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"Nicht drastisch Plätze abbauen". Kündigungsklausel über vier Monate. Unterstützung vom Land.

Meßstetten - Überraschung beim Infoabend über die mögliche Laufzeitverlängerung der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (Lea): Einige Meßstetter können sich – dank der Kündigungsklausel über vier Monate – eine Laufzeit über 2017 hinaus vorstellen.

Das herrliche Wetter und die entspannte Situation in der Lea – auf dem Gelände der früheren Zollernalb-Kaserne leben derzeit kaum 250 Personen – dürften die Hauptgründe dafür gewesen sein, dass nur gut 100 Zuhörer gestern den Weg in die Turn- und Festhalle gefunden haben, um ihre Fragen zur geplanten Laufzeitverlängerung des Vertrags zwischen der Stadt Meßstetten und dem Land Baden-Württemberg loszuwerden.

Die Informationsbroschüre mit dem bisherigen, Ende 2016 auslaufenden Vertrag und die neue Vereinbarung samt den Änderungen hatten die Meßstetter bereits in ihren Briefkästen gefunden und Zeit, sich vorzubereiten.

Fragen hatten dennoch wenige, zumal die Kurzvorträge informativ waren. Bürgermeister Frank Schroft hob die Verantwortung der Menschen in einem wohlhabenden, christlich geprägten Land für Flüchtlinge hervor, berichtete aber auch vom "aufopfernden" Einsatz in der Lea, der vor allem in den Wochen mit nahezu 4000 Lea-Bewohnern eine große Herausforderung für alle gewesen sei.

In den neuen Vertrag, über den der Gemeinderat am 21. Juli abstimmen werde, seien "maßgeblich unsere Vorstellungen" eingeflossen. Er soll bis 31. Dezember 2017 laufen, danach nicht verlängert werden und räumt der Stadt eine viermonatige Kündigungsfrist ein, sollte sich schon früher ein Investor für das 56 Hektar große Gelände oder Teile davon finden. Finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung vom Land gibt es obendrein.

Frank Maier, der Leiter der Lea, ließ Zahlen sprechen: Start im Oktober 2014 mit 33 Flüchtlingen, ein Jahr später die Spitze mit über 3500. 24 289 Personen seien bisher dort gewesen, 22 290 davon auf Landkreise in Baden-Württemberg verteilt worden, der Rest auf andere Bundesländer. Seit Mitte März seien konstant unter 500 Personen dort, dazu 295 Beschäftigte und 140 Ehrenamtliche – eine "fulminante Stütze". Aktuell lebten 230 Asylsuchende in der Lea – in den noch genutzten drei der zehn Unterkunftsgebäude. Und: Alle Schritte eines Asylverfahrens könnten dort abgewickelt werden – das entlaste Land und Landkreise.

Was Wolf-Dietrich Hammann vom Ministerium für Soziales und Integration über die Meßstetter sagte, kommentierte Moderator Jörg Max Fröhlich mit den Worten: "Man glaubt gar nicht, wie viel Lob eine Seele aushalten kann, bevor sie Schaden nimmt." Wie Hammann dankte auch Julian Würtenberger vom Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration den Meßstettern: Auf ihr konstruktives, pragmatisches, kompromissbereites Handeln könnten sie stolz sein.

Polizeiwache, Busverbindung und die Infrastruktur bleiben erhalten

Derzeit könne keiner seriös sagen, wie viele Menschen noch kommen werden. Daher sei es vernünftig, "nicht drastisch Plätze abzubauen". Er sei froh über die Bereitschaft der Meßstetter, für diesen Übergangszeitraum die existenten Strukturen nochmals zur Verfügung zu stellen. Polizeiwache, Busverbindung und Infrastruktur blieben bis zum Ende der Lea erhalten, so Würtenberger. Bei der Suche nach einer Nachnutzung werde das Land die Stadt unterstützen "und nicht mit der Lea im Weg stehen, wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt".

"Brauchen wir das tatsächlich", fragte Landrat Günther-Martin Pauli – rhetorisch – mit Blick auf die Verlängerung. "Die Ministerialdirektoren haben gesagt: Jawohl, wir brauchen Euch."

Dann waren die Bürger dran. Wie man die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Eigentümerin des Geländes, zum Verkauf bewegen könne, wollte Heinz Roth wissen. Schroft sprach von konstruktiver Gesprächsatmosphäre – zunächst aber müsse geklärt werden, was die Stadt mit der früheren Kaserne anfangen wolle. Oskar Beuttler fragte nach einem "Plan B", sollten wieder deutlich mehr Flüchtlinge kommen. "Den braucht man, wenn man keinen guten Plan A hat", so Würtenberger, und Plan A sehe vor, reaktionsfähig zu bleiben – auch dank der Laufzeitverlängerung. Er betonte: "Der Vertrag ist kein Zwang, sondern der gemeinsame Wille, eine erfolgreiche Zusammenarbeit für einen überschaubaren Zeitraum fortzusetzen." Sollte die Lea je wieder "bis oben ausgelastet sein, müssten wir miteinander sprechen".

Bernhard Deyhle begrüßte den Vertrag und fragte, warum er ein Ultimatum beinhalte. "Reichen nicht die vier Monate Kündigungsfrist?" Schroft argumentierte mit dem Wettbewerb mit anderen Städten, die ihre Kaserne vermarkten wollten. "Da ist es besser, man hat ein Datum." Pauli gab zu bedenken, dass Planungssicherheit für die Beschäftigten wichtig sei. "Es ist nicht damit getan, das Kasernentor zu öffnen."

Auch Oswin Angst, Norbert Kiefer und Andreas Raschke halten es für sinnvoll, die Option einer Vertragsverlängerung offen zu halten, sollte bis Ende 2017 kein Investor Interesse zeigen. "Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach", so Kiefer. "Die Sonderkündigung ist ein scharfes Schwert", fügte Raschke hinzu und wollte wissen, wie sich die Stadt auf die Zeit nach der Lea, also auf die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen, vorbereite. "Wir sammeln bereits Adressen von Eigentümern potenzieller Objekte", betonte Schroft.

Das letzte Lob des Abends galt Frank Maier: Viele Befürchtungen von 2014 hätten sich nicht bestätigt, woran der Lea-Leiter großen Anteil habe, sagte Daniel Götting – der Beifall für Maier zum Schluss war so warm wie das Wetter.