Die Mopedsenioren aus Nagold bei der Saisoneröffnung zur Burg Katzenstein (Bild oben). Das Emblem des Clubs stellt klar: Hier geht es um richtiges Motorradfahren – nicht ums gemütliche Cruisen. (Bild links).                                                                              Fotos: Ziefle/Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Vor 20 Jahren hob Waldemar Ziefle die Mopedsenioren Nagold aus der Taufe / "Ich will Kurven fahren"

Von Axel H. Kunert

Nagold. Für Waldemar Ziefle aus Nagold ist das Motorradfahren der Jungbrunnen. "Meine Schulkameraden von einst sind heute mit dem Rollator unterwegs", erzählt der knapp 83-Jährige. Er mit seinem Fünf-Zentner-Moped.

Und er sei stets schnell unterwegs. "Ich will Kurven fahren. Das ist meine Freude." Das langsame Cruisen, also das gemütliche Ausfahren etwa mit einem blubbernden Custombike, das sei seine Sache nicht. Bei den Mopedsenioren Nagold, die er vor ziemlich genau 20 Jahren mit einem Aufruf im Schwarzwälder Boten ins Leben rief, findet er bis heute Gleichgesinnte aus der gesamten Region, mit denen er in den warmen Monaten regelmäßig unterwegs ist – aber nicht an den Wochenenden, wenn sowieso alle anderen Freizeitfahrer unterwegs seien. "Wir sind alles Rentner, Pensionäre – wir können unter der Woche fahren." Genauer montags. 300, 400 Kilometer Hochkonzentration auf dem "Feuerstuhl" kommen da gerne mal zusammen bei solch einer Ausfahrt. Adrenalin pur zwischen Alb, Schwarzwald und Vogesen. Genau das halte ihn jung und fit.

Sein erstes Moped habe er 1954 gekauft, erzählt Ziefle. Ein Jahr nachdem er seinen ersten Führerschein für Motorräder bis 250 Kubik in der Tasche hatte. Eine NSU Lambretta. Die hatte sieben PS. "Mehr als ‘ne Vespa." Geld für ein Auto hatte man damals nicht bei einer Mark Stundenlohn. Und die Mädels fuhren auch viel lieber auf dem Sozius mit, so ein hintersinnig lächelnder Waldemar Ziefle. "Die saßen dann im Petticoat hinten schräg auf dem Sattel." An Sicherheit – Ledermontur, Schutzhelm – dachte damals noch niemand. So ging es zum Tanzen nach Bad Liebenzell. Eine herrliche Zeit, wenn man Ziefles beim Erzählen noch heute leuchtenden Augen trauen darf.

Ziefles älterer Bruder fuhr schon damals eine BMW. Die erste in Nagold. "Eine tolle Maschine." Die ganze Familie Ziefle hatte Benzin im Blut. Vom Vater hängt noch ein Bild bei Waldemar Ziefle im Wohnzimmer – aus den 1920er-Jahren, der Vater auf einer der ersten Zündapps. Ziefle selbst wechselte bald zu einer NSU Prima, dem Nachfolgemodell der Lambretta. Doch bereits 1957 sei der Zauber auf zwei schnellen Rädern für ihn dann erst einmal vorbei gewesen. Da machte er endlich den Autoführerschein. "Weil die Mädels da nicht mehr auf dem Moped mitfahren wollten", sagt Ziefle augenzwinkernd.

Rund dreieinhalb Jahrzehnte dauerte für Ziefle die Moped-freie Zeit. Dann gab es Anfang der 1990er-Jahre neue Führerscheine. Und da er seine Fahrerlaubnis fürs Motorrad schon 1953 erworben hatte, wurde ihm von Amtswegen ein "Upgrade" der Fahrerlaubnis auch für große Motorräder "geschenkt". Gleich am nächsten Tag habe er sich seine erste eigene BMW gekauft – mit 600-Kubik-Motor. Und seine erste Tour sei an das Grab seines mittlerweile verstorbenen großen Bruders gegangen, um ihm die tolle Maschine zu zeigen. "Früher hatte er mir ab und zu seine ausgeliehen." Diese Leidenschaft war etwas, das sie über die Zeiten miteinander verband.

Mittlerweile hat Waldemar Ziefle seine dritte BMW – eine schmucke R1150 mit 96 PS. Mit selbstgefahrenen 166 000 Kilometern auf dem Tacho. "Das können die Menschen immer nicht glauben, wenn sie den Kilometerstand sehen. Aber die Kilometer habe ich tatsächlich alle selbst auf dem Sattel verbracht." Von schweren Unfällen sei er bisher zum Glück stets verschont geblieben. Nur kleinere "Zwischenfälle" habe es gegeben, etwa, wenn er nach dem Tanken sein "Moped" wegschieben wollte, um die Tanksäule für einen Moped-Kollegen freizumachen. Zweimal sei ihm so die Maschine umgekippt, "und die hebst du dann nicht mehr alleine auf." Da sei es dann gut, die Gruppe der Mopedsenioren dabei zu haben. Gemeinsam hätten sie noch jede solcher Herausforderungen gemeistert.

Organisiert seien die Mopedsenioren Nagold als ein Club, kein Verein. "Ein lockerer Zusammenschluss von Motorradbegeisterten im Alter 65plus." In Spitzenzeiten seien sie bis zu 20 Teilnehmer bei den Ausfahrten gewesen, heute regelmäßig so um ein Dutzend. Die große Jubiläums-Ausfahrt zum 20. Geburtstag ging jetzt im Mai zur Katzenstein-Burg auf der Alb – ein regelmäßiges Ziel der flotten Biker-Truppe. Für neue Mitglieder seien die Mopedsenioren Nagold stets offen. Und dafür müsse man auch nicht unbedingt aus Nagold kommen. "Bei uns sind Mitfahrer bis aus Stuttgart und Böblingen dabei." Im Winterhalbjahr, wenn Ausfahrten nicht möglich seien, treffe man sich jeden ersten und dritten Dienstag im Monat im Naturfreundehaus in Nagold zum Stammtisch. "Und im Dezember zur gemeinsamen Weihnachtsfeier." Wer neugierig ist, kann sich einfach telefonisch bei Waldemar Ziefle, dem "Moped-Ältesten", melden: 07452 / 669 97. Er gibt gerne Auskunft, welche Ausfahrten als Nächstes anstehen. Und koordiniert "je nach Wetterbericht im Schwabo" Treffpunkt und Ziel der gemeinsamen Touren.