Die Bahn AG stabilisiert dieser Tage den Schienenuntergrund bei Rastatt. Foto: dpa

Im Rastatter Tunnel könnte aufgrund zu schwerer Lasten das Erdreich ins Rutschen geraten und ein Betonring gerissen sein. Die Umleitung des Güterverkehrs auf andere Strecken bedeutet für viele Kommunen mehr Lärm.

Stuttgart - Ein gerissener Tunnelring, ein sogenannter Tübbing, könnte das Tunnel-Debakel von Rastatt verursacht haben. „Der Untergrund ist vermutlich alles andere als homogen“, sagt Rastatts Baudezernent Wolfgang Hartweg. Wie er aus Bahnkreisen erfahren habe, sei es wahrscheinlich, dass im Boden Betonreste von früheren Baumaßnahmen und Hohlräume vorhanden sind. „Da könnte es Probleme mit der Auflagerkraft gegeben haben“, sagt Hartweg, infolgedessen sei alles abgesackt. Er hofft sehr, dass die Bahn gründliche Bodenuntersuchungen macht, bevor sie an der zweiten Tunnelröhre für die unterirdische Bahntrasse, der Weströhre, weiterbohrt. „Sonst passiert gleich nochmal was“, befürchtet Hartweg.

Lage im Schienenverkehr bleibt angespannt

Die Lage im Schienenverkehr bleibt derweil auch eine Woche nach der Sperrung der Rheintalstrecke angespannt. Bei einem Runden Tisch, zu dem das Landesverkehrsministerium kurzfristig Kommunen, Landkreise und die Deutsche Bahn eingeladen hatte, wurde am Freitagmittag deutlich, dass die Anrainerkommunen von Ausweichstrecken für den Güterverkehr möglicherweise bis Mitte September mit einer höheren Lärmbelastung leben müssen. „Alle Beteiligten haben die Hoffnung, dass bis zum Ende der Sommerferien in Baden-Württemberg die Rheintalstrecke wieder durchgängig befahren werden kann“, sagte der Amtschef Uwe Lahl. Durch ausgedünnte Regionalfahrpläne werde es bis dahin gewisse Einschränkungen im Personenverkehr geben, wenn auch nicht in den Hauptverkehrszeiten morgens und abends.

Das Land wolle der Bahn dennoch zur Überbrückung der größten Engpässe im Güterverkehr in den Randzeiten gewisse Schienenkapazitäten zur Verfügung stellen, hieß es. „Wir beweisen damit, dass das erklärte politische Ziel der Landesregierung, mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, kein bloßes Lippenbekenntnis ist“, betonte Uwe Lahl.

Bahn arbeitet mit Hochdruck an Lösung

Durch einen Schienenersatzverkehr – also Busse etwa auf der Strecke Tübingen-Rottenburg und Tübingen-Horb – sollen die Folgen für Fahrgäste gleichwohl abgemildert werden. Der Konzernbevollmächtigte der Bahn, Sven Hantel, bat „Fahrgäste und Anwohner um Entschuldigung für die Ausfälle im Personenzugverkehr und die zusätzlichen Belastungen durch die Güterzüge.“ Alle Beteiligten arbeiteten zurzeit mit Hochdruck an einer Lösung.

Unterdessen forderte das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) wegen der Sperrung der Rheintal-Strecke eine Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsausschusses. „Während die Zeit verrinnt und jeden Tag größere betriebs- und volkswirtschaftliche Schäden aufgetürmt werden, tappen die Betroffenen im Dunkeln“, sagte der NEE-Vorstandschef Ludolf Kerkeling. Laut seinen Angaben haben die bisherigen Umleitungen im Schienengüterverkehr erst ein Niveau von etwa zehn Prozent des normalen Volumens erreicht. Auf der Strecke rechnet die Bahn normalerweise mit bis zu 170 Güterzügen pro Tag.

Bürgermeister fordern bessere Kommunikation

Zum Runden Tisch in Stuttgart waren mehr als 30 an Gleistrassen liegende Kommunen und sieben betroffene Landkreise gebeten worden – doch nur ein Teil kam auch. Unter anderem glänzten die Landeshauptstadt und der Kreis Esslingen mit Abwesenheit, die Stadt Esslingen schickte einen Sachbearbeiter. „Wir können doch nichts machen“, so der Tenor.

Dies täuscht nicht darüber hinweg, dass den Rathauschefs und Landräten die Misere rund um Rastatt nicht gefällt. Plochingens Bürgermeister Frank Buß rechnet mit zusätzlich 35 bis 50 Güterzügen in seiner Stadt an Neckar und Fils. Die Bürger müssten pro Tag 70 bis 100 Minuten mehr Bahnlärm ertragen. Die Lärmschutzwände böten da nur wenig Schutz. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der bei dem Treffen nicht dabei war, beklagte eine „erhebliche Lärmbelastung“ der Bürger in seiner Stadt. Allerdings sehe er keine Alternative, als die Güterzüge auf andere Strecken umzuleiten. „Die Zunahme ist für niemanden erfreulich“, unterstrich Wernaus Rathauschef Armin Elbl, „aber angesichts der Dramatik der Ereignisse ist jetzt auch ein Stück Solidarität der Bürger gefragt.“

Nicht einmal eingeladen zu dem Treffen im Ministerium war Rastatt. „Wir haben eine Krise und die Bahn kommunziert nicht mit uns“, heißt es aus dem Rastatter Rathaus. Bürgermeister Wolfgang Hartweg ist verwundert über die schlechte Informationspolitik. Immerhin, so versucht er es positiv zu sehen, habe er inzwischen einen festen Ansprechpartner bei der Bahn.