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Gebaut Anfang der 60er-Jahre, stehen im Nagolder Verbandsklärwerk kostspielige Sanierungen an.

Nagold - Jede Sekunde strömen Hunderte Liter Abwasser ins Klärwerk. Finanziert wird es von den Gemeinden des Abwasserzweckverbands (AZV). In den nächsten Jahren stehen Investitionen von rund 3,8 Millionen Euro an – und auch langfristig wird es kaum weniger.

Knappe sieben Millionen Liter Abwasser hat die Nagolder Verbandskläranlage im Jahr 2015 gereinigt. Pro Sekunde strömen zwischen 350 und 550 Liter in die Becken. Das ist nicht nur Abwasser aus dem Badezimmer, sondern auch Oberflächenwasser, das etwa von Dächern, Straßen oder Parkplätzen abfließt. Darin enthalten sind Ölrückstände, (im Winter) Salz, Staub, Pollen, aber auch Äste, Plastiktüten und Papier.

"Die erste Anlage ist von 1962 und seither sind die Anforderungen immer größer geworden", resümiert Peter Haselmaier, Technischer Geschäftsführer des Abwasserzweckverbands Nagold. Konkret heißt das: Die Anlagen nutzten sich mit der Zeit ab, gleichzeitig komme mehr Abwasser an und verschärfte gesetzliche Grenzwerte, aber auch ablaufende Abschreibezeiträume (30 Jahre für Bautechnik und 15 Jahre für Maschinentechnik), machten nun Investitionen notwendig.

Fremdwasser ist ein großes Problem

Für insgesamt rund 3,8 Millionen Euro sollen Anlagen saniert, umgebaut oder komplett neu angeschafft werden. Die Mitglieder des AZV haben in ihrer jüngsten Sitzung beschlossen, diese Kosten für die "mittelfristige Haushaltsplanung" zu berücksichtigen.

Doch die Herausforderungen beginnen schon lange, bevor ein Tropfen in der Kläranlage angekommen ist: Eines der wichtigsten Probleme ist nämlich Fremdwasser. Das ist Quell oder Regenwasser, das über Risse an den Rohren in einen Abwasserkanal eindringt. "Das Wasser, das im Klärwerk ankommt wird dadurch kälter", berichtet Haselmaier. Das heißt: Es muss künstlich auf Temperatur gebracht werden, denn es sollte mit mindestens zwölf Grad am Klärwerk ankommen, sonst funktioniert die biologische Wasserreinigung nicht einwandfrei. Außerdem: Sauberes Wasser wird unnötig gesäubert und die ankommende Wassermenge steigt.

"Aber es ist eine mühsame Sache, die viel Zeit und Geld kostet", sagt Haselmaier im Hinblick auf die Suche nach undichten Stellen in den Rohren. Doch nicht nur das kostet die Verbandsgemeinden und damit die dort registrierten Steuerzahler viel Geld. Auch Maßnahmen im Klärwerk schlagen spürbar zu Buche.

Für das Jahr 2018 sind zum Beispiel Investitionen von voraussichtlich einer Million Euro für Rechen- und Sandfang vorgesehen. Haselmaier: "Der Rechen ist über 40 Jahre alt, für ihn gibt es keine Ersatzteile mehr." Außerdem fließe das Wasser nicht mehr gleichmäßig durch die Zwischenräume, weshalb die Reinigungsleistung schlechter werde. Wie Haselmaier erklärt, wird die Maßnahme so teuer, weil sie "während des laufenden Betriebs" umgesetzt wird.

Zweites Beispiel: Für 2020 ist die bisher kostspieligste Maßnahme vorgesehen: die Sanierung der zwei Nachklärbecken. Haselmaier: "Die beiden Becken werden nicht gleichmäßig mit Wasser beschickt und sie sind nicht ausreichend tief." Von bislang zweieinhalb Metern sollen sie auf dreieinhalb Meter abgesenkt werden.

Günstigste Maßnahme für dieses Jahr geplant

Drittes Beispiel: Die günstigste Maßnahme ist jedoch für dieses Jahr geplant: "Wir schaffen einen vierten Kompressor für die biologische Reinigung an", erklärt Haselmaier. Als Hauptkompressor soll er etwaige Ausfälle auffangen. Er pumpt Sauerstoff in die Becken und ermöglicht damit den Abbau von Schmutz mit Bakterien. Kosten: 40 000 Euro.

Bereits zwischen den Jahren 2012 und 2016 hat der AZV insgesamt rund 2,1 Millionen Euro ausgegeben. Der größte Teil davon – 1,3 Millionen Euro – floss 2014 in den Neubau der Schlammentwässerung. Hintergrund: Klärschlamm ist ein Nebenprodukt, das bei der Abwasserreinigung entsteht. Um ihn transportfähig zu machen, wird er mit einer Zentrifuge entwässert und in eine Verbrennungsanlage nach NeuUlm gebracht.

Für die nächsten zehn bis 15 Jahre rechnet Haselmaier bereits mit einer weiteren Herausforderung: "Wir beobachten, dass verstärkt Rückstände von Schmerzmitteln das Wasser verunreinigen." Diese Arzneimittelrückstände sind vor allem schädlich für Kleinlebewesen in Gewässern.

Um das Wasser rein zu halten, wird der AZV auch künftig viel Geld investieren müssen. Das gereinigte Wasser geht nämlich vom Klärwerk direkt in die Nagold.

Weitere Informationen:

www.azv-nagold.de

Seite 2: Abwassermenge

Wie viel Wasser in der Kläranlage ankommt, ist auch vom Wetter abhängig. Regnet es viel, sickert (eigentlich reines) Wasser in die Rohre und lässt die Menge auf bis zu 550 Litern pro Sekunde steigen. In trockenen Sommermonaten sinkt diese Zahl dagegen auf rund 350. Angeschlossen an die Verbandskläranlage sind Haushalte und Unternehmen in Nagold, Rohrdorf, Ebhausen, Haiterbach, Horb, Waldachtal und Altensteig.