Strahlende Gesichter: Familie Schulz wohnt glücklich in den eigenen vier Wänden im Neubaugebiet Am Rötenbad. Foto: Kauffmann

Häuslebauer haben es derzeit schwer, wenn sie nicht zu weit entfernt vom Zentrum bauen wollen.

Ngaold - Familie Schulz gehört zu den Glücklichen, die den Zuschlag für ein Baugrundstück im Rötenbad erhielten. Doch viele gehen leer aus: Die Nachfrage übersteigt das Angebot teilweise um das Sechsfache. Der Markt ächzt – und die Stadt muss neuen Baugrund erst erschließen.

Während der Regen auf den Bagger und die offene Baugrube fällt, herrscht drinnen schon Wohlfühlatmosphäre. Der kombinierte Wohn- und Essbereich mit dem flauschigen Sofa und dem Küchentisch in Sichtweite ist das Schmuckstück im neuen Haus: Familie Schulz hat sich im Neubaugebiet Am Rötenbad den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllt. "Wir sind froh, dass wir hier sind", sagt Natalie Schulz mit der lachenden Tochter Felicity Estella auf dem Arm.

Doch bis es so weit war, musste die junge Familie erst einen Bauplatz finden. Zu Beginn standen Grundstücke unter anderem in Jettingen, Schietingen, Gündringen, Ergenzingen und Bondorf zur Diskussion, zumal es in Stadtnähe zu Nagold schwierig war, überhaupt geeignetes Bauland zu finden. "Am Anfang haben wir die Baulücken in Nagold abgeklappert", erzählt Rudi Schulz.

Auf fünf erschlossene Bauplätze kommen etwa 30 Bewerbungen

Ein gutes halbes Jahr habe die Suche gedauert bis die junge Familie den Platz gefunden und erhalten hat. "Als wir vor hatten zu reservieren, waren schon einige Grundstücke weg", erinnert sich Natalie Schulz. "Es ist schon schwer", sagt sie weiter und ergänzt: "Man findet im Moment so gut wie nichts."

Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt Oberbürgermeister Jürgen Großmann diesen Eindruck: "Wir hatten zum Beispiel am mittleren Steinberg pro Bauplatz eine fünf- bis sechsfache Überziehung." Das heißt: Auf fünf erschlossene Bauplätze kommen etwa 30 Bewerbungen. Die Chancen liegen im besten Fall also bei eins zu fünf. Wer sich durchsetzen möchte, braucht gute Argumente.

Wie Großmann erklärt, würden Bewerber mit einem komplizierten Punktesystem ausgewählt. Da spiele zum Beispiel eine Rolle, ob es eine Familie ist, die ihre Kinder im künftigen Haus großziehen wird oder ob sich schon Wohneigentum im Besitz des Käufers befinde.

"Nagold ist ein attraktiver Bildungs- und Wirtschaftsstandort", begründet der OB die große Nachfrage. Junge Familien fänden alle Schularten und jede Form der Kinderbetreuung. "Das Angebot in Nagold wird ganz unterschiedlichen Lebenslagen angemessen gerecht", sagt er. Außerdem zählt er das "gute Image", die "Innenstadt mit Flair", die "verkehrsgünstige Lage" und die wirtschaftliche Stärke als Argumente auf, nach Nagold zu ziehen.

Das Beispiel der Familie Schulz zeigt, dass da etwas dran ist: Der Familienvater, Maschinenbautechniker und Konstrukteur, kommt schnell nach Herrenberg zu seinem Arbeitsplatz und die kleine Tochter hat den Kindergarten um die Ecke. Außerdem: "Nagold hat eine schöne Stadt und zum Einkaufen alles", betont Natalie Schulz. Sogar mit dem Fahrrad könne man die Stadt erreichen.

Wer schon ein eigenes Haus hat, kann sich glücklich schätzen. Zur Zeit weist die Stadt nämlich elf Bauplätze aus, von denen sich alle auf Pfrondorf, Schietingen, Gündringen und Vollmaringen verteilen. Die beliebten innenstadtnahen Bauplätze sind ausverkauft. Großmann: "Ich sehe es als eine meiner Hauptziele, mehr Baugebiete auszuweisen."

Er verweist auf rund 70 Bauplätze, die dieses und nächstes Jahr auf der Gemarkung Nagold neu erschlossen werden. Diese Zahl ist beträchtlich, hat die Stadt von 2014 bis 2016 doch nur 56 Bauplätze verkauft. Aus der Bauplatzverkaufs-Statistik, die dieser Zeitung vorliegt, geht außerdem ein tendenzieller Anstieg der Bauplatzverkäufe seit dem Jahr 2008 hervor.

Nachbargemeinden wittern bei Häuslebauern ihre Chancen

Das größte Neubaugebiet wird der Hasenbrunnen (das ehemalige Messegelände) in der Nähe zur Innenstadt sein, auf dem bis Ende 2018 40 Bauplätze erschlossen werden, im Reesengarten in Hochdorf sind es 13, am Baumschulenring am oberen Steinberg acht und in Mindersbach weitere drei. Die Kosten liegen, wie der OB mitteilt, bei etwa 250 bis 300 Euro pro Quadratmeter. Bei den aktuell ausgewiesenen Bauplätzen in den Ortsteilen sind es etwa 100 bis 150 Euro.

Für Familien mit Kindern verringert sich der Grundstückspreis um 3000 Euro. Damit fällt die Unterstützung im Vergleich mit umliegenden Gemeinden geringer aus. Diese Erfahrung machte auch Familie Schulz: "Schade, dass wir von der Stadt nichts bekommen haben", sagt Natalie Schulz. Einen Zuschuss hätte die Familie nämlich erst ab dem zweiten Kind bekommen.

Die Gemeinden im Umfeld Nagolds wittern längst ihre Chancen: Wenn es in Nagold keine Bauplätze gibt, rückt ein Platz in direkter Nachbarschaft ins Visier, zumal die Förderung einige Kilometer weiter bereits ab dem ersten Kind gewährt wird.

Dennoch: Froh steht Familie Schulz in ihrem neuen Schmuckstück. Stolz zeigt Rudi Schulz beim Hausbesuch, die von ihm konstruierte Treppe mit Podest, den zehn Meter hohen Schrank, Marke Eigenbau, sogar an eine Nische für einen Erste-Hilfe-Kasten hat der Konstrukteuer für das neue Heim gedacht – ein Ort, an dem die kleine Tochter behütet aufwachsen wird.