Adrian Kolsen betreibt seit 13 Jahren Bodybuilding. Foto: Privat

28-jähriger Adrian Kolsen belegt bei deutschen Meisterschaft Platz drei. Zwischen Diät und Gewichten.

Nagold - Keine Milchprodukte, kein Brot, kein Zucker. Dafür reichlich Fisch, Hähnchen, Reis und Eier. Nicht gerade eine Traumvorstellung für Jedermann, wenn es ums Essen geht. Für Bodybuilder Adrian Kolsen ist genau das in den vergangenen Monaten zur Normalität geworden.

Nun ist aber erst mal Entspannung angesagt: Nach einem dritten Platz unter 14 Konkurrenten bei der Deutschen Meisterschaft am vergangenen Samstag hat sich der 28-Jährige eine Ruhepause verdient. Wenn sie auch nicht von langer Dauer sein wird.

"Ich darf gerade nur trinken, was abgemessen ist", lehnt Kolsen das Angebot eines Wassers beim Redaktionsbesuch einige Tage vor dem Wettbewerb dankend ab. Er müsse gerade genau sechs Liter am Tag trinken. Nicht mehr und nicht weniger. In der Woche zuvor waren es einige Tage lang sogar zehn bis zwölf Liter. Bis zum Wettkampftag reduziere sich das stetig, bis der 28-Jährige am Tag der Meisterschaft gar nichts mehr trinken dürfe, erklärt er. Weil mehr ausgeschieden wird als aufgenommen, entwässert der Körper und die Muskeln kommen noch besser zur Geltung.

Kolsen, in der Nähe von Donaueschingen aufgewachsen und erst seit einigen Monaten in Nagold lebend, betreibt den Sport seit 13 Jahren, seit zwei Jahren professionell mit eigenem Trainer und Sponsor. Vor etwa drei Wochen gewann er bei der baden-württembergischen Meisterschaft in Schorndorf den ersten Preis und qualifizierte sich damit für die Deutsche Meisterschaft in Wiesloch. "Damit hab ich überhaupt nicht gerechnet", freut er sich. Eigentlich habe er nur aus Spaß teilgenommen. Die Vorbereitungszeit aber war knallhart: Erst steht monatelang der Aufbau an. Das heißt: 7500 Kalorien am Tag zu sich nehmen, intensives Training.

Danach kommt der wohl belastendste Teil der Vorbereitung, der dem verbliebenen Körperfett den Garaus machen soll: Die Diät. "Eine Wettkampfdiät kann man mit einer normalen nicht vergleichen", betont der Sportler. Jede einzelne Mahlzeit ist durchgeplant, es wird alles vorgekocht und dann mitgenommen. Entspannt ins Restaurant oder auf ein Straßenfest? In der Diät-Phase undenkbar. Dann stehen ausschließlich Vollkornprodukte, Fleisch, Fisch und Eiweiße auf dem Speiseplan. Auf der Bühne stand Kolsen mit einem ungefähren Körperfettanteil von 2,8 Prozent. Zum Vergleich: Als "normal" gilt ein Anteil zwischen zwölf und 20 Prozent bei Männern. Den Versuchungen Chips, Gummibärchen oder Schokolade, die dem "Otto Normalverbraucher" bei Diätversuchen oftmals zum Verhängnis werden, widersteht der Bodybuilder mit links. "Mit dem inneren Schweinehund hab ich kein Problem", betont er. "Dazu hab ich zu viel Disziplin. Mich zwingt ja keiner."

Trotzdem bleibt auch der Sportler vor den Folgen einer strengen Diät nicht verschont: Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwäche, Lustlosigkeit und zuweilen sogar Schlafstörungen. Hinzu kam in den Tagen vor dem Wettbewerb, dass er quasi ununterbrochen auf die Toilette musste – bei sechs bis zehn Litern Wasser am Tag kein Wunder. Das Training – rund eine Stunde Krafttraining plus zusätzliche Zeit auf dem Cross-Trainer oder dem Rad täglich kann trotz allem nicht vernachlässigt werden. "Man braucht auf jeden Fall eine starke Partnerin, wenn man das macht", sagt er. Sonst werde das zeitintensive Hobby schnell zum Beziehungskiller. Da die Freundin von Kolsen aber selbst Bodybuilderin in der Bikini-Klasse ist, könne sie gut nachvollziehen, was er durchmacht. "Und wenn man das überstanden hat, kriegt einen so schnell nichts mehr auseinander."

Bei allen Strapazen muss Kolsen natürlich auch seiner normalen Arbeit als Kunststofftechnologe nachgehen. Nach der Ausbildung hatte er zwar noch Fitnessökonomie studiert, sich aber schließlich doch für seinen Ausbildungsberuf entschieden. In seinen Augen sei es reine Gewohnheit, den Sport mit dem Job zu vereinbaren. "Es gibt keine Ausreden, das ist alles Organisationssache", bekräftigt er. Allerdings: Für so ein Mammutprojekt wie die deutsche Meisterschaft, brauche man schon einen kulanten Arbeitgeber.

"Warum das alles?", fragt man sich immer wieder, wenn Kolsen von seinen Strapazen erzählt. "Man strebt nach Perfektion", ist seine schlichte Antwort. Was eine Skulptur für einen Bildhauer ist, das sei der eigene Körper für einen Bodybuilder – "man schaut in den Spiegel und findet immer eine Stelle, die noch besser werden kann." Außerdem: "Die zwei Minuten auf der Bühne sind zwei Jahre Vorbereitung wert, definitiv." Insbesondere wenn dann auch noch so eine gute Platzierung dabei herausspringt wie bei der deutschen Meisterschaft. "Für das erste Mal bin ich wirklich zufrieden, auch wenn einiges schief gelaufen ist, was das Timing betrifft", meint Kolsen. "Das nächste Mal muss es aber der erste Platz werden."

Nach dem Erfolg will der Bodybuilder erst einmal nichts machen. Nur essen. "Aber wahrscheinlich krieg ich schon nach zwei, drei Tagen ein schlechtes Gewissen und fange wieder an zu trainieren." Für Kolsen ist es völlig unverständlich, dass das Bodybuilding in Deutschland nicht den besten Ruf hat. "In den Staaten wird man als Gott gesehen, aber hier wissen die Leute gar nicht was dahintersteckt", bedauert er. Auch im Alltag werde er oft mit Vorurteilen konfrontiert. "Allein das Posen beim Wettbewerb stellen sich die Leute immer so leicht vor", meint er. "Aber ich hatte beim Üben schlimmeren Muskelkater als von dem ganzen Training davor."