Durchaus stattlich: Der Blick auf Nagolds Hauptverkehrsachse. Im Osten und Westen der Marktstraße standen früher Tore. Deren Abbruch im Jahr 1815/16 hat Heinrich Zeller als junger Mann erlebt. Foto: Steinhaus

Museum im Steinhaus geht der Frage nach: Wie sah das Nagold von Gottlieb Heinrich Zeller vor 160 Jahren aus?

Nagold - Nagold, vor 160 Jahren: Ein hagerer Mann, gut situiert und doch bescheiden gekleidet, steht in der Marktstraße. Er ist ein angesehener Bürger dieser Stadt. Freundlich grüßen ihn die Passanten. Er erwidert den Gruß, dann schreitet er voran, auf Nagolds Hauptverkehrsachse, vorbei am Marktbrunnen, der damals noch nicht Urschelbrunnen genannt wurde, direkt daneben die barocke Fassade des Rathauses mit den Arkaden. Dann geht es am Hofackerkaus vorbei bis zu seinem Geburtshaus – der Zellerschen Apotheke – in dem er bis zum Jahr 1842 gelebt und gearbeitet hat.

Gottlieb Heinrich Zeller – vielseitig ist in diesem Jahr die Erinnerung an den bekannten Nagolder Vorzeige-Bürger. Vor 150 Jahren ist er gestorben. Doch wie sah es aus, Zellers geliebtes Nagold? Im Nagolder Museum im Steinhaus wird dem Bild Alt-Nagolds nachgespürt – eine Zeitreise, auf die sich auch der Schwarzwälder Bote begeben will. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Marktstraße.

Die Marktstraße, das ist auch für Zeller die wichtigste Straße. Die meiste Zeit seines Lebens verbringt er dort. Hier wird er geboren, hier betreibt erst sein Vater, dann später er selbst die Zellersche Apotheke – die damals einzige Apotheke in der Stadt. Nagolds Altstadt ist zu Zellers Zeiten eigentlich von engen Gassen geprägt. Die Ausnahme bildet die Marktstraße. "Eine schöne breite Straße führt mitten durch die Stadt, und herrliche Kaufläden laden durch ihre zur Schau aufgestellten Waren die Kauflustigen ein", heißt es in einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1831 – Zeller ist da 37 Jahre alt. Auch er mag diese Zeilen gelesen haben. Die Marktstraße ist schon damals das Rückgrat der Stadt, das urbane Aushängeschild wenn man so will. Wenngleich es ein wenig schwer fällt, bei etwa 2500 Einwohnern von Urbanität zu sprechen. "Hier in Nagolds bester Lage sind die Zentren der städtischen, königlichen und kirchlichen Verwaltung", heißt es im Text zur Zeller-Ausstellung. Hier wohnt der Stadtschultheiß Fuchsstadt und der letzte Nagolder Amtsschreiber Viktor Hofacker – ein Verwandter der Zellers übrigens.

Weitere honorige Marktstraßenbewohner gefällig? Der Stadtpfarrer, der Wundarzt, der Buchdrucker und Herausgeber der Lokalzeitung, fleißige Kaufleute, manche Mitglieder des Magistrats.

Die Marktstraße wirkt im 19. Jahrhundert durchaus stattlich. Die Häuser, die die Straße säumen, machen etwas her. Doch der Schein trügt. Reichtum herrscht auch hier nicht vor – wenn auch die besser gestellten Bürger Nagolds dort leben. Die meisten Häuser haben mehrere Besitzer. Zwei bis drei Familien bewohnen in der Regel ein Haus.

Die Marktstraße ist aber damals schon das Handelszentrum der Stadt. Dinge des täglichen Bedarfs werden verkauft: Bäcker, Metzger, Hafner, Tucher, Gerber, Schuster, Seiler, Stricker und Flaschner – alle haben sie sich in der Marktstraße angesiedelt. Und nicht zuletzt die Nagolder Traditions-Gaststätten: Der Ochsen, der Engel und der Hirsch liegen nur wenige Meter auseinander.