So schlecht sehen die Nagolder Finanzen eigentlich gar nicht aus (von links): Stefanie Fischer von der Kämmerei, Finanzbürgermeister Hagen Breitling und Oberbürgermeister Jürgen Großmann stellten dem Verwaltungsausschuss des Nagolder Gemeinderates den Haushaltsabschluss für 2014 vor. Foto: Kunert

Stadtfinanzen: Verwaltungsausschuss des Nagolder Gemeinderats berät den Haushaltsabschluss 2014.

Nagold - Wie steht es mit Nagolds Finanzen? In der Sitzung des Verwaltungsausschusses galt die Aufmerksamkeit nicht nur dem Haushaltsjahr 2016, sondern auch der Vergangenheit.

Sitzung des Verwaltungsausschusses des Nagolder Gemeinderats. Es geht um viel Geld: Vorberatung der Haushaltssatzung für 2016. Und den Jahresabschluss 2014, auch für die Eigenbetriebe Abwasser und Stadtwerke. Ernste Gesichte überall. Denn der Schuldenstand ist hoch, auch wenn er insgesamt weniger wurde.

Aber Schwaben sind auch Weltmeister im Tiefstapeln. Denn die Stadt Nagold hat Ende 2014 auch liquide Mittel von knapp 14 Millionen Euro in den Büchern stehen, davon über eine Millionen Euro neu in Wertpapiere investiert – Festgeld zu 1,5 Prozent Zinsen, wie Finanzbürgermeister Hagen Breitling erläutert. Geld, das man aber künftig auch dringend brauche, wie Kämmerei-Mitarbeiterin Stefanie Fischer nachschiebt. Und 2014 auch brauchte – denn Anfang 2014 standen die "liquiden Mittel" noch bei 18,3 Millionen Euro.

Bis 2027 will Nagold wieder auf seinen Schuldenschnitt von knapp sechs Millionen Euro kommen

Die Differenz steckt unter anderem in zusätzlichen Investitionen. Aber auch in der Rückführung von Bank-Krediten der Stadt, die um eine Millionen Euro von 19,5 auf 18,5 Millionen Euro reduziert werden konnten. Bis 2027 will Nagold wieder auf seinen Schuldenschnitt von knapp sechs Millionen Euro kommen – wie die Jahre vor der Gartenschau. Theoretisch ginge das wohl sofort. Aber dann wären die liquiden Mittel weg. Und damit Handlungsspielraum.

Rein rechnerisch hat die Stadt Nagold im Jahr 2014 einen Verlust von "nur" rund 662 000 Euro gemacht. Kalkuliert wurde ursprünglich mit wesentlich mehr. Was teuer zu Buche schlug: Die Gewerbesteuereinnahmen brachen gegenüber der Prognose um rund 2,1 Millionen Euro (auf 12,4 Millionen Euro) ein. Eine Entwicklung, so Fischer, die sich im aktuellem Jahr fortsetze. Dafür gab es aber mehr Geld vom Bund aus der Einkommenssteuer (+ 460 000 Euro) und vom Land für die Kinderbetreuung (+ 536 000 Euro). Und, so wurde in einem kleinen Hintergrundgespräch zwischen Oberbürgermeister Jürgen Großmann und seinen Verwaltungsausschussmitgliedern deutlich, gebe es nicht die Schätzung der Einwohnerzahl Nagolds nach dem "Zensus" der Statistikämter, sondern auf Basis der "echten" Zahlen der vergebenen Steuer-IDs des Finanzamtes, hätte Nagold 600 Bürger mehr – und damit 600 000 Euro mehr Anspruch aus der Einkommenssteuer. Pro Jahr. "Wir wissen, dass es diese 600 Bürger gibt." Aber der Amtsschimmel des Bundes akzeptiert sie pro forma nicht. Musterprozesse, um das zu ändern, liefen bereits. Und auch die Abgeordneten im Land sollen demnächst auf das Thema eingeschworen werden. Um per Gesetz den teuren und unnützen Zensus abzuschaffen.

Ein bisschen der bereits vorhandenen Nagolder Liquidität wurde in 2014 auch an den Eigenbetrieb Abwasserentwässerung abgegeben. Wodurch es gelang, netto die Kreditaufnahme am freien Kapitalmarkt zu reduzieren (um knapp 25 000 Euro), obwohl die Schuldenlast insgesamt leicht anschwoll (auf 19,9 Millionen Euro). Für 2015 und 2016 habe man aufgrund anstehender Investitionen weiteren Kreditbedarf, so dass Sabine Wurster als Kaufmännische Betriebsleiterin mit einem Schuldenstand von dann letztlich 22,9 Millionen Euro kalkuliert. Alles noch im Rahmen, wie Ernst Schanz als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes attestierte.

Mehr Schulden auch beim Eigenbetrieb Stadtwerke, der für die Trinkwasserversorgung, Wasserkraftwerke und Parkraumbewirtschaftung zuständig ist: von 14,061 Ende 2013 auf 14,614 Millionen Euro Ende 2014 wuchs die Summe. Prognose weiter leicht steigend: Ende dieses Jahres sollen es 14,8 Millionen Euro sein. Erst 2016 wolle man, so die Planung, die Schulden wieder etwas zurückführen – auf dann 14,4 Millionen Euro.

Ob das gelingt, wird sich allerdings zeigen. In der Beratung wurde deutlich, dass das Nagolder Trinkwassernetz zunehmend mit maroden Leitungen zu kämpfen hat. So sei die Zahl der Rohrbrüche von knapp über 20 in 2013 auf 48 in 2014 gestiegen. Und im aktuellen Jahr liege man bereits bei rund 60 Rohrbrüchen. Was jedes Mal zusätzliche, außerplanmäßige Kosten für Reparaturen bedeute.

Alle drei Haushaltsrechnungen – für Stadt, Abwasser und Stadtwerke – wurden vom Verwaltungsausschuss einstimmig zur abschließenden Beschlussfassung als Empfehlung an den Gemeinderat überwiesen. Zum vorgelegten Haushaltentwurf für das Jahr 2016 wollten sich die Mitglieder des Verwaltungsausschuss auch auf ausdrückliche Nachfrage von OB Großmann nicht äußern oder Fragen dazu stellen. "Sie lassen die Katze also noch nicht aus dem Sack?" "Nein", so die Erwiderung aus den Reihen der Räte. "Es soll ja spannend bleiben." So wurde der mögliche Disput auf die nächste Sitzung des Gemeinderats Mitte Dezember vertagt.