Beim Prozess um den Mord an einer Psychologin in Stuttgart-Ost sagen Freunde und Nachbarn aus. Foto: dpa

Aus einem misshandelten Heimkind war ein gefragter Eventkoch geworden. Jetzt steht der 31-Jährige wegen Mordes an der Mutter seiner Partnerin vor dem Landgericht Stuttgart. Was war das Motiv?

Stuttgart - Warum musste die 61 Jahre alte Psychologin in ihrer Wohnung an der Schellbergstraße in Stuttgart-Ost am späten Abend des 9. März dieses Jahres sterben? Auf der Anklagebank vor der 1. Strafkammer sitzt der Freund der Tochter des Opfers. Der Koch soll auch die schwangere Tochter mit einem Messer aus seinem Koch-Set schwer verletzt haben, als sie ihrer Mutter zu Hilfe eilte. Staatsanwalt Wolfgang Friedrich wirft dem 31-jährigen Schorndorfer heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen und gefährliche Körperverletzung vor. Die niedrigen Beweggründe könnten übersteigertes Besitzdenken und überschießende Eifersucht sein. Der psychiatrische Gutachter wird dazu noch Bericht erstatten.

Zeugin hörte die letzten Worte des Opfers

Am zweiten Prozesstag sagt eine Frau aus, die wohl die letzten Worte des Mordopfers gehört hat. Die 57-Jährige hatte mit der Psychologin am Abend des 9. März telefoniert. „Warte mal, was sind das für Geräusche?“, habe ihre Freundin gesagt, so die Zeugin. „Dann habe ich panische Schreie gehört und dann war die Verbindung tot.“ Die Frau konnte nicht wissen, dass ihre Freundin just in diesem Moment mit einem Messer attackiert wurde. Der Angeklagte hat bereits gestanden, die 61-Jährige erstochen zu haben. Weil sich die Freundin Sorgen machte, rief sie sofort die Polizei. Nach einer halben Stunde rief sie erneut an, um zu erfahren, was passiert sei. „Ich wollte mir ein Taxi bestellen. Aber die Polizei sagte: Sie können da jetzt nicht hin“, so die Zeugin.

Der 31-jährige Koch hat ausgesagt, er habe die Türen eingetreten, weil seine schwangere Partnerin nicht mit ihm reden wollte. Deren Mutter wirft er vor, sie habe sich in die problematische Beziehung eingemischt. Mit den Worten „Warum willst du uns trennen?“ und mit dem Kochmesser in der Hand sei er ins Schlafzimmer eingedrungen und habe auf die 61-Jährige eingestochen. „Es war, als wache man aus einem schlechten Traum auf“, so der Angeklagte. Die Mutter sei links gelegen, seine Freundin rechts. Er selbst hatte die Rettungskräfte alarmiert. Die Mutter starb am Tatort, die Tochter und ihr ungeborenes Kind wurden gerettet.

Vom Häftling zum Eventkoch

Eigentlich schien der 31-Jährige die Kurve gekriegt zu haben. Sein Elternhaus war offenbar eine Katastrophe. Von seinem Vater habe er fast täglich Prügel bezogen – auch mit einem Holzknüppel. In der Schule waren seine Verletzungen aufgefallen, das Jugendamt schritt ein, er kam ins Heim. Dort war er bereits im Alter von zwölf Jahren in Kontakt mit Drogen gekommen. Seine erste Lehre brach er ab, er kam mit dem Gesetz in Konflikt. Zeitweise habe er auf der Straße gelebt. Als er 20 Jahre alt war, wanderte sein Vater hinter Gitter, weil er seine Tochter sexuell missbraucht hatte. Der Angeklagte unternahm einen Suizidversuch, wurde gerettet, geriet in eine Schlägerei und wurde zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Beziehung steuert in die Katastrophe

Während so mancher Insasse im Vollzug endgültig abstürzt, hat der 31-Jährige seine Chance genutzt. Er begann eine Kochlehre, die er im Hotel Sonnenhof oberhalb von Kleinaspach erfolgreich beendete. 2014 machte sich der Angeklagte schließlich als Miet- und Eventkoch selbstständig. Er wurde regelmäßig gebucht und verdiente nach eigener Aussage gut. Dann verliebte er sich in seine Zahnärztin und sie sich in ihn. Doch die Beziehung steuerte schon nach wenigen Monaten in die Katastrophe. Der Prozess wird am 21. September fortgesetzt.