Jaqueline Audas spielte die Ysaye-Violinsonate beinahe makellos Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Klassik: Sommermusik im Oberen Nagoldtal geht mit Schlusskonzert der Gluzman-Meisterklasse zu Ende

Mit einem begeisternden Abschlusskonzert im Kubus ist die Sommermusik im Oberen Nagoldtal zu Ende gegangen. Das Publikum sparte dabei nicht mit Bravo-Rufen.

Nagold. In den vergangenen zwei Sommerwochen wurde die Stadt Nagold zu einer internationalen Musiker-Pilgerstätte. Mit insgesamt zehn Konzerten – auch in Calw und Wildberg – sowie drei Begleitveranstaltungen wurde die 30. Sommermusik im Oberen Nagoldtal erneut zu einem großen Erfolg. Trotz Urlaubszeit nahmen viele Zuhörer das Veranstaltungsangebot in Anspruch und füllten die Konzertsäle- und Räume in der Region.

Das Abschiedskonzert im Kubus gestalteten 14 junge Violinisten der Meisterklasse von Vadim Gluzman (Chicago). Die talentierten Kursteilnehmer aus Europa und Nordamerika (ab 14 Jahren aufwärts), darunter wahre Hoffnungsträger der Violinistik, stellten ein dreistündiges Programm auf sehr hohem Niveau zusammen. Nicht zu überhören waren die Frische und Einfallsreichtum der Interpretationen sowie atemberaubende technische Zuverlässigkeit. Obwohl das Konzert kein Wettbewerb-Charakter hatte, verglichen die Zuhörer unwillkürlich ihre Eindrücke und die Beifallstärke. "Wow"- und Bravo-Rufe zeugten von allgemeiner Begeisterung. Den Maßstab setzten gleich am Anfang Gluzman und sein Altersgenosse Evgueny Sinayskiy (Klavier) mit den archaisch anmutenden Tänzen aus der "Suite italienne" von Igor Stravinsky.

Voller Wonne und Freude genossen die beiden Weltklasse-Künstler ihr Zusammenspiel, überboten sie sich lächelnd mit überraschenden Einfällen, mit zündenden Ideen, um dann, ihrer schier grenzenlosen Intuition folgend, eine gehörige Portion der rustikalen Vitalität dem edlen Klang und höfischen Esprit beizumengen. Es war einfach köstlich, diesem inspirativen, geistreichen Duell zuzuhören.

In dem Spiel der Kursteilnehmer spiegelte sich das Musikverständnis beider Meister wider. Den ersten Satz aus der Sonate A-Dur von Johannes Brahms verwandelte Darya Varlamova in die organisch fließenden Wellen der Poesie und Leidenschaft, Solvejg Sulamith Wilding hüllte das Allegro vivo aus der Violinsonate von Claude Debussy in einen zart-flüchtigen Klang-Schleier ein. An die verblichene Eleganz der Tanzkunst im zaristischen Petersburg erinnerte Valeriya Kurylchuk mit dem leichtfüßigen Valse-Scherzo von Peter Tschaikowski.

Eine ganze Palette der Gefühle tauchte in der Romanze aus der Sonate c-moll von Edvard Grieg auf, diese bereicherte Slava Atanasova mit feinen agogischen und dynamischen Abstufungen. In ähnlich zarten und doch kontrastreichen Rahmen fasste Lisa Götting das Allegro aus dem Violinkonzert D-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart ein. In der Violinsonate von Richard Strauss bestach ein einvernehmlicher Konsens hinsichtlich Phrasierung und Spannungsaufbau zwischen dem Geiger Leonid Baranov und seinem Partner Sinayskiy. Der begnadete Pianist übernahm sämtliche Klavierparts des Konzerts und gab diese exzellent zum Besten.

Auf dem Programm standen zwei populäre Vortragstücke von Camille Saint-Saens. Während Thomas Cooper in "Havanaise" (Habanera) das Gleichgewicht zwischen lieblichen Kantilenen und technischen Herausforderungen zu halten wusste, stellte der Jüngste, der risikofreudige Yanis Griso, seine Fingerfertigkeit und sprießende Reife in "Introduktion e Rondo capriccioso" auf den Prüfstand.

In einem vernebelten Klanglicht erschien der Kopfsatz der Violinsonate von Cesar Franck in persönlicher Auffassung von Dillon Jeffares, dann entfaltete Milica Zulus ihren glühend warmen Ton und eine Reihe verspielter Finessen im Ungarischen Tanz g-moll von Johannes Brahms.

Großmann bedankt sich bei Organisatorin

Sehr transparent und beinahe makellos in technischer Hinsicht gab Jaqueline Audas die sehr anspruchsvolle Solo-Violinsonate von Eugene Ysaye wieder, Lalita Svete ließ in der Bulgarischen Rhapsodie von Pantscho Wladigeroff ihrer Spielfreude freien Lauf und beeindruckte das Publikum kraft saftigen Klangs und einer hinreißenden Ausdrucks-Urkraft.

Lara Boschkor erfasste intuitiv den Charakter der Carmen-Fantasie von Henryk Wieniawski, skizzierte mit rassig-suggestivem, mal kokettem, mal ungezähmt leidenschaftlichem Violinklang die Wesenszüge der Operfiguren und Geschichte ihrer tragischen Liebe, wirkte authentisch, hielt Emotionalität und ausgereifte Technik in akkurater Balance.

Oberbürgermeister Jürgen Großmann bedankte sich bei der Sommermusik-Organisatorin Adelheid Kramer, beiden Star-Dozenten und ihrem Nachwuchs-Team für ihre organisatorische und künstlerische Arbeit.