Egal, wer die Plakate aufgehängt hat – alle müssen damit rechnen, dass sie überklebt werden Foto: Peter Petsch

Wenn die Wahlen am Sonntagabend vorbei sind, wollen Stuttgart-21-Gegner die Wahlplakate in der Stadt überkleben. Das Ordnungsamt warnt die Parteien aber. Wer die neuen Plakate duldet, muss notfalls fürs Beseitigen von Amts wegen zahlen.

Stuttgart - 50 Euro pro Fall sollen Parteien und Gruppierungen bezahlen müssen, wenn sie ihre Plakatflächen in Stuttgart nach dem Wahltag für andere Plakatkampagnen nutzen oder benutzen lassen. Darauf hat das städtische Amt für Ordnung am Mittwoch „aus gegebenem Anlass“ hingewiesen.

Der Betrag ist in einem Schreiben genannt, das dem Spitzenkandidaten des parteifreien Bündnisses Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS), Hannes Rockenbauch, vorliegt. Dem profilierten Tiefbahnhofgegner und seiner Truppe ist damit, wenn man so will, eine Spezialbehandlung zuteilgeworden. Der Grund: Dem Ordnungsamt war von CDU-Stadträten zugetragen worden, dass die SÖS im Rahmen einer „SSB-Kampagne“ ihre hinfälligen Wahlplakate überkleben wolle. Andere Gruppierungen hat die Behörde in allgemeinerer Form gewarnt.

Hermann Karpf, rechte Hand von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU), lässt aber keinen Zweifel: Die 50 Euro werden für alle fällig sein, die selbst nachplakatieren oder von anderen geklebte Plakate nicht umgehend beseitigen. Das wäre nämlich ein Verstoß gegen die städtische Polizeiverordnung über Straßen und Anlage. Das Amt erinnerte auch noch einmal an die Geschäftsgrundlage: Die Genehmigung fürs Plakatieren läuft am 25. Mai um 24 Uhr ab. Ab dem 26. Mai müssen die Plakate unverzüglich beseitigt werden. Nur, um den Parteien die Logistik zu erleichtern, wurde lang vor dem Wahltag eine Frist bestimmt: bis 31. Mai. Tauchen bis dahin neue Plakate mit einem anderen Zweck auf, müssen die Parteien sie von ihren Plakatstandorten beseitigen. „Wenn nicht, beauftragen wir die Abfallwirtschaft Stuttgart. Das kostet dann 50 Euro pro Stück“, sagt Karpf. Nur „Danke“-Kleber sind erlaubt.

Die 1000 Plakate, mit denen einige Gruppen im Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und Parkschützer ihre SSB-Kampagne fahren wollen, sind aber schon bei der letzten Montagsdemo am 19. Mai nebst Kleisterpäckchen verteilt worden. „Ich denke, die Leute werden sie kleben“, sagt Matthias von Herrmann, Sprecher der aktiven Parkschützer. Man werde zwar im Internet über die neueste Lage informieren, aber damit das Plakatieren kaum verhindern können.

Nach Herrmanns Auskunft waren bereits schriftliche Zustimmungen der SÖS, der Partei Die Linke und der Grünen-Ortsvereine Degerloch und Bad Cannstatt vorgelegen. Die SÖS habe inzwischen zurückgezogen.

Deren Vormann Hannes Rockenbauch sagte, wenn früher alte Wahlplakate für Kulturveranstaltungen überklebt worden seien, habe kein Hahn danach gekräht. Die SÖS werde aber nicht riskieren, vom Ordnungsamt in den finanziellen Ruin getrieben zu werden. Die Erlaubnis zum Nachplakatieren erteile man den Stuttgart-21-Gegnern daher nicht. Die SÖS werde im Fall des Falles aber auch keine Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten.

Grünen-Wahlkampfleiter Raphael Hartmann und seine Linke-Kollegin Dagmar Uhlig gaben Überraschung zu Protokoll. Das Thema sei für ihn neu, sagte Hartmann. Und Uhlig: „Bei uns gab es keine Anfrage und wir haben keine Zustimmung gegeben.“