Hartmut Otto † Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Nachruf: Früherer Pfarrer stirbt 74-jährig

Meßstetten-Tieringen/Albstadt-Laufen. Als Alterssitz hatte er Laufen ausgewählt, aber 13 Jahre Pfarrdienst in Tieringen und Oberdigisheim fallen am Ende schwerer ins Gewicht: Hartmut Otto wird seine letzte Ruhestätte in Tieringen finden. Am 21. August ist er nach schwerer Krankheit im Alter von 74 Jahren gestorben.

Hartmut Otto war gebürtiger Stuttgarter – ein "Stäffelesrutscher", wie er selber gerne sagte – ; allerdings war dem kleinen Hartmut nicht viel Zeit fürs Staffelrutschen überm Nesenbach vergönnt: Er war noch klein, als die Familie fortzog ins ostwestfälisch Herford. Von dort ging es dann – auch Ottos Vater war Pfarrer – weiter ins Hohenlohische; das Abitur machte Hartmut Otto in Crailsheim. Anschließend stand der junge Mann vor der Wahl zwischen zwei Passionen; er gab der Theologie den Vorzug vor der Musik.

In der Werkstatt hat er selbst mit angepackt

Dem Studium am Tübinger Stift und in Bonn folgte eine seelsorgerische Laufbahn mit den Stationen Böblingen, Ulm, Mariaberg und schließlich Tieringen/Oberdigisheim. In Ulm wirkte Otto als Jugendpfarrer, in Mariaberg arbeitete er selbst in der Werkstatt mit und versuchte sich im dreigeteilten Dienst eines Heilerziehungspflegers – Seelsorge aus der Halbdistanz lag ihm nicht; er wollte den Alltag seiner Gemeindeglieder kennen und möglichst viele verschiedene Erfahrungen sammeln. Dies, so urteilte er später als Ruheständler, habe ihn letztlich befähigt, auch auf dem Heuberg die bemerkenswerte Vielgestaltigkeit der Landgemeinde und die Individualität ihrer Glieder zu erkennen und zu würdigen.

Umgekehrt gestand sich Hartmut Otto diese Individualität auch selbst zu – in seinen Gottesdiensten kam auch die Phantasie zu ihrem Recht. Ein übellauniger, pedantischer Kirchenmann, der Drohkulissen aufbaut, war das letzte, was Hartmut Otto sein wollte: Eine Botschaft, die sich die Frohe nennt, bedurfte eines Verkündigers, der sich nicht als Griesgram selbst Lügen strafte – das war seine Überzeugung.

Und so gab Hartmut Otto zusammen mit Arthur Egle-Theurer den launigen, gelegentlich auch bissigen Kabarettisten – und räumte der Musik eine wichtige Rolle in seinem Leben und seinem Wirken ein: 17 Jahre lang leitete er den Kirchenchor in Oberdigisheim und später vertretungsweise den Laufener. Eine künstlerische Begabung besaß der passionierte Fotograf auch, desgleichen eine literarische: Wer in Gretel Friz’ "Oberdigisheimer Dorfgeschichten" schmökert, wird auch auf Hartmut Ottos Namen stoßen.

Am "Tag der Arbeit" schied er aus dem Berufsleben

Aus dem Berufsleben ausgeschieden war Hartmut ironischerweise an einem "Tag der Arbeit", dem 1. Mai 2008 – just am Vorabend hatte er seinen 65. Geburtstag gefeiert.

Von Ruhestand konnte keine Rede sein

Als Ruheständler beschäftigte er sich intensiv mit dem Judentum, von dem, wie er meinte, das Christentum auch nach zwei Jahrtausenden wechselvoller Koexistenz noch eine Menge lernen könne – und er half, wenn Not am Mann war, bereitwillig in der Tieringer Gemeinde aus. Sie wird ihm denn auch, zusammen mit seinen Angehörigen, am Dienstag, 29. August, das letzte Geleit geben. Die Trauerfeier auf dem Tieringer Friedhof beginnt um 13 Uhr.