Die Frauen des interreligiösen Kreises erzählten, wie sie Weihnachten verbringen oder verbracht haben. Foto: Pieske

Frauen verschiedenster Nationalitäten tauschen sich über das Weihnachtsfest und über ihre religiösen Bräuche aus.

Nagold - Es sind Frauen aus ganz unterschiedlichen Kulturen, die sich da regelmäßig im interreligösen Kreis treffen. Und doch wissen sie längst: Sie sind eigentlich gar nicht so verschieden – Weihnachten ist da eher ein wenig eine Ausnahme. Einmal im Monat treffen sich die Frauen des interreligiösen Kreises. Dann kommen evangelische und katholische Christen, Muslime, Angehörige der methodistischen und der griechisch-orthodoxen Kirche zusammen.

Klar, dass sie sich in der Advents- und Weihnachtszeit vor allem über eines ausstauschen: Wie verbringen sie und ihre Familien Weihnachten? Und: Wie gehen die Religionen mit dem christlichen Fest um?

Seit zwei Jahren sitzen sie in vertrauter Runde beisammen und haben schon oft festgestellt: Eigentlich sind sie gar nicht so verschieden. Wenn es um Weihnachten geht, dann aber schon. Im Islam und im Judentum zum Beispiel wird das Fest selbstverständlich nicht gefeiert. Und selbst die Christen am Tisch bemerken: Weihnachten lebt und zelebriert jeder anders. Das fängt schon bei der Frage an, wann der Christbaum aufgestellt werden darf. In der Bibel steht dazu nichts. Einig sind sie sich, dass er nicht mehr wegzudenken ist. Genauso wie der Adventskranz.

"Und worin liegt die Bedeutung der beiden Bräuche?", fragen die Muslima ihre Nebensitzerinnen. "Der immergrüne Baum verkörpert Leben, aus dem Grund ist es ein Brauch, das Haus mit etwas Grünen zu schmücken", erklärt eine Dame.

Väterchen Frost beschenkt Kinder

Und der Adventskranz zeige mit den vier allmählich anzuzündenden Kerzen die steigende Erwartung der Geburt Christi an, fügt sie hinzu.

"Wachsendes Licht" findet sich auch hinter den Fenstern jüdischer Familien zur Winterszeit. Pfarrerin Lisbeth Sinner beschreibt den Frauen das jüdische Lichterfest "Chanukka", das acht Tage dauert. Jeden Tag wird eine Kerze des Chanukka-Leuchters entzündet, der abends mit dem ersten Stern am Himmel an das Fenster gestellt wird. "Menschen sollen sich durch das Kerzenlicht eingeladen fühlen", so Sinner.

Der hohe Stellenwert des Lichtes, er zieht sich durch die Religionen. Auch im Islam spielt es eine tragende Rolle. Der Geburtstag des islamischen Propheten Mohammed wird ebenfalls als Lichterfest begangen, an diesem Tag erleuchten die Moscheen. "All diese Bräuche wirken auf mich so gar nicht fremd", meint eine Deutsche. "Es hört sich so an, als könnte man direkt mitmachen", sagt sie.

Mitmachen wollen oft auch die Kinder, erzählt eine türkische Mutter. Dieses Jahr zum Beispiel wünschte sich ihre älteste Tochter einen Adventskranz, da sei sie baff gewesen. "Ich muss mich erst mal an den Gedanken gewöhnen, vielleicht dann nächstes Jahr", sagt sie. Damit ihre Kinder in der Adventszeit nicht leer ausgehen, gibt es am 6. Dezember aber einen Schoko-Nikolaus.

Nicht der Nikolaus, aber die russische Märchenfigur Väterchen Frost beschenkte sie als Kinder, erzählen zwei Sibiriendeutsche in der Frauenrunde. Sie lebten als deutschstämmige Minderheit in Russland zu einer Zeit, in der die Religion stark unterdrückt wurde. Sie konnten Weihnachten nur ganz privat und heimlich zu Hause feiern. "Aber in der Schule gab es einen riesigen Weihnachtsbaum, und die Stadt verwandelte sich zu einem Märchenland aus Eis" erzählen sie.

Die Frauen teilen gerne ihre Geschichten. Und wer weiß: Vielleicht verbringen sie den Heiligen Abend auch einmal zusammen. "Ich kann mir gut vorstellen, die Einladung einer deutschen Familie anzunehmen", so eine Türkin auf die Frage, ob sie sich das Weihnachtsfest einmal anschauen würde.