"Kreislauf", die blaue Stahlskulptur des jungen Studenten Marlon Kai Zadok Lanziner, beeindruckte die Teilnehmer der Führung. Foto: Martin Bernklau

Judith Bruckner eröffnet für den AK Innenstadtgestaltung im Bürgerforum den Skulpturen- und Brunnenpfad.

Nagold - Eine besonders klare Spätsommersonne rückte die Nagolder Kunst ins rechte Licht. Zum 20-jährigen Bestehen des Bürgerforums eröffnete der Arbeitskreis Innenstadtgestaltung den Skulpturen- und Brunnenpfad mit einem sehr gut besuchten Spaziergang und der neuen Broschüre.

Sprecherin Judith Bruckner empfing die Kunstfreunde am Arbeitsamt zur Führung. Auch Oberbürgermeister Jürgen Großmann ließ es sich nicht nehmen, die rund 40 Teilnehmer zu begrüßen. Denn in seine Amtszeit fällt mit der Landesgartenschau ein echter Schub an Kunst im öffentlichen Raum, einer der wenigen in der Historie.

Denn das einst eher arme Bauern- und Handwerkerstädtchen Nagold, so erklärte die aus Amerika stammende Judith Bruckner, war "lange kein fruchtbarer Boden für Kunst", von den öffentlichen Brunnen vielleicht abgesehen. Protestantische Bilderstürmerei nach der Reformation und pietistische Ablehnung von Protz und Prunk taten ein Übriges. Erst mit dem Wohlstand der bundesrepublikanischen Siebzigerjahre entwickelte sich so etwas wie zeitgenössisch-moderne "Kunst am Bau".

Dafür sind die 1993 entstandenen Skulpturengruppen des Bildhauer-Professors Johannes Brus an der heutigen Agentur für Arbeit ein schönes Beispiel, damals für unvorstellbar günstige 117 000 D-Mark angeschafft. Sie stellen mit den beiden Stahl-Beton-Säulen an der Bahnhofstraße und der aus Beton stilisierten Hochdruckpresse samt realistischem Nashorn die Formen der Arbeitswelt reiner Natur gegenüber.

Aus der Kunststraße zur Gartenschau kauften der Arbeitskreis und die Stadt 2012 mit "Kreislauf" die blaue Stahlskulptur des jungen Studenten Marlon Kai Zadok Lanziner an, die nun die Stufen am Gerichtsplatz ziert, wo bald auch die "Brunnenschale" nach einer Idee von Guido Grüner aus dem Stadtplanungsamt den im Zweiten Weltkrieg zerstörten Langbrunnen ersetzt. Das Geld dafür stiftete übrigens eine verstorbene Nagolderin aus ihrem Nachlass. Zu Grüners "Architektonischem Brunnen" am Waldach-Kreisel kam die Gruppe später.

Das heimische rote Gestein prägt auch den wahrzeichenhaften Urschelbrunnen

Seit 2005 spendet der nüchtern elegante Granit-Brunnen des Horber Künstlers Josef Nadj am Vorstadtplatz Wasser, während unweit davon Gernot Rumpfs sechs Jahre älterer Fabelbrunnen vor dem Alten Turm in Bronze und Buntsandstein ganz verspielt Geschichte und Geschichten erzählt. Das heimische rote Gestein prägt auch – inzwischen als Kopie – den wahrzeichenhaften Urschelbrunnen zu Ehren der "wüsten" Wohltäterin von 1774 und den unteren Marktbrunnen, gleichfalls aus der Zeit des barocken Herzogs Carl Eugen.

Dass vor allem Männer und Jungs den Kugelbrunnen auf der Kunstrasen-Lounge am Oberamteiplatz lieben, ist Judith Bruckner aufgefallen. Er wurde 1990 als physikalisches Wunderding auf dem Wasserfilm wie in vielen anderen Städten erbaut. Der "Ironman" des slowenischen Künstlers Roman Savinšek im Kleb erinnert mit seinem stilisierten Sozialistischen Realismus an die Stahlkocher in der slowenischen Partnerstadt Jesenice. Die Kopie eines größeren Originals ist allerdings nicht aus Stahl, sondern hat mit ihrer dünnen silbrigen Außenhaut schon unter dem Transport zur Landesgartenschau gelitten.

Am Steg über Waldach und Nagold hingegen leuchtet "C’est la vie" der Nagolder Künstlerin Ingrid Rittersbusch als sogenanntes Cut-out-Paar aus stabilem Stahl in leuchtendem Rot. Der Spaziergang führe über Josef Hambergers hölzern vergängliche "Begegnung 2", Rolf Eschers "Formenkreis keltisch" am Grabhügel und die "Wachsende Kirche" zu den rostbraunen Skulpturen "Die vier Elemente" und "Welle" an der Waldach, die von der im Arbeitskreis mitwirkenden Künstlerin Barbara Wieland entworfen wurden.

Auch Wolfgang Folmers neuer Novalis-Baumstamm unter dem Viadukt, der ältere Bronze-"Merkur" Heinrich Rohwedders bei der Firma Häfele und schließlich das 1960 von Eduard Raach-Döttinger geschaffene asketisch strenge Kriegerdenkmal auf dem Friedhof an der Remigiuskirche gehören noch zum Skulpturen- und Brunnenpfad, der mit der sehr übersichtlichen Broschüre "Augen öffnen will für Kunst in Nagold", so Judith Bruckner.

Die rundum begeisterte Gruppe kehrte nach dem zweistündigen Rundgang zum regen Austausch und zur Stärkung in der Alten Moste ein.