Das Anker-Areal aus der Vogelperspektive: Dessen Neubebauung wird richtungsweisend sein für die städtebauliche Entwicklung der Stadt. Foto: Stadt Nagold

Kopfbau auf dem Anker-Areal soll fünf Geschosse nicht überschreiten. "Wann verliert eine Stadt ihre Seele?" Mit Kommentar.

Nagold - Der Nagolder Stadtrat hat bei der Bebauung des Anker-Areals mit der EWG Nagold einen Favoriten unter den Investoren gekürt, ihm zugleich aber auch Grenzen gesetzt, was die Höhe des Bauwerks und auch was dessen Durchlässigkeit anbelangt. Mancher Stadtrat malt schon ein "Klein-Manhattan" an die Wand. Es war gleich der erste Tagesordnungspunkt nach der feierlichen Amtseinsetzung, der es in sich hatte: die Bebauung des früheren Brauereigeländes an der Waldach, die richtungsweisend sein wird für die künftige Stadtentwicklung, vor allem, was die Höhe der Bauten anbelangt. An den sechs Geschossen, die von allen Investorengruppen auf dem Anker-Gelände angestrebt werden, stießen sich viele Bürger schon bei der städtischen Informationsveranstaltung vor wenigen Wochen.

Nun meldeten sich auch im Stadtrat Kritiker an diesem Drang zu "höher, schneller, weiter", wie es Michael Stikel (Freie Wähler) formulierte, der angesichts der "Goldgräberstimmung" in der Stadt prophezeite, dass "spekulative Grundstückspreise zu einer höheren Verdichtung" führen würden. Man müsse der "Gewinnmaximierung von Investoren" Einhalt gebieten, sagte er, "sonst haben wir hier bald eine Art Klein-Manhattan im Nordschwarzwald".

Auch CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäfer äußerte erhebliche Bedenken an der Masse und an der Höhe des Gebäudes und plädierte dafür, mit den kritischen Anregungen aus der Bürgerschaft sensibel umzugehen, "damit die Stadt ihre Seele behalten kann". Fraktionskollege Helmut Raaf griff dieses Bild auf und stellte die rhetorische Frage in den Raum: "Wann verliert eine Stadt ihre Seele?" Das Stadtbild, forderte er, dürfe sich nicht am Investoreninteresse messen. "Empört" zeigte er sich, weil zwischen dem zweiten und dritten Gebäude keine Durchlässigkeit bestehe: "Wir wollen frei durchlaufen bis zum Bach und nicht gegen eine Mauer prallen". Dieser Forderung schlossen sich auch alle anderen Fraktionen an, die sich – mehrheitlich – auch für eine Begrenzung des Kopfbaus auf fünf Geschosse aussprachen. Nur SPD-Fraktionschef Rainer Schmid hatte an den geplanten sechs Geschossen nichts auszusetzen und befand: "Wir müssen auch ein bisschen was wagen."

Und noch ein Riegel wurde vorgeschoben: Die Investoren müssen dem Stadtrat belastbare Kostenberechnungen vorlegen, um zu vermeiden, dass unter womöglich entstehendem Kostendruck aufgrund der vorgegebenen Änderungen das architektonisch anspruchsvolle Gebäude auf ein Normalmaß zurückgestutzt wird. In einem solchen Fall kündigte Wolfgang Schäfer im Namen seiner Fraktion an, einem Verkauf des Geländes an den Investor nicht zuzustimmen.

Oberste Priorität, da waren sich alle Räte einig, habe die Qualität der Architektur. Grünen-Stadträtin Brigitte Loyal bedauerte es in diesem Zusammenhang indes, dass "wieder kein günstiger Wohnraum entsteht".

Für Oberbürgermeister Jürgen Großmann ist die Marschrichtung bei den Verhandlungen mit den Investoren damit vorgegeben. Offen ist nun, welche Investorengruppe unter diesen Bedingungen im Rennen bleibt. Im Oktober will das Stadtoberhaupt beschlussfähige Vorschläge vorlegen. Auch die Bürger sollen nochmals im Rahmen einer Informationsveranstaltung in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Kommentar: Guter Start

Roland Buckenmaier

Das war ein guter Start des Nagolder Stadtrates in die neue Amtsperiode. Nicht der großen Gesten und der würdevollen Zeremonie wegen, von der diese konstituierende Sitzung getragen war, sondern weil, kaum in Amt und Würden, der von der Bürgerschaft qua Votum erteilte Auftrag, der Stadt Bestes zu suchen, ernst genommen wurde. Die unüberhörbare Kritik vieler Bürger an den Anker-Plänen haben ihre Wirkung nicht verfehlt: Der Gemeinderat hat den Investoren klare Grenzen aufgezeigt – und das ist gut so. Aus dem guten wird ein sehr guter Auftakt, wenn der Aufschrei im Stadtrat Früchte trägt und die geplante »Kiste« auf dem Longwyplatz schnell begraben wird. Lieber noch ein paar Jahre ein Provisorium, bis eine bessere Lösung gefunden wird, als einen solch potthässlichen Bau für 50.000 Euro an die Nagold zu stellen, den so niemand haben will.