Im "Sportstudio": Willi Widmann im Polo-Shirt der "Freunde der Leichtathletik" mit dazu gehöriger Kappe auf dem Kopf vor seinen Autogrammschätzen. Der Schrank beinhaltet knapp 100 Bücher zu den Olympischen Spielen von 1896 bis heute. Foto: Holbein Foto: Schwarzwälder-Bote

Seit 54 Jahren: Willi Widmann sammelt Autogramme von Sportlern / Etwas mehr als 600

Von Christoph Holbein

Meßstetten-Unterdigisheim. Jesse Owens lächelt dem Betrachter von der Wand aus zu. "Best wishes to Willi" steht als Widmung auf dem Foto. Das Autogramm des US-amerikanischen Leichtathleten afroamerikanischer Abstammung, der bei den Olympischen Spielen 1936 vier Goldmedaillen gewann, ist ein besonderer Schatz in der Sammlung, die Willi Widmann mit 15 Jahren begann aufzubauen. Mittlerweile hängen an der Wand in seinem "Sportstudio" etwas mehr als 600 Autogramme namhafter Sportler.

Die ersten stammen aus dem Jahr 1960, als der heute 69-Jährige das Sepp-Hipp-Gedächtnissportfest in Balingen besuchte. Das Autogramm des Olympiasiegers Martin Lauer, Spezialist über 110-Meter-Hürden, zeugt davon. Viele seiner Stücke hat der frühere Redakteur des Schwarzwälder Boten auf dem Postwege erhalten: "Ich habe die Leute angeschrieben." So auch Uwe Seeler über die Firma, bei welcher der Fußballnationalspieler gearbeitet hat. Es kam ein Autogramm, "aber nur gedruckt". Mehr als vier Jahrzehnte später unternahm der frühere Sportredakteur einen weiteren Versuch: Widmann sendete ein altes Foto des Fußballers, und es wurde zurückgeschickt, diesmal mit einer persönlichen Widmung: "Herzlichst für Willi".

Autogramme sammelte der ehemalige Ressortleiter Vermischtes auch bei den großen Sportveranstaltungen, etwa den zwei Olympischen Spielen, 1992 in Barcelona und 2008 in Peking, und den Fußballweltmeisterschaften, 1974 in Deutschland und 1982 in Spanien, die er miterlebt hat. Noch immer geht er zu Titelkämpfen der Leichtathletik, der sein Hauptinteresse gilt. Willi Widmann sammelt weiter, "aber nicht um jeden Preis: Ich lege Wert auf Qualität statt auf Quantität." Wichtig ist ihm, ins persönliche Gespräch mit den Sportlern zu kommen, zum Beispiel mit Kugelstoßer David Storl, den er in Karlsruhe traf.

Die Autogrammtafeln sind Collagen: Bilder aus den Programmheften, Eintrittskarten und die Autogramme. Hinter Glas hängen sie an der Wand in seinem "Sportstudio": 100-Meter-Weltrekordler Armin Hary, die Ringer-Champions Wilfried Dietrich und Adolf Seger, die gesamte Skifamilie Neureuther. Manches Autogramm ist bei den Ehrungen zum Sportler des Jahres in Baden-Baden abgefallen, die er dreimal besucht hat. Darunter sind auch Sportler aus der Region, zum Beispiel der Olympiasieger in der Dressur, Martin Schaudt aus Onstmettingen. "Ganz besonders freut mich das Autogramm von Rene Stauß, meinem Großneffen, dem Hochspringer und Zehnkämpfer" – Stauß ist in Benzingen zuhause. Schwierig zu bekommen war das Autogramm von Fußballer Helmut Rahn, berühmt durch seinen Siegtreffer zum 3:2 im WM-Finale 1954 Deutschland gegen Ungarn.

Einen besonderen Liebling möchte Widmann nicht ausmachen unter seinen Sammlerstücken, aber auf die Autogramme von Tennisstar Roger Federer, WM-Torschützenkönig Just Fontaine und Skirennläuferin Michaela Dorfmeister ist er besonders stolz. An den Ex-Fußballprofi Wolfgang Overath kam er dagegen nicht ran. Fast zuhause ist der 69-Jährige im alten Olympiastadion von Athen: "Da pilgere ich fast jedes Jahr hin."

"Im Stadion fühle ich mich wohl"

Der Sport ist seine große Leidenschaft. Auf dem Fanstuhl in dem Raum im Dachgeschoss seines Hauses liegen die Kappen von den Olympischen Spielen, von Europa- und Weltmeisterschaften und die Fahnen, die er als Fan mitnimmt. Widmann ist Mitglied bei den "Freunden der Leichtathletik", die Nachwuchsleichtathleten unterstützen und die ihm Karten und Quartiere für die sportlichen Wettkämpfe besorgen.

Ein Autogramm wollte er unbedingt haben, das von Carl Lewis, der zu den erfolgreichsten Leichtathleten der Sportgeschichte zählt: "Ich habe ihm geschrieben, aber die Sicherheitsleute haben den Brief abgefangen und zurückgeschickt." Oft hatte Widmann den Sportler live gesehen, dennoch will er keinen zweiten Anlauf machen. Auch Diskuswerfer Robert Harting fehlt ihm in seiner Sammlung.

Das nächste Großereignis ist die Europameisterschaft in Amsterdam, und die Olympiade in Rio ist sein "größter Traum", denn Widmann ist "Olympische-Spiele-Fan: Keine Veranstaltung sonst verbindet so weltweit und friedlich die Menschen miteinander trotz aller politischen Probleme. Das möchte ich schon gerne noch einmal erleben."

Und ein weiterer Wunsch treibt den 69-Jährigen um, den Sportlern persönlich zu begegnen, etwa dem jamaikanischen Sprinter Usain Bolt, dessen Autogramm an der Wand einen Ehrenplatz bekäme. Oder Ex-Biathletin Magdalena Neuner, der Widmann auf alle Fälle schreiben möchte, um sie um ein Autogramm zu bitten. Manchmal sind es die kleinen Zufälle, die zu unerwarteten Exponaten führen. So stellte sich heraus, dass die Wirtin vom Urlaubsdomizil in Südtirol italienische Meisterin im Eisstockschießen und Bronze-Medaillengewinnern bei der Eisstock-WM in Innsbruck ist: So prangt nunmehr das Autogramm von Maria Romen auch unter denen der anderen Sportgrößen.