Viele Bürger zeigten Interesse daran, sich bei der Betreuung der Flüchtlinge mit einzubringen. Foto: Grimm

Vereine, Kirchen und Privatleute informieren sich über Möglichkeiten. "Fettnäpfchen-Vermeidungskurs" geplant.

Meßstetten - Selten hat wohl der Sitzungssaal im Meßstetter Rathaus einen solchen Andrang interessierter Besucher erlebt. Bürgermeister Lothar Mennig, Eberhard Wiget, Sozialdezernent des Zollernalbkreises, und Frank Maier als künftiger Leiter der Landeserstaufnahmeeinrichtung zeigten sich "überwältigt" vom Zuspruch.

Mindestens 120 Personen, darunter Vertreter aller vier örtlichen Kirchen, mehrerer Vereine und eine große Anzahl Privatleute, waren der Einladung von Stadt und Landkreis gefolgt, sich über den Sachstand und die ehrenamtlichen Hilfsmöglichkeiten bei der Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge zu informieren.

In der stillgelegten Zollernalbkaserne wird eine von Karlsruhe aus gesteuerte Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge eingerichtet, die in der zweiten Oktoberhälfte ihre Arbeit aufnehmen soll. Rund 1000 Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten werden zwei bis vier Wochen, maximal aber drei Monate in der Meßstetter LEA verbringen, bevor sie auf die 44 Landkreise – abzüglich des Zollernalbkreises und Karlsruhe – des Landes Baden-Württemberg verteilt werden.

Sinnvolle Abwechslung in Tagesablauf bringen

In der relativ kurzen Zeit ihres Aufenthalts in der LEA müssen die Menschen aufgenommen, aufgefangen und betreut werden. Neben einer professionellen Firma, die alles Wesentliche wie Essen, Unterkunft und Materialverteilung übernimmt, wollen neben hauptamtlich Tätigen freiwillige Helfer sinnvolle Abwechslung in den Tagesablauf der Flüchtlinge bringen.

Mennig und Wiget bezeichnen die Helfer als "Schnittstelle zwischen Bevölkerung und den Zufluchtsuchenden" sowie als Multiplikatoren, die ihre Erfahrungen nach außen vermitteln und so zu beidseitigem Verständnis und zur Toleranz beitragen. Um die Hilfsangebote auszuwerten, ließ Mennig Fragebogen verteilen, in denen die Hilfswilligen die Art ihrer Unterstützung – beispielsweise Sachspenden, Kinderbetreuung, Sprachförderung, Sport- und Kulturangebote – konkretisierten. Die Hilfen müssten jedoch "kanalisiert und koordiniert werden", sagte der Bürgermeister. Nach Auswertung der Bogen soll zeitnah eine weitere Besprechung mit den Ehrenamtlichen stattfinden.

Mennig und Wiget machten deutlich, dass das Land "auf alle Wünsche der Gemeinde vollumfänglich eingegangen ist". Das betreffe die Gesundheitsversorgung ebenso wie die Sicherheit, die auf einem von der Polizei erarbeiteten Konzept fuße. Auch wird eine Buslinie von der Kaserne in die Stadt eingerichtet, ein Kindergarten soll in einem der Hörsäle entstehen und das Soldatenheim "wird wieder ertüchtigt", so Mennig. Das Land habe einer hauptamtlich besetzten Koordinierungsstelle, eventuell mit zwei Fachkräften, zugestimmt, die im Soldatenheim ihre Arbeit aufnehmen wird.

Anschließend gab es eine Diskussionsrunde. Dabei war eine Anregung, die Ankömmlinge gegen Masern und andere Kinderkrankheiten zu impfen. An die religiösen Bedürfnisse der Menschen – man geht von überwiegend Muslimen aus – ist gedacht. Neben versicherungsrechtlichen Fragen bei Unfällen im Zusammenhang mit ehrenamtlicher Betreuung nahm die Verständigung breiten Raum ein. Werden Sprachkurse angeboten, gibt es genügend Dolmetscher und sind im Problemfall professionelle Ansprechpartner für die Helfer da, wie geht man mit traumatisierten Menschen um, wird der Schießbetrieb auf dem Truppenübungsplatz eingestellt, wer übernimmt die Kosten für notwendiges Beschäftigungsmaterial – diese Fragen beschäftigten die Teilnehmer.

Die Verantwortlichen gaben darauf nur zum Teil ausreichend Auskunft. Vieles müsse erst noch geklärt und in entsprechende Bahnen gelenkt werden, anderes wie Sprachkurse könnten wegen des kurzen Aufenthalts der Flüchtlinge nur im untersten Level angeboten werden. Schulungen für die Helfer und ein "Fettnäpfchen-Vermeidungskurs" sollen helfen, kulturelle, sprachliche und religiöse Klippen zu umschiffen.

Mennig, Wiget und Maier versprachen, in engem Kontakt mit den Hilfswilligen zu bleiben und die noch offenen Fragen anzugehen. "Wir wollen alles tun, dass die Arbeit der Ehrenamtlichen sofort mit Ankunft der ersten Flüchtlinge koordiniert ist und zum Wohle aller beginnt."

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