Das ist der Mühlenbacher Schotte Josef - zusammen mit Leitkuh Lea hat er das Sagen im Clan der Hochlandrinder. Foto: Schwannauer

Schottische Hochlandrinder grasen immer häufiger auch im Schwarzwald - so auch bei Ute Brünemann.

Mühlenbach - Roter Zottelpelz und lange Hörner, gedrungener Leib und saubere Rangordnung: alles Merkmale der schottischen Hochlandrinder. In den rauen Highlands haben sie ihr ursprüngliches Zuhause. Immer häufiger stecken sie ihre rotblonden Locken aber auch ins hohe Schwarzwaldgras. Eine kleine Herde der urigen Highland-Cattles lebt seit sieben Jahren in Mühlenbach.

Halterin Ute Brünemann hegt eine Leidenschaft für ihre Tiere: "Die sind phänomenal", sagt sie und verteilt eine Kiste altbackener Brötchen an Josef, Lea, Blümchen, Sternchen, Meggie und Talina. Von verschiedenen Züchtern hat sie die Tiere gekauft. Auf der Heidburg fressen sie die Freiflächen kahl und liefern das Fleisch, das Ute Brünemann im Café Pfaus gleich nebenan anbietet. "Die Tiere sind optimal für karge Flächen geeignet", sagt die Halterin, "normale Milchkühe könnte man in die hohen Wiesen gar nicht reinlassen."

Meggie wird in der Herde nach einer Fehlgeburt ausgegrenzt

Ihre kleine Herde zählt fünf Kühe, einen Bullen und einige Kälber. Josef, der Bulle, drängt mit dem zotteligen Kopf am nächsten zur Brötchenkiste. Meggie, die Schwarze, steht abseits: Die anderen lassen sie nicht ans Fressen. "Die grenzen sie aus, weil sie nach einer Fehlgeburt keine Kälber bekommt", sagt Ute Brünemann und berichtet von dem komplexen Sozialverhalten innerhalb ihrer kleinen Herde: "Solange jeder seinen Platz in der Rangordnung einhält, sind alle zufrieden – nur: wenn eine rangniedrigere Kuh versucht, an eine ranghöhere zu kommen, dann kriegt die sofort das Horn."

Leitkuh Lea und Bulle Josef sind die Clanchefs mit klarer Aufgabenteilung. Die anderen finden sich weiter unten in der Rangordnung, aber Talina, "die ist entschieden die Schlauste", sagt ihre Halterin, "wenn irgendwas nicht stimmt, dann merkt sie das als Erste." Wenn man von der benachbarten Bundesstraße aus zur dösenden Herde schaut und ein Kuhgesicht blickt neugierig hoch, dann ist das also Talina.

"Robust und selbstständig" nennt Ute Brünemann die Hochlandrinder und erzählt, wie sie sich manchmal mit ihnen abmüht: "Die lassen sich nicht einfach am Halfter führen, die kommen auch nicht mit, wenn ich vorangehe. Im Gegenteil: Wenn ich sie auf die nächste Weide nebenan schieben will, dann nehmen die die entgegengesetzte Richtung." Also geht die schlaue Talina beim Weidewechsel voraus, und die übrigen schließen sich ihr an. Meistens jedenfalls: "Einmal haben sie sich auf einmal überall verteilt."

Wenn Ute Brünemann morgens angefahren kommt, dann kommt auch Bewegung in die dösende Rinderherde. Ein schlaksiger grauer Zottel steigt zuerst aus dem Auto: "Wolf", ein irischer Wolfshund. Wie die Kühe stammt auch er von den britischen Inseln. Und wie die Kühe mag auch er gerne altbackene Brezeln.

Die Halterin der Highland-Cattles, der untersetzten Rinder aus dem schottischen Hochland, lässt ihre Tiere das ganze Jahr über auf der Weide. Besser gesagt: auf drei aneinander grenzenden Weiden, die die Tiere nach und nach abfressen.

"Regionaler geht es nicht, Fleisch zu verwerten"

Ute Brünemann ist gelernte Fotografin und ausgebildete Reittherapeutin, machte sich nach einer Familienpause wieder fit für ihren Beruf, "doch dann kam das hier", sagt sie scherzhaft und deutet auf die Weide, die Rinder und das Café Pfaus mit seiner Panoramaterrasse. Vor sieben Jahren zog sie zu ihrem Lebensgefährten auf den Severinhof und übernahm das Café mit Pension.

Die 49-Jährige bietet dort selbst gemachte Kuchen, Torten und warme Gerichte an – unter anderem das Fleisch ihrer Rinder geht dort über den Tisch. "Regionaler geht es nicht", sagt Ute Brünemann, "die Kälber verbringen eineinhalb Jahre hier auf der Weide, der Metzger unten in Mühlenbach schlachtet sie und verarbeitet sie zu Fleisch, und dann biete ich sie hier im Café an", sagt sie.

Ihre Kühe seien ein Magnet: Wanderer bleiben stehen und machen Fotos, Cafégäste erkundigen sich nach den urigen Viechern.

Außer der Leidenschaft für ihre halbwilden Tiere bringt sie eine große Überzeugung für ihr unkompliziertes Vermarktungskonzept mit. Dabei hat sie anfangs auch Kritik eingesteckt: Manche fanden, die Tiere passten nicht in die Landschaft und gehörten nicht in den Schwarzwald, wo man den Anblick der Schwarzwälder Rinderrassen gewohnt ist, der Vorderwälder zum Beispiel. Doch Ute Brünemann findet: "Die Tiere strahlen Kraft und Ruhe aus." Das ganze Jahr über sind sie im Freien, und selbst wenn sie im Winter in den Stall könnten, bevorzugen sie einen Stehplatz im Schnee. Stallarbeit und Melken fallen weg, dadurch machten die Tiere weniger Arbeit als Milchkühe, sagt die Halterin. Dennoch bleibe mehr als genug übrig, doch "es macht großen Spaß." Die Rinder weiden die Freiflächen ab und fressen auch das grobstämmige Gras, das andere Kühe verschmähen würden. Dazu liefern sie Fleisch "in bester Qualität", sagt Ute Brünemann: "Feinfaserig und cholesterinarm."

Ute Brünemann sind die Tiere ans Herz gewachsen: "Die leben hier halbwild, das sind keine zahmen Streichelkühe", sagt sie über ihre Hochlandrinder. Doch bei aller Robustheit seien sie sehr sensibel: "Wenn irgendwas anders ist, spüren sie das gleich – darum würde ich sie auch nie irgendwo auf einer Weide sich selbst überlassen."

Dann ließe sich schließlich auch nicht beobachten, wie sich die Tiere trotz der Konkurrenz innerhalb der Herde auch gegenseitig helfen: Als ein junger Bulle einmal den steilen Hügel nicht alleine hochkam, hat ihm der Josef mit seinen Hörnern hochgeholfen. Wenn’s drauf ankommt, halten sie zusammen.