Wolfgang Baumgärtner hat noch kein Donnerstagsläuten an der Gündringer Ölbergkapelle ausfallen lassen. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Jeden Donnerstagabend läutet Wolfgang Baumgärtner auf der Ölbergkapelle des Nagolder Teilorts

Von Martin Bernklau Nagold-Gündringen. "Kein einziges Mal", sagt Wolfgang Baumgärtner, ist das abendliche Donnerstagsläuten bisher ausgefallen. Seit 13 Jahren erfüllt der frühere Verwaltungsbeamte nun schon seine selbstauferlegte Pflicht am Wahrzeichen Gündringens, der Ölbergkapelle. Sie thront da auf der steilen westlichen Anhöhe über dem katholisch geprägten Ort. Über einen steilen Zickzack-Pfad, der gesäumt ist von den 14 Stationen eines Kreuzwegs, ist die Ölbergkapelle zu erreichen.

Ein erfülltes Gelübde? Dankbarkeit? Niemand weiß, was den Gündringer Gipsmüller Victor Meintel veranlasst hat, am 26. Mai 1891 hoch droben am Hang über seinem Haus den Grundstein für die Kapelle zu legen, die an den Beginn des Leidens und Sterbens Jesu erinnern soll, als er nach dem Letzten Abendmahl im Garten Gethsemane am Ölberg aus Todesangst Blut und Wasser schwitzte, während seine Jünger schliefen.

Weihe am 2. Mai muss wegen Schneefall verschoben werden

"Zur Erholung an Leib und Seele", so der Stifter, sollte das ein Jahr später fertiggestellte Gebetshaus dienen. Der Gemeinderat hatte den Grund und Boden sowie das Bauholz aus dem Gemeindewald gestiftet. Für die Votivsäulen mit den Terrakottareliefs des Leidensweges Jesu – gefertigt in der Maierschen Kunstanstalt München – hatten die Gündringer Katholiken 1150 Reichsmark gesammelt, weiß Wolfgang Baumgärtner. In der Karwoche 1892 wurden die 14 Stationen des Kreuzweg mit Böllerschüssen und bengalischer Beleuchtung eingeweiht.

Für die Weihe der Kapelle selber war der 2. Mai vorgesehen. Das Fest musste aber wegen starken Schneefalls auf den 8. Juni verschoben werden. Der damalige Pfarrer Gnandt hatte zur Feier des Tages ein Ölberggebet verfasst, das der Glöckner von Gündringen laut oder still spricht, während er donnerstags kurz nach 18 Uhr, sobald das Angelus-Läuten der gegenüberliegenden modernen St. Remigius-Kirche verklungen ist, die Glockenkette zieht. Das erste Glöcklein war eine Stiftung der Eheleute Benedikt und Marianne Nesch aus Horb. Im Ersten Weltkrieg wurde es für die Rüstung eingeschmolzen. Im Jahr 1924 traten mit Eugen Bürkle und seiner Gattin neue Glockenspender auf den Plan. In der inzwischen vergitterten Kapelle steht hinter dem kleinen Altar eine Skulptur aus Hochdorfer Sandstein mit der Ölberg-Szene: die drei schlafenden Jünger, Jesus – und ein tröstender, stärkender Engel, in der Hand jenen Kelch, von dem Jesus nach Matthäus voll Todesangst fleht: "Mein Vater, lass ihn an mir vorübergehen." Geschaffen hat sie, auf kunsthandwerklich höchstem Niveau, ein Steinmetzmeister aus Vollmaringen, dessen Betrieb Claudius Wollensak heute noch in vierter Generation weitergeführt wird.

Die Szene ist eingefasst von einer romantischen Wandmalerei, die das nächtliche Jerusalem unter einem bestirnten Himmel darstellt. Irgendwann in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ließen der damalige Bürgermeister Lorenz Bollinger und seine Frau ein paar Meter talwärts das Kruzifix aufstellen, das 2009 – wie die gesamte Kapelle – restauriert wurde.

Große Prozession an Gründonnerstag

Die Beleuchtung der kurz darauf ebenfalls erneuerten Kreuzwegstationen geht auf einen Antrag des Gündringer Ortschaftsrats zur Landesgartenschau zurück.

Zu Gründonnerstag gibt es nach dem Gottesdienst immer eine Prozession mit Fackeln, ein Ereignis, an dem viele der 466 registrierten Katholiken Gündringens und immer mehr Gläubige teils auch von weit her teilnehmen.

Der ehrenamtliche Kirchenpfleger Wolfgang Baumgärtner, der mit Karl-Anton Kiefer einen Vertreter und in Angelika Teufel eine ordnende und schmückende Helferin beim Ölbergdienst hat, weist ausdrücklich darauf hin, dass die Glocke auch von allen Menschen zum Klingen gebracht werden darf, die sich auf den steilen Weg hinauf begeben. Droben von der Ruhebank vor der Ölbergkapelle bietet sich übrigens ein wunderschöner Blick auf Gündringen.