett-Truppe geworden, mit der Carl zu 20, 30 Auftritten im Jahr durch die Lande tingelt. Dass er dann 2008 zunächst nebenbei, später hauptberuflich das Tour-Management des Lindenhof-Theaters übernahm, hält er für einen "schönen Zufall".

Dass er sein Theater jetzt aber in die Heimatstadt vermittelte, war nicht ganz zufällig. Die Initiative ging von ihm aus. Er hätte nichts dagegen, wenn sich daraus eine Partnerschaft entwickelte wie zu vielen Orten, in die das Regionaltheater von der Schwäbischen Alb regelmäßig zu Gastspielen geladen wird.

Das Volksstück "Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben" wird am morgigen Freitag, 7. Oktober, ab 20 Uhr im Rahmen der Nagolder Theaterreihe vom Melchinger Regionaltheater "Lindenhof" in der Inszenierung von Christoph Biermeier in der Stadthalle gegeben. Um 19.15 Uhr stellt Herbert Carl das Stück im OHG vor.