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Landeserstaufnahmestelle macht Ende September dicht. 28.000 Flüchtlinge in drei Jahren "durchgeschleust".

Meßstetten - Die Landeserstaufnahmestelle Meßstetten gilt als Vorzeige-Einrichtung. 28.000 Flüchtlinge wurden hier innerhalb von drei Jahren "durchgeschleust". Jetzt schließt die Einrichtung – zurück bleibt viel Lob für die Helfer.

Das Bild hat Symbolcharakter. Es ist der Blick in die Kantine der Landeserstaufnahme für Flüchtlinge in Meßstetten: Die langen Tischreihen sind verwaist, ein paar junge Afrikaner stellen die letzten Stühle auf die Tische. "Hier war schon mal mehr los", sagt Utz Remlinger, der Vize-Regierungspräsident aus Tübingen. Nach drei Jahren schließt die Landeserstaufnahmeeinrichtung (Lea) Ende September ihre Pforten.

Zeitweise Zufluchtsort von mehr als 3500 Menschen

Im Oktober 2014 wurde die Einrichtung eröffnet. Ausgerichtet war sie für 1000 Menschen. In den dramatischen Tagen, als im Spätsommer 2015 Tausende Flüchtlinge täglich nach Deutschland strömten, waren zeitweise mehr als 3500 Menschen dort untergebracht. "Zentimeter an Zentimeter lagen sie damals in ihren Faltbetten", erinnert sich Remlinger. Wo derart viele Menschen auf engsten Raum leben, breiten sich rasch Aggressionen aus, weiß Remlinger. "Da würde es bei Deutschen öfter krachen."

Spätsommer 2015 – Deutschland durchlebte damals eine Zerreißprobe. "Willkommenskultur" auf der einen, wütender Protest und Fremdenhass auf der anderen Seite. Doch im ländlichen Meßstetten verlief die Aufnahme von Flüchtlingen weitgehend reibungslos. 3500 Flüchtlinge auf 10 000 Einwohner – das klingt, als seien Spannungen programmiert. Warum verlief es in Meßstetten anders? Andreas Binder, Chef der Einrichtung, hat einen Teil der Antwort parat. Die meisten Flüchtlinge seien aus Bürgerkriegsgebieten in Syrien, dem Irak, Afghanistan und Somalia gekommen und hätten somit gute Chancen auf Asyl gehabt. Man habe darauf geachtet, dass keine alleinreisenden jungen Männer aus dem Maghreb nach Meßstetten kamen, die letztlich keine Chance auf Asyl hätten. Auch Remlinger spricht von einer "klugen Vereinbarung".

Bürgermeister lobt Engagement der Ehrenamtlichen

Frank Schroft (CDU), im September 2015 zum Bürgermeister von Meßstetten gewählt, sieht noch einen weiteren Grund: "Die Ehrenamtlichen waren der soziale Kitt" zwischen den Flüchtlingen und der Bevölkerung. 250 Helfer hätten sich spontan gemeldet, als die Unterkunft eröffnet wurde. Jetzt, da die Einrichtung schließt, habe er bei manchen Helfern einen Hauch von Wehmut bemerkt. Zwar räumt auch Schroft ein, dass es anfangs auch Ängste und Vorbehalte gab. "Es gab auch viele, die nicht einverstanden waren mit der Lea." Doch außer einer größeren Schlägerei unter Flüchtlingen innerhalb der Lea sei es niemals zu ernsten Zwischenfällen gekommen. Entscheidend sei auch gewesen, dass man die Einwohner stets eingebunden habe, etwa bei Bürgerversammlungen. "Die Menschen hatten sich nicht veräppelt gefühlt." Das habe sehr geholfen. "Ich habe letztlich keinen einzigen Protest-Anruf wegen der Lea bekommen."

Bürgermeister Schroft sieht noch eine andere positive Entwicklung: "Die Stadt hat auch Vorteile gehabt." Die Flüchtlinge seien nämlich als Einwohner von Meßstetten gezählt worden. Dies habe die Einnahmen durch den kommunalen Finanzausgleich erhöht. "Wir haben auch finanziell profitiert – aber auch durch das Ehrenamt."