Das "Konzert im Burghof" musste zum dritten Mal in Folge in die Stadtkirche verlegt werden. Der Qualität tat das aber keinen Abbruch. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Nagolder Kammerorchester spielt ein stimmungsvolles Sommerkonzert in der Stadtkirche

Für viele ist es der kulturelle Höhepunkt des Jahres: der Auftritt des Nagolder Kammerorchesters kurz vor Ferienbeginn. In der Stadtkirche erlebten die Besucher ein imposantes Konzert.

Nagold. Stadtmusikdirektor Florian Hummel hatte sein aus mehr als 70 Musikern bestehendes Kammerorchester auf den Jahreshöhepunkt gut vorbreitet. Die Zuhörer in der vollbesetzten Kirche erlebten ein spielfreudiges Orchester, sie hörten durch und durch engagierte Solisten, und sie sahen einen hoch konzentriert und sicher dirigierenden Florian Hummel. Alles zusammen ergab ein abwechslungsreiches Sommerkonzert, wie man es selten erlebt – gerade wegen der Vielfalt der Werke, aber auch wegen dieses so motiviert aufspielenden Orchesters.

Rein klanglich betrachtet war auch die Entscheidung, das Konzert in der Stadtkirche und nicht im Burghof stattfinden zu lassen, eine gute Wahl. Denn in der Stadtkirche ein großes Orchester zu hören, das ist immer ein Erlebnis. Und da die Verlegung des Konzerts wegen drohender Gewitter eh Schicksal war, haderten Musiker und Zuhörer erst gar nicht lange mit der Entscheidung, sondern ließen sich gemeinsam auf dieses sommerliche Musikerlebnis in der ja durchaus auch stimmungsvollen Stadtkirche ein.

Orchestermitglieder: vom jungen Teenager bis zum Großvater

Ein sehr populäres Programm hatte Hummel mit seinen Musikern erarbeitet. Und ein sehr abwechslungsreiches Programm. Barockes traf da auf Romantisches, klassische Welthits auf epochale Filmmusik, Jazziges auf Walzertakt. So muss es sein, wenn ein Orchester den Anspruch erhebt, alle Generationen erfreuen zu wollen, und eben nicht nur den Klassikliebhaber. So spielte das Nagolder Kammerorchester eine gesunde Mischung, die ähnlich bunt daherkam, wie die Orchesterbesetzung selbst. Bekanntlich spielen in dem Kooperationsorchester von OHG und städtischer Musikschule alle Generationen mit – vom jungen Teenager bis zum Großvater.

Mit der Ouvertüre zu Franz Schuberts "Rosamunde" hinterließ das Kammerorchester vom ersten Ton an einen geschmeidigen Eindruck. Und bei dem anspruchsvollen Allegro aus Schuberts Sinfonie Nr. 5 präsentierte sich das Orchester homogen; musizierte selbstsicher wie aus einem Guss, mit zum Teil beachtlicher Leichtigkeit.

Bei Mendelssohns berühmtem Hochzeitsmarsch beeindruckten die Bläser mit ihren so triumphal anmutenden Partien. Das Orchester spielte das Stück an diesem Abend besonders inbrünstig – schließlich hatte Florian Hummel im Vorfeld verraten, dass zwei Mitglieder des Ensembles in Kürze heiraten werden. Der zusammen musizierte Hochzeitsmarsch kann da sicher als ein gutes Omen gewertet werden.

Schön war auch, dass Hummel in Vivaldis Violinkonzert a-Moll (Allegro) die Solopartien zwei Schülerinnen überließ und nicht etwa auf die Geigenprofis in seinem Orchester zurückgriff. Die Solistinnen Ann-Kathrin Krause und Corinna Geißler dankten dem Dirigenten für dieses Vertrauen mit einem gut aufeinander abgestimmten Zusammenspiel. Vom ersten Ton an war ihnen anzuhören, dass sie sich bestens auf ihre Solopartien in dem berühmten Stück vorbreitet hatten. Unterrichtet werden sie übrigens von Margret Hummel, die – selbst im Orchester sitzend – den Vortrag ihrer Schülerinnen auch genossen haben dürfte.

Bei Ravels Bolero konnten sich weitere Solisten auszeichnen – und nicht zu vergessen die Musiker am Schlagwerk, allen voran der Trommler, der wie ein Uhrwerk genau den Bolero-Rhythmus durchspielte – minutenlang.

Grenzgänger zwischen den musikalischen Genres

Es fällt schwer angesichts der Fülle imposanter Stücke, die an diesem Abend musiziert wurden, ein Hauptwerk zu benennen, ein Stück, das den Abend besonders geprägt hat. Der "Jupiter" von Gustav Holst aus seinem Werk "Die Planeten" aber hat auf jeden Fall das Zeug dazu. Das Orchester musizierte das farbenprächtige und facettenreiche Werk mit einer unglaublichen Energie. Eine Energie, die ansteckte und das Publikum gut gelaunt in die Pause entließ.

Danach stimmte man zunächst zartere Töne an. Die weltberühmte Melodie Espanoleta von Joaquin Rodrigo verzauberte auch die Besucher in der Stadtkirche. Christoph Kieser als Solist an der Querflöte zeigte, dass er nicht nur ein Virtuose an seinem Instrument ist, sondern dass Musik voller Leben und Emotionen steckt. Sein Spiel erreichte auf jeden Fall die Herzen vieler Zuhörer.

Dann kamen zwei weitere Stücke, die man getrost als Hauptwerke an diesem Abend bezeichnen könnte. Es sind typische Hummel-Werke. Der Stadtmusikdirektor überrascht nämlich immer wieder gerne sein Publikum mit modernen, populären Stücken – Grenzgängern zwischen den musikalischen Genres. Die Filmmusik von Howard Shore zu "Herr der Ringe" ist es unbedingt wert, von einem Orchester musiziert zu werden – vor allem, wenn das Orchester dabei mit soviel Herzblut und Engagement spielt wie an diesem Abend. Florian Hummel führte seine konzentriert aufspielenden Musiker sicher durch das abwechslungsreiche Stück, und damit die beeindruckten Zuhörer in ferne Fantasiewelten.

"Satchmo" war dann der krönende Abschluss des Abends – wenngleich auch noch zwei Walzer als Zugaben folgten. Mit "Satchmo" von Ted Rickett zeigte das Orchester ungeahnte Big-Band-Qualitäten. Das jazzige und swingende Medley mit Melodien von Louis Armstrong verzückte die Zuhörer – natürlich auch, weil es so überraschend und mitreißend vorgetragen wurde. Welche Kraft in diesem Orchester steckt, wie viel Talent in den einzelnen Musikern, gerade auch bei "Satchmo" war dies deutlich zu hören.

Und ein schöner Abschluss war es natürlich auch, als die Melodie von "What a Wonderful World" durch die Stadtkirche hallte. So passend zu einem wundervollen Abend.