"Echte Kerle" sind nicht nur Kunden, sondern auch die Barber von "Klaus Barbershop" in der Nagolder Wolfsbergstraße (von links): Tim Ellenberger, der "Klaus" ehrenhalber, "Toby", Sascha Mozdzierz und "Nicki", die einzige Frau, die dort geduldet wird. Fotos: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Szene: Zu Besuch bei "Klaus" / Mit eigener Bartwixe und Bartöl der Marke Ruderknecht den Markt erobern

Wenn man(n) für eine Rasur von Konstanz oder Freiburg bis nach Nagold fährt, muss einem dort schon etwas ganz besonderes erwarten. "Klaus Barbershop" in der Wolfsbergstraße zum Beispiel. Der Treff für "echte Kerle", in den nur eine einzige Frau Zutritt hat.

Nagold. Kein Scherz. Das müssen regelmäßig all jene Damen erleben, die erstmals "ihren Kerl" in der Männer-Spiele-Ecke Nagolds abgeben: Frauen haben im "Klaus Barbershop" keinen Zutritt und werden bereits an der Tür abgewiesen. Einzige Ausnahme: die resolute "Nicki", eine der drei "Barber", die Inhaber Sascha Mozdzierz hier mittlerweile beschäftigt. Die andern beiden: "Toby" und Tim Ellenberger, letzterer ist der "Klaus" ehrenhalber, der dem Barbershop seinen Namen gegeben hat.

Warum "Klaus"? – "Es ging um einen echt kernigen Männer-Namen", erläutert Mozdzierz. Es gäbe ja auch die Dependance für Frauen – und die heißt "Uschi". Beide Namen Synonyme für das jeweilige Konzept. "Uschi" als Reminiszenz an die 80er-Jahre – "Manta, Manta" lässt grüßen. "Klaus" als Ode an die Oldschool-Qualitäten des kernigen Handwerks, auch an den heimischen Schwarzwald, wo echte Kerle noch Holzhacken, nach Wald riechen, was aushalten und alles sind – nur nicht angepasst.

"Wir sind die Wixer aus Nagold"

Sascha Mozdzierz stellt eine Flasche "Ruderknecht Bart-Øl" auf den Kassentresen, dazu eine Dose "Ruderknecht Bart-Wixe". – "Wir sind die Wixer aus Nagold", lacht Mozdzierz. Wer jetzt gerade pikiert guckt: Mit Wixe bringt man(n) seinen Bart in Form. Wer nicht weiß, was gemeint ist, schaut Alex, dem "Klaus" ehrenhalber, ins Gesicht – der Schnauzer seines Pracht-Barts läuft in schwungvollen Zügen nach oben aus. Dass ein Bart solche Formen annimmt – und behält – dafür braucht es "Wixe". "Die beste am Markt."

Und damit die Pracht-Bärte echter Kerle nicht die ganze Zeit "piksen", dafür gibt es das Bart-Öl (deutsche Schreibweise), damit die borstigen Haare weich und geschmeidig werden. "Es gab nichts auf dem Markt, was uns wirklich zufriedenstellte." Also tat man sich mit dem Hersteller Schupp aus Dornstetten zusammen und entwickelte eigenes Bart-Öl und -Wixe. Wobei deutlich wird, wie ernst es die Barber-Herren aus Nagold mit ihrer Mission wirklich meinen: "Das hat über ein Jahr gedauert, bis wir hatten was wir wollten." Was soviel Arbeit machte, war der richtige Duft für das Bart-Öl. "Echt" sollte es riechen, authentisch nach "Mann". So als würde man(n) gerade aus dem Wald kommen – vom Holzmachen zum Beispiel. Aber nur am Anfang sollte dieser Duft da sein, wenn man morgens seinen Bart geschmeidig macht für den Tag. "Spätestens zum Essen muss der Duft verflogen sein, damit nicht das Essen danach riecht – wenn man sich seine Nudeln durch den Bart zieht..." Bart-Öl mischen ist eben eine Wissenschaft für sich.

Eine Mischung, die nach "Mann und Wald" riecht

Insgesamt 25 verschiedene Duft-Proben wurden so "abgerochen", wie man dieses Aroma-Komponieren nennt. Und ausgiebig am eigenen Bart getestet. Heraus kam eine Mischung auf Basis von Jojoba- und Mandelöl, die nach Tabak, Hölzern, Fichte – eben nach "Mann und Wald" riecht. Größtes Kompliment, dass das Gemisch bisher einheimste: "Ein Förster, der zu uns kam, um seinen Bart trimmen zu lassen, bestätigte, dass er mit unserem Bart-Öl riecht, als würde er tatsächlich aus dem Wald hier im Schwarzwald kommen." Mission erfüllt.

Brauchte das Kind noch einen Namen. Und "wie alle gute Ideen fing das mit Suff an", erläutern Tim, Sascha und Alex Schwarz; was letzterer in der Runde zu suchen hat, dazu kommen wir noch. Erstmal zu dem "Suff", der die Idee vom "Ruderknecht" gebar. "Wir wollten wieder einen kernigen Namen als echte Marke. Mit einer passenden Legende." Der Ruderknecht sei "die ärmste Sau" früher auf den Flößen gewesen, mit denen das Holz vom Schwarzwald nach Holland geschafft wurde. In Holland, wenn es den Lohn für die harte Arbeit gab, hat sich der Ruderknecht endlich einen echten Haarschnitt samt Rasur gegönnt. Und es sich gut gehen lassen. Es ist nicht klar, ob es früher wirklich so war. Aber es ist eine gute Geschichte. Und sie klingt gut.

Holland aber – Amsterdam – die Trips der heutigen "echten Männer" aus dem Schwarzwald dorthin, sind schon eine echte Inspiration für das Gesamtkunstwerk Barbershop. Zu dem auch der bereits erwähnte Alex Schwarz gehört, der Cousin von Sascha, der gerade sein ehemaliges Unternehmen "Motor-Ass" in Haiterbach mit einem Neubau und großer Neueröffnung zum "Black-Bike Crafträder" reifen ließ. Motorrad war gestern. Was hier entsteht sind Marken-Welten, die echtes "Crafting" zelebrieren, wie man gutes altes Handwerk heute nennt. "Die Brands, die Marken, transportieren ein Lebensgefühl", erläutert Sascha Mozdzierz. Was Magnet-Wirkung entfaltet: Tatsächlich kommen die Kunden bis aus Konstanz und Freiburg, um sich hier in Nagold den Bart verwöhnen zu lassen. Aber eben nicht nur. Es geht darum, mal ganz Mann sein zu dürfen – unter Männern. Sich als ganzer Kerl zu fühlen. Unter sich zu sein. Schmutzige Witze zu reißen. Nicht political correct sein zu müssen.

Hundert Quadratmeter im Herzen der Stadt

Der Erfolg gibt diesem subversiven "Guerilla"-Konzept recht. Anfang 2015 ist Klaus Barbershop in der Nagolder Bahnhofstraße gestartet, als Experiment. "Nach sechs Wochen hat es richtig Spaß gebracht." Nach einem halben Jahr zog man in die Wolfsbergstraße um, Anfang nächsten Jahres soll die nächste Expansion folgen – in die Marktstraße 17. Hundert Quadratmeter im Herzen der Stadt, mit den Show-Bikes von Alex Schwarz im Schaufenster. Dazu folgt in diesen Tagen der eigene Online-Shop, um die bundesweite Nachfrage nach Ruderknecht-Produkten befriedigen zu können. Denn die sind längst Kult, weit über den Schwarzwald hinaus.