Reizvoll gelegen, schwer zu bewirtschaften: der Mühlenbacher Friedhof. Fotos: Schwannauer Foto: Schwanauer

Der Mühlenbacher Friedhof liegt steil am Hang und besitzt ungünstigen Boden / Jetzt geht die Gemeinde die Umgestaltung an

Mühlenbach - Der Mühlenbacher Friedhof ist ein malerischer Ort. Der Ausblick reicht weit hinunter ins Dorf und in die Ferne Richtung Schwarzwald. Vor dem Waldrand, oberhalb der letzten Häuser, erstrecken sich die Gräber entlang der Terrassen wie an den Hang modelliert. Die Grabreihen wurden vor langer Zeit angelegt, Treppen verbinden die Ebenen miteinander, schmale Wege, lose Mäuerchen und geduckte Hecken prägen den Platz.

Das Knirschen einer Schaufel im festen Lehm unterbricht die Grabesruhe an diesem frühen Nachmittag im März. Es ist ein Vorfrühlingstag, erstes Grün bricht sich Bahn, ein paar Besucher machen sich an Gräbern zu schaffen und leihen sich bei Josef Schmieder eine Spitzhacke aus.

Josef Schmieder, der als Mitarbeiter des Bauhofs für die Gräber zuständig ist, schaut seinem Kollegen Klaus Vollmer beim Schaufeln zu. Für den nächsten Tag ist eine Beerdigung angesetzt, und es ist Regen vorhergesagt – "da heben wir das Grab lieber schon heute aus, bei Nässe wird die Erde so dicht und schwer." Schmieder macht diese Arbeit seit gut 20 Jahren: "Ich kam damals dazu wie die Jungfrau zum Kind."

Schmieder kennt die heiklen Stellen auf dem Friedhof. Dort geschieht die Verwesung ganz besonders zögernd. Seit sich viele Bürger aus Kostengründen für ein sogenanntes Tiefgrab entscheiden, graben er und sein Kollege noch tiefer als den üblichen Meter sechzig. "Übel" nennt er die Verhältnisse auf dem Gelände, "mittelalterlich." Allein für den Heckenschnitt brauche er mehr als eine Woche. Auch an diesem Morgen tragen Schmieder und Vollmer ihre Schaufeln und Schalbretter vom Eingang bis an die Grabstelle zu Fuß – das zehre an den Kräften.

Die Gemeinde will den Friedhof jetzt umgestalten. Gründe dafür gibt es einige: Die schmalen Wege machen das Bewirtschaften schwer. Mit einem Minibagger können die Mitarbeiter der Gemeindebauhofs nicht arbeiten, es ist kein Platz dafür. Daher schaufeln sie die zehn bis zwölf Gräber im Jahr von Hand – eine Knochenarbeit.

Und: Wer nicht mehr gut zu Fuß ist, hat es nicht leicht, zum Grab seiner verstorbenen Angehörigen zu kommen, denn Treppen und das steile Gelände machen ein Fortkommen mit dem Rollstuhl unmöglich.

Jetzt soll Abhilfe geschaffen werden, wenigstens teilweise. Ein Büro für Gartenarchitektur mit dem Schwerpunkt Friedhöfe nimmt sich auch des Mühlenbacher Friedhofs an. Im Gemeinderat hat der Gartenarchitekt die Pläne kürzlich vorgestellt, sie beziehen sich auf den alten Teil des Friedhofs. Der soll komplett neu gestaltet werden, mit breiteren Wegen und dem Verzicht auf eine der Terrassen. Das Gelände soll bequemer und zeitgemäßer zu bewirtschaften sein, außerdem barriereärmer, wenn auch nicht barrierefrei – das ist auf dem steilen Gelände nicht zu schaffen. 700 000 Euro will Bürgermeister Karl Burger in die Hand nehmen, damit die Mühlenbacher es leichter auf ihrem Friedhof haben. Im Sommer will er die Arbeiten ausschreiben.

Josef Schmieder spricht nicht gerne darüber, was das Schlimmste an dem Friedhof ist. Der dichte, sauerstoffarme Boden erschwert den Verfallsprozess, sprich: Die Toten können nicht richtig verwesen. "Wir wissen nie, was uns beim Graben erwartet", sagt er. Schmieder erwähnt auch die psychische Belastung, die mit der grausigen Ungewissheit bei der Arbeit zuweilen einhergehe.

"Wenn ich rausgeh’, hänge ich alles innerlich an den Nagel"

"Wenn ich da oben rausgeh’", sagt er und deutet in Richtung Ausgang bei der Aussegnungshalle, "dann muss ich das alles innerlich an den Nagel hängen."

Der lehmige Boden erschwert das Graben mit der Schaufel noch dazu, trotzdem sagt Karl Burger: "Bei zehn oder zwölf Gräbern im Jahr brauchen wir nicht unbedingt einen Bagger." Die Topographie mache es unvermeidbar, dass Gräber von Hand ausgehoben werden müssten."

"Das Problem ist, dass Sie kaum noch Leute finden, die diese Arbeit machen wollen", sagt Burger. In der Regel machen es die Mitarbeiter des Bauhofs, oder die Arbeiten würden an Firmen vergeben, wie in manchen Kinzigtal-Gemeinden schon geschehen. Andere Gemeinden suchen ohne Erfolg nach einem Unternehmen, weil sich niemand dazu bereit erklärt. Auch dieses Thema will Burger im Zuge der Umgestaltung in Angriff nehmen: Das die Grabarbeiten eine Firma von außerhalb übernimmt.

Seit über fünfeinhalb Jahrhunderten steht die Mühlenbacher Pfarrkirche am Ausgang des Bücherntals, und jahrhunderte lang befand sich dort auch der Friedhof, umgeben von einer Steinmauer. So berichtet es die Mühlenbacher Dorfchronik, die die Gemeinde zu ihrer 780-jährigen Geschichte im Jahr 2013 herausbrachte. Nach den Aufzeichnungen verlegte man den Friedhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an seinen jetztigen Platz am Hang.

Seitdem bietet der Ort immer wieder Anlass zur Diskussion. Aus dem Jahr 1951 existiert ein Schreiben des Erzbischöflichen Bauamts in Freiburg an den damaligen Pfarrer König, in dem es heißt: "Wie trostlos und ohne Reiz liegt doch der Friedhof auf dem Hang. Er hat auch keine Mitte oder keinen Schwerpunkt, der ihn anziehender machen könnte" – man möge sich Gedanken über eine bessere Gestaltung machen. 1956 plante die Gemeinde erstmals, den Friedhof zu verlegen. Schon damals war die Friedhofsfrage "unsere brennendste Frage und größte Sorge."

Grabkammern aus Beton wurden verworfen

Aktuell ist sie jetzt wieder. Die Trauergemeinde wird weiterhin von der Kirche zum Friedhof gehen, Parkmöglichkeiten gibt es praktisch nicht, und die Bodenverhältnisse mit Lehm und Bergwasser erschweren die Arbeit. Burger sagt, er habe auch schon an Grabkammern aus Beton gedacht, um das Problem zu umgehen, den Plan aus Kostengründen aber verworfen.

Für die Totengräber ist das wenig tröstlich: "Wenn’s beim Graben richtig zur Sache geht", sagt Josef Schmieder, "dann wird’s totenstill bei uns, dann macht auch keiner mehr dumme Sprüch’". Die Lachfalten graben sich dennoch tief in sein freundliches Gesicht. Der Gemeinderat hat der Umgestaltung zugestimmt, nächstes Jahr sollen die Bagger anrücken.    Nicola Schwannauer