Rolf Graser arbeitet als Geschäftsführer des Forums der Kulturen. Foto: Leif Piechowski

Rolf Graser hat zwar selbst keinen Migrationshintergrund, setzt sich aber seit 15 Jahren als Geschäftsführer des Forums der Kulturen für die Migrantenvereine in Stuttgart ein. Für ihn ist die Anerkennung nach seinen Veranstaltungen und Projekten von den Teilnehmern wichtiger als jeder Orden.

Rolf Graser hat zwar selbst keinen Migrationshintergrund, setzt sich aber seit 15 Jahren als Geschäftsführer des Forums der Kulturen für die Migrantenvereine in Stuttgart ein. Für ihn ist die Anerkennung nach seinen Veranstaltungen und Projekten von den Teilnehmern wichtiger als jeder Orden.

Stuttgart - Im Büro von Rolf Graser mit Blick auf den Marktplatz gibt es kaum einen Fleck, der nicht mit Papierstapeln, Büchern und CDs bedeckt ist. Schreibtisch, Besprechungstisch und die Fensterbank quillen fast über. „Hier habe ich eine Anfrage von einer Musikgruppe, dort ist ein Flyer, den ich gestalte, und darunter Abrechnungen“, erklärt er das geordnete Chaos. „Ich versuche, alles im Blick zu behalten.“

Als Geschäftsführer des Forums der Kulturen laufen bei ihm alle Fäden zusammen. Er ist der Ansprechpartner für die Migrantenvereine in Stuttgart. „Ich arbeite oft zwölf Stunden am Tag, aber ich mache das gerne.“ Für diese Arbeit, die er seit 15 Jahren als Mitbegründer des Dachverbands der Migrantenvereine leistet, wird Rolf Graser an diesem Donnerstag im Neuen Schloss mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgezeichnet. „Darüber freue ich mich, aber noch wichtiger ist die Anerkennung, die wir von den Menschen und Behörden nach unseren Veranstaltungen bekommen“, sagt der 59-Jährige.

Seine 14 Mitarbeiter haben alle einen Migrationshintergrund. Graser selbst kann dagegen seine schwäbischen Wurzeln schon aufgrund seines Dialekts nicht verbergen. „Anfangs dachte ich, ich wäre deswegen der Falsche für den Job, doch die Vereine brachten mir das Vertrauen entgegen.“

„Kulturen-Reichtum unserer Stadt birgt so viel Potenzial, das wir nutzen müssen“

Die Initiative zur Gründung des Forums der Kulturen kam vor 15 Jahren von den Migrantenvereinen selbst, die schon seit Jahren zusammenarbeiteten. Rolf Graser engagierte sich zu der Zeit ehrenamtlich in dem soziokulturellen Zentrum Laboratorium und organisierte dort Musik- und Kulturveranstaltungen, darunter Lateinamerika- und Afrikatage und das Mittelmeerfestival. Dadurch arbeitete er viel mit Migrantenvereinen zusammen. „Mein Interesse an Lateinamerika und Afrika kam durch Reisen, die ich damals noch intensiver als heute betrieben habe.“ Für ihn steht fest: „Der Kulturen-Reichtum unserer Stadt birgt so viel Potenzial, das wir nutzen müssen.“ Graser spricht nicht gerne von Integration, da mit diesem Wort Migranten auf ihre Defizite reduziert werden. Für ihn steht das Potenzial im Vordergrund, das die interkulturelle Vielfalt mit sich bringt.

Als er seine Arbeit im Kosmos-Verlag nach zwanzig Jahren durch den Verkauf seines Arbeitsbereiches verlor, wollte er sich noch mehr Zeit für seine ehrenamtliche Arbeit nehmen. Neben dem Laboratorium unterstützte er die Gründung des Forums der Kulturen. „Anfangs war es sogar von Vorteil, dass ich als Geschäftsführer sozusagen neutral war und sich keine Nationalität unter den Migrantenvereinen bevorzugt oder benachteiligt gefühlt hat.“ Inzwischen würden diese Befindlichkeiten aber keine Rolle mehr spielen.

In den ersten zwei Jahren war er alleine für den Dachverband tätig, ohne finanzielle Unterstützung der Stadt und von seinem Wohnzimmer aus. „Viele haben mich für einen Spinner gehalten, weil ich mir viel vorgenommen hatte“, sagt er. Schon zwei Jahre nach der Gründung veranstaltete er zum ersten Mal das Sommerfestival der Kulturen auf dem Marktplatz und die Zeitschrift „Begegnungen der Kultur“ erschien.

Inzwischen übernimmt die Stadt zu einem Viertel die Finanzierung des Forums der Kulturen. Der Dachverband bekam zwei Jahre nach der Gründung Büroräume und mit jedem Jahr einen neuen Mitarbeiter dazu. Bis heute werden drei Viertel der Kosten durch projektbezogene Zuschüsse, Stiftungen oder Förderungen der EU finanziert. „Es ist mein Job, an diese Gelder zu kommen und sie zu verwalten“, sagt Graser. Ein Bürohengst sei er aber nie gewesen. Nach wie vor geht er raus zu den Vereinen, um sich Sorgen anzuhören oder Projekte zu planen.