Bei den Wettkämpfen nahmen vier Zeitnehmer die Zeit; zwei Helfer räumten die Wolle weg und sieben Richter, darunter der fünfmalige deutsche Meister Rainer Blümelhuber und ein gebürtiger Australier, werteten die Scherer. Als Oberrichter fungierte der Vorsitzende des Vereins deutscher Schafscherer aus Niedersachsen. Foto: Holbein

Baden-württembergische Schafschurmeisterschaft in Heinstetten: Emanuel Gulde ist der alte und neue Titelträger.

Meßstetten-Heinstetten - 27 Teilnehmer sind am Start gewesen: 23 Profis und vier Junioren. Bei der baden-württembergischen Schafschurmeisterschaft holte sich Emanuel Gulde aus Salem den Titel. Die Organisatoren nutzten das Wochenende, den Gästen die Schafhaltung näherzubringen.

In zwei Klassen starteten die Schafscherer: bei den Junioren und bei den Profis, die jeweils zwei Vorläufe zu absolvieren hatten, um sich für das Finale zu qualifizieren. Dabei ging es nicht nur um die schnellste Zeit, die Richter schauten auch darauf, wie der Scherer mit dem Schaf umgeht und welche Endqualität die geschorene Wolle hat. Außerdem dürfen die Schafe nicht verletzt werden. Alles zusammengenommen und in Relation gesetzt ergab das Endergebnis. Lokalmatador Felix Riedel startete gut in die Titelkämpfe. Er scherte wie die meisten Teilnehmer nach der neuesten Methode aus Neuseeland die Tiere auf dem Boden. Es gab aber auch Starter, welche die Schafe auf einer Bank von ihrer Wolle befreiten.

Angefeuert von seinen Fans bot Riedel im Finale dem amtierenden deutschen und baden-württembergischen Meister Emanuel Gulde ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Zwar war Riedel am Ende in zwölf Minuten und sieben Sekunden schneller fertig mit dem Scheren der acht Schafe, aber Gulde sammelte weniger Strafpunkte und lag am Ende mit dem Hauch von 0,86 Zählern besser vorne. Auf Rang drei folgte Jan Rene Juppe aus Ubstadt bei Karlsruhe.

Bei den Junioren holte sich der 18-jährige Daniel Erhardt den Titel vor dem 16-jährigen Lars Voigt.

Anette Wohlfarth, die Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands Baden-Württemberg, und Richterin Ina Ritter moderierten die Wettkämpfe. Für die Sieger der Schafschurmeisterschaft gab es Pokale und als Hauptpreis bei den Profis ein E-Bike.

Unter den Scherern waren Wettkämpfer, die das erste Mal bei der baden-württembergischen Meisterschaft ins Rennen gingen. Rockige Musik untermalte den Wettbewerb. Vor dem Finale demonstrierten in einem Mannschaftsscheren – als Länderkampf ausgetragen – die jeweils dreiköpfigen Teams aus Berlin-Brandenburg, aus Baden-Württemberg, Bayern und ein internationales Ensemble – mit Stefanie Kauschuss als einziger Frau und einem gebürtigen Australier im Team – die hohe Kunst des Schafscherens. Baden-Württemberg war am schnellsten.

Wer nicht gerade bei den Wettkämpfen zuschaute, der hatte die Möglichkeit, im von Pferden gezogenen Planwagen eine Kutschfahrt zu unternehmen, auf dem Pony zu reiten oder über den Markt zu bummeln, um dort neben Ziegenkäse, selbst gestrickten Socken und kleinen Babyschühchen aus Schafwolle unter anderem auch Holzspielzeug, weitere andere Schafprodukte und Körbe zu finden.

Durst und Hunger musste niemand leiden bei den Titelkämpfen: Für Bewirtung war gesorgt – auch mit speziellen Angeboten vom Schaf wie dem Schafgulasch mit Spätzle, der Schafgulaschsuppe und dem Schafburger.

Harald Höfel hatte auf dem Hof der Schäferei Höfel und Braun die zahlreichen Gäste willkommen geheißen. Dass die baden-württembergische Schafschurmeisterschaft die frühere Tradition der Schäftertage in Heinstetten wieder aufleben lasse, freute Meßstettens Bürgermeister Lothar Mennig. Von 1990 bis 2003 hatte es aus kleinen Anfängen heraus sieben solcher Veranstaltungen gegeben. Mennig verdeutlichte, dass die Schäferei harte Arbeit sei bei allen Wetterlagen und keine Idylle. Die Wanderschäfer seien oft weit entfernt von ihrem Zuhause und der Familie unterwegs.

Derweil habe die Schafzucht auch auf dem Großen Heuberg eine wichtige Bedeutung, weideten die Tiere etwa auf dem Truppenübungsplatz und pflegten die Landschaft. Das sei entsprechend zu vergüten, der Stundenlohn sei verbesserungswürdig: "Die Gesellschaft muss entscheiden, was ihr diese Pflege wert ist." Deshalb plädierte Mennig dafür, mehr Schaffleisch auf die Speisekarte daheim zu nehmen und Schafwolle zu nutzen. Das unterstrich auch der Vorsitzende des Landesschafzuchtverbands, Alfons Gimber: "Eine solche Veranstaltung ist wichtig, um den Menschen zu zeigen, wie die Schafschur abläuft und wie die Tiere zum Naturschutz beitragen." Zumal in den vergangenen Jahren die Zahl der Schafe um 20 bis 30 Prozent zurückgegangen sei. "Deshalb sind wir auf die Öffentlichkeit angewiesen und deshalb sind öffentliche Gelder notwendig, ohne diese Zuschüsse gäbe es sonst keine Schäferei mehr." Lammfleisch sei ein Produkt, das nicht kostendeckend zu erwirtschaften sei.

Wie schwer es die Scherer ohne Maschineneinsatz haben, zeigte sich bei der Vorführung mit den Handscheren. Die Zuschauerbänke waren auch dabei dicht gedrängt und zusätzlich viele Besucher standen. Angesichts dieser Resonanz war Harald Höfel "absolut zufrieden": "Das ist super, und die Stimmung ist klasse – ich bin über den Verlauf total glücklich."