Bei der Gründung einer Schule scheitern viele Versuche an der Bürokratie. Foto: Seeger

Pläne für eine Außenstelle sind gescheitert – jetzt wollen die Eltern der Initiative einen Neustart machen.

Mittleres Kinzigtal - Eltern aus dem Kinzigtal wollen eine Waldorfschule gründen. Als Initiative versuchten sie vor einem Jahr, eine Außenstelle der Offenburger Waldorfschule im Kinzigtal zu etablieren. Das Vorhaben scheiterte am Regierungspräsidium – jetzt gehen die Eltern eine komplette Neugründung an.

"Mit den Planungen sind wir noch ganz am Anfang", sagt Stefanie Herlin, die von Anfang an der Elterninitiative angehört. Vor rund einem Jahr gingen die Eltern aus dem mittleren Kinzigtal mit ihrem Konzept zur Gründung einer Außenstelle der Offenburger Waldorfschule ans Regierungspräsidium. Die Zweigstelle scheiterte angeblich wegen ihrer zu großen Entfernung zur Hauptstelle – jetzt planen die Beteiligten die Gründung einer eigenen Waldorfschule fürs Kinzigtal.

Eine Enttäuschung sei es gewesen, sagt Stefanie Herlin aus Gengenbach, als das Aus für die geplante Außenstelle für die Kinzigtäler Waldorfschüler kam. Außenstelle und Hauptstelle dürften nicht mehr als etwa fünf Fahrminuten voneinander entfernt liegen, habe es damals von Seiten der Verantwortlichen der Freiburger Behörde geheißen. Im April vergangenen Jahres habe man noch gehofft, für das folgende Schuljahr 2014/15 die Außenstelle eröffnen zu können, als möglicher Standort war Haslach im Gespräch. Nach der Absage sei die Luft erst einmal draußen gewesen und das Interesse an der Initiative bei vielen Aktiven daraufhin etwas verebbt.

Jetzt heißt es von Seiten der Eltern auf Nachfrage unserer Zeitung: "Uns gibt es noch!" Sieben Interessierte beteiligen sich momentan an der Planung. Einfach ist das in Zeiten von Schulschließungen und sinkenden Schülerzahlen nicht: "Wir begreifen uns nicht als Konkurrenz zu bestehenden staatlichen Schulen, sondern als Bereicherung der Bildungslandschaft", hieß es in der Ankündigung der Initiative im vergangenen Jahr, als es um die mögliche Außenstelle ging.

Einen Bedarf sehen die Eltern durchaus: Von den rund 650 Schülern, die die Offenburger Waldorfschule besuchen, pendeln etwa 200 täglich aus dem Kinzigtal dorthin, die meisten kommen aus Gengenbach und Umgebung. "Viele der Eltern, die die Initiative mit gründeten, haben Kinder, die noch in den Kindergarten gehen, für die ist das Thema mit dem Aus der Außenstelle nicht vom Tisch", berichtet Stefanie Herlin.

Einen langen Atem brauchen die Beteiligten, wollen sie die bürokratischen Hürden zur Neugründung einer Schule überwinden. Am Anfang steht die Begleitung durch eine regionale Gründungsberatung der Waldorfschulen nach deren Grundsätzen. Außerdem muss es einen Träger geben: Wenn sich die Aufbauarbeit als tragfähig erweist, kann die Schule in den Bund der Freien Waldorfschulen aufgenommen werden. "Wir wollen den Weg der Neugründung erwägen", sagt Stefanie Herlin zunächst vorsichtig.

Demnächst wollen die Mitglieder der Initiative an die Öffentlichkeit gehen, um Konzept und Planung bekannter zu machen und auf diesem Weg für ihr Anliegen zu werben und weitere Interessenten zu mobilisieren: Mit Lesungen und Veranstaltungen rund um die Waldorfpädagogik. Auch die Homepage wird im Moment neu gestaltet. Außer den sieben Aktiven stünden noch einige auf der passiven Interessentenliste.

"Schulrechtlich gab es für eine Außenstelle keine Möglichkeit", sagt Ursula Berlage, Geschäftsführerin der Waldorfschule Offenburg, "wenn die Kinzigtäler Initiative die Einrichtung wirklich will, dann wäre eine Neugründung notwendig."

"Kein gutes Klima, um neue Einrichtungen aufzumachen"

Dies sei mit hohen Kosten verbunden. Außerdem müsse die neue Schule nachweisen, dass sie Unterricht für alle Stufen gewährleiste. Nach drei Jahren erfolgreichem Wirtschaften kann eine neue Schule die ersten staatlichen Zuschüsse beantragen.

Ursula Berlage bedauert die Absage des Regierungspräsidiums zur Außenstelle ebenfalls, kann mögliche staatliche Vorbehalte gegenüber den Gründungsanträgen von Privatschulen jedoch generell nachvollziehen. "Die Schülerzahlen gehen deutlich zurück, Schulen kämpfen ums Überleben oder müssen schließen" – da herrsche im Augenblick wohl kein geeignetes Klima, um neue Schulen aufzumachen.

Unabhängig vom Klima: Das Recht auf Gründung einer Schule ist in Deutschland mit dem "Grundsatz der Privatschulfreiheit" verfassungsrechtlich verankert. "Sobald ein Träger alle erforderlichen pädagogischen und formalen Voraussetzungen erfüllt und vorlegt, besteht ein Genehmigungsanspruch", erklärt Stefan Beck von der Abteilung Schule und Bildung des Regierungspräsidiums Freiburg. Er bearbeitet die Gründungsanträge der Privatschulen, die die Abteilung immer wieder erreichen – häufig geht es auch um die Erweiterung einer bereits bestehenden Einrichtung.

Die Liste der erforderlichen Nachweise passt auf ein DIN-A-4-Blatt, erfordert jedoch intensive Vorbereitung der Antragsteller. Sie müssen ein pädagogisches Konzept vorlegen und nachweisen, dass die Schule die Umsetzung der Ziele des Bildungsplans Baden-Württemberg umsetzt. Außerdem müssen die Formalien stimmen: Nachweis von Räumlichkeiten, Personal, Gesundheitsüberprüfung und vieles mehr. Das Regierungspräsidium will auch ein Finanzierungskonzept für die ersten drei Jahre sehen, bis die ersten staatlichen Zuschüsse beantragt werden können. "Sobald alles vorliegt, geht das mit der Genehmigung schnell", sagt Stefan Beck. Darüber, dass eine Zweigstelle nicht mehr als fünf Minuten von der Hauptstelle entfernt sein dürfe, zeigt er sich verwundert: "Davon weiß ich nichts."

Etwa 200 Schüler pendeln täglich aus dem Kinzigtal zur Waldorfschule nach Offenburg, die meisten aus Gengenbach und Umgebung. Das ist ein Drittel der Schüler, die die Einrichtung zählt. Die Eltern der Initiative sehen deshalb einen Bedarf fürs Kinzigtal. Dieser spielt aber laut Gesetz keine tragende Rolle, eine Bedarfsprüfung findet von Seiten der Behörden nicht statt.

Noch ist die Elterninitiative klein: "Mit einer so kleinen Gruppe kann man keine neue Schule starten", sagt Ursula Berlage. Die Grundlagenarbeit läuft aber bereits, die Offenburger sind beratend dabei. Es spreche nichts dagegen, dass die dortige Schule die Patenschaft übernimmt, sagt die Geschäftsführerin.