Teilnehmer erfahren bei der Wanderung auf den Hülenbuchwiesen viel Wissenswertes über Landschaft und Natur

Von Renate Deregowski

Meßstetten-Tieringen. Die Schwäbische Alb bietet eine größere Vielfalt, als sie auf den ersten Blick preisgibt. Genau hingesehen haben deshalb die Teilnehmer der Wanderung auf den Hülenbuchwiesen.

Sie gingen mit Arnold Kleiner vom Umweltamt des Landratsamts Zollernalbkreis und dem Diplom-Biologen Wilfried Löderbusch auf Entdeckungstour durch das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH). Aus landschaftsbiologischer Sicht ist die südwestliche Alb ein besonderes Gebiet: Die niedrigwüchsigen Flächen sind heute eine Seltenheit und stehen unter Naturschutz.

Vom Wanderparkplatz Hörnle führte die kurze Wegstrecke ein Stück westlich, dann hinauf zum Gedenkstein und an die Spitze des Hörnle und anschließend zurück auf den Parkplatz, wo die Kohlraisle-Mitglieder die Spaziergänger bewirteten.

Kleiner bezeichnet das Gebiet – das stellvertretend für rund 1764 Hektar an kartierten Mähwiesen im Zollernalbkreis steht – als Kulturlandschaft, entstanden durch jahrhundertelange Bewirtschaftung durch den Menschen. Charakteristisch für dieses Gebiet ist die Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Diese zu erhalten, sei ein Ziel des Zollernalbkreises.

Dafür schließt der Kreis Landschaftspflegeverträge, unter anderem mit Landwirten. Viele dieser Verträge enthalten die Vorgabe einen Altgrasstreifen beim Mähen stehen zu lassen. Dieser dient Tieren als Rückzugsort im Gebiet.

"Zuerst ein ›bss‹, dann ›zip-zip-zip‹"

Wilfried Löderbusch untersucht seit vier Jahren im Auftrag des Landratamts diese Altgrasstreifen. Sein Schwerpunkt liegt auf der seltenen Wanstschrecke. Diese erkenne man an ihrem typischen Ruf, erklärte der Diplom-Biologe: "Zuerst hört man ein ›bss‹, dann ein ›zip-zip-zip‹, und zum Schluss hört es sich an, wie wenn einem Motor das Benzin ausgeht." Auf der Alb sei sie noch rund vier Wochen lang zu hören, dann sei ihre Saison vorbei. Für Marder, Fuchs, Hermelin und Krähe sei die Wanstschrecke "acht Gramm hochwertiges Eiweiß", informierte Löderbusch weiter. Sie weise in etwa den Nährwert eines Shrimps auf. Außerdem habe das Insekt hohe Ansprüche an sein Biotop, die auf der südwestlichen Alb erfüllt werden: Die Wiesen sind dicht genug, um sich zu verstecken; gleichzeitig aber so licht, dass die Sonne den Boden aufwärmt und trocknet.

Während die Erwachsenen gebannt lauschten und sich eine seltene Wanstschrecke im Marmeladenglas anschauten, sammelten die Kinder verschiedene Blumen. Arnold Kleiner ging anschließend näher auf die Arten ein. So fand sich etwa auf wenigen Quadratmetern eine lange Liste an Pflanzen. Darunter der gelb-blühende Klappertopf. Bei diesem handelt es sich um einen Halbparasiten, der mit seinen Wurzeln andere Pflanzen angreift und bei den Landwirten gar nicht beliebt ist. In manchen Gegenden Deutschlands wird er Milchdieb genannt.

Dass es dort Wiesen gibt und nicht nur reine Weiden, ist dem Hahnenfuß zu verdanken. Dieser ist giftig, was sich aber beim Trocknen verliert. Auch die pink-weiß blühende Futter-Esparsette fand sich im Blumenstrauß. Diese sei früher im großen Maßstab als Viehfutter angebaut worden, erklärte Kleiner, und sei sehr beliebt bei Schmetterlingen. Zu diesen zählt der Weißdolchbläuling. Dieser braune Falter mit markantem weißen Streifen auf der Flügelunterseite kommt nur an wenigen Standorten im Zollernalbkreis vor. Gebe es nicht die Futter-Esparsette, gebe es ihn nicht: Der Schmetterling klebt nämlich seine Eier an die Pflanze und benötigt deshalb Flächen, auf denen ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Mähen und Wachsenlassen besteht.

Wer sich genauer über Schmetterlinge informieren möchte, hat bis 10. Juli dazu Gelegenheit – bei einer Ausstellung im Landratsamt in Balingen zum Thema.