Führungskraft und Mitarbeiter sollten beim Mitarbeitergespräch einen echten Dialog führen. Foto: dpa

Oft empfinden sowohl Chefs als auch Mitarbeiter diese Termine als lästige Pflicht. Die Haltung beider Gesprächspartner ist entscheidend für den positiven Verlauf des Treffens.

„Problematisch ist ein Mitarbeitergespräch meist dann, wenn im normalen Arbeitsalltag niemand Feedback gibt“, sagt Eva Reiff, Trainerin und Autorin aus Stuttgart. Sie hat zu dem Thema den Ratgeber „Zielvereinbarungen und Jahresgespräche“ veröffentlicht. „Wo hingegen Feedback zur Unternehmenskultur gehört, sollte das turnusmäßige Gespräch für Mitarbeiter keine Überraschungen bergen, da auf das Feedback im Alltag Bezug genommen wird.“ Auch die Stuttgarterin Sonja Kämpfer von Vectis Consulting betont: „Wenn im Alltag Vorgesetzte darüber reden, was gut und was weniger gut läuft, dann staut sich auch nichts auf. Der jährliche Termin dient dann nur noch dazu, in Ruhe zu reflektieren.“

Ein Problem bei Mitarbeitergesprächen ist häufig die Vorbereitung, weiß der Unternehmensberater und Businesscoach Roland Jäger aus Wiesbaden: „Oft nehmen sich Führungskräfte kaum Zeit dafür.“ Aber genau das belaste das Gespräch. Denn die Mitarbeiter würden dieses Desinteresse ihres Vorgesetzten sehr wohl erkennen. „Deshalb sind Beschäftigte oft schon im Vorfeld auf Krawall gebürstet und haben keine Lust auf den Termin.“ Vor diesem Hintergrund rät Jäger den Führungskräften, sich klarzumachen, was im Mittelpunkt des Treffens stehen sollte: „Es geht um den Menschen.“ Das Interesse des Vorgesetzten für den Mitarbeiter sei enorm wichtig für den Erfolg des Treffens. „Es geht dabei nicht in erster Linie um die Gesprächsinhalte, die in der Regel die Personalabteilung vorgibt, sondern um die Haltung des Chefs.“

Das Verhalten prägt die Stimmung bei der Besprechung. „Es ist kontraproduktiv, wenn der Vorgesetzte währenddessen dauernd auf sein Handy schaut oder telefoniert.“ Ungeteilte Aufmerksamkeit sei dagegen ein gutes Mittel, um eine positive Atmosphäre zu schaffen, sagt Sonja Kämpfer.

Fragebogen mit Leben füllen

Eva Reiff empfiehlt Führungskräften, im Mitarbeitergespräch nicht nur den Fragebogen der Personalabteilung abzuarbeiten, sondern einen echten Dialog zu führen. „Am besten greifen sie sich zwei für sie besonders relevante Fragen heraus und vertiefen sie.“ Der Fragebogen selbst sei ein Hilfsmittel. „Chefs haben die Aufgabe, dieses Werkzeug mit Leben zu füllen.“

Nach Einschätzung von Kämpfer sollten Führungskräfte sowohl ihre Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten deutlich machen, als auch bei der Einschätzung ihrer Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen realistisch bleiben. „Der Satz ,Ehrlich währt am längsten‘ gilt auch hier. Es ist kontraproduktiv, einem Mitarbeiter etwas zu versprechen, was nicht gehalten werden kann.“

Jäger rät ebenfalls zum Realismus: „Chefs dürfen keine zu positiven Beurteilungen abgeben, nur um Konflikten aus dem Wege zu gehen.“ Der Unternehmensberater weiß, dass sich in den Dokumentationsbö- gen zum Mitarbeitergespräch oft Bewertungen finden lassen, die einem kritischen Blick kaum standhielten. „Das kann insbesondere bei einem Personalwechsel in der Führung zum Problem werden, nämlich dann, wenn der Neue dem glaubt, was er über die Fähigkeiten der Beschäftigten liest.“

Natürlich kommt es auch darauf an, wie Führungskräfte Kritik äußern. „Verbesserungswünsche sollten konkretisiert werden. Es reicht nicht aus, die fehlende soziale Kompetenz ganz allgemein zu bemängeln, sondern der Vorgesetzte sollte diese an konkreten Situationen festmachen“, betont Reiff. Gleichzeitig sei es hilfreich, Brücken zu bauen und sich zu bemühen, die Gründe für ein bestimmtes Verhalten des Beschäftigten zu verstehen.

Andererseits sollten Vorgesetzte die Leistungen ihrer Teammitglieder auch würdigen. Reiff rät dabei von Gemeinplätzen ab. „Am besten ist ein relevantes Lob, das sich auf konkrete Handlungen bezieht. Die konstante Qualität der Arbeit sollte ebenfalls Anerkennung finden.“

Für den guten Verlauf des Gesprächs sollten auch die Mitarbeiter etwas tun. „Arbeitnehmer sollten mit der Kritik konstruktiv umgehen und nicht lamentieren“, so Kämpfer. Beanstandungen sollten sie nicht persönlich nehmen. „Besser ist es, dem Chef Lösungsvorschläge zu unterbreiten und sich schon im Vorfeld mögliche Verbesserungen zu überlegen.“

Am Ende eine konkrete Zielvereinbarung

Ist der Mitarbeiter von der Kritik getroffen, ist aufseiten des Gesprächspartners Empathie gefragt: Dann macht es Sinn zu überlegen, was der Beschäftigte in diesen Moment braucht. „Das kann von Mitarbeiter zu Mitarbeiter ganz unterschiedlich sein“, betont Reiff. Der eine brauche eine Pause, der andere möchte gerne mit dem nächsten Punkt weitermachen.

Am Ende des Treffens sollte eine konkrete Zielvereinbarung stehen. „Dazu gehört die Beantwortung der Frage, was ein Beschäftigter in den nächsten sechs bis zwölf Monaten wissen sollte und können muss“, sagt Jäger. Er sieht nicht nur in klassischen Fortbildungsformaten eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Auch Selbststudium oder die Übernahme von Projekten sind Optionen. „Um die Konfliktfähigkeit eines Teammitgliedes zu steigern, könnte er zum Beispiel Moderationsaufgaben übernehmen.“