Margot Bischoff blickt auf 90 bewegte Lebensjahre zurück und feiert heute im kleinen Kreis. Foto: Franke Foto: Schwarzwälder-Bote

Margot Bischoff wird heute 90 Jahre alt / Noch immer liest sie die Zeitung / Acht Enkel und sieben Urenkel

Von Peter Franke

Meßstetten. Sie könnte mehrere interessante Bücher schreiben über die 90 Jahre ihres Lebens, die Margot Bischoff heute vollendet. Allein das eine Jahr russischer Besatzung in ihrem Heimatort Oberschreiberhau im Kreis Hirschberg/Oberschlesien würde einen Band füllen. Und die wenigsten Kapitel darin wären heiter.

Wenn sie mit ihrer jüngeren Schwester Erika zusammen kommt, dann sprechen die beiden immer wieder von den alten Zeiten, als die Familie in einem Herrenhaus wohnte, wie man dort eine halbe Stunde Fußweg zur evangelischen Schule bewältigte, obwohl es vor dem Haus eine Schule gab. Aber die war halt katholisch. Und man unterhält sich über die vielen Leute, die den Luftkurort im Riesengebirge besuchten, um sich zu erholen.

Vater Ernst Hoffmann war Glasschleifer. Die Mutter sorgte für die Familie und jahrelang dafür, dass die Leute ihre Zeitung rechtzeitig bekamen. Margot arbeitete dort im Haushalt eines Arztes, später in einer Drogerie und auch in einem "Rübezahl-Bazar", einem Geschäft, in dem die handwerklichen Produkte für die Touristen aus aller Welt verkauft wurden.

Über ihre ältere Schwester Edith lernte sie Franz Geppert kennen, einen netten Kerl, den der Krieg allerdings schwer mitgenommen hatte. Sie heiratete den Mann von der Bahn und schenkte ihm vier Kinder: Manfred, Rosemarie, Brigitte und Christa. Nur drei Monate nachdem das Jüngste zur Welt gekommen war, erlag Franz seinem Lungenleiden. Die Familie Geppert erlebt eine harte Vertreibung aus ihrer Heimat. Sie gelangt schließlich über Kohlfurt nach Hillersee in Niedersachsen.

Bei einem Kuraufenthalt lernt Margot einen gewissen Gerhard Bischoff kennen. Man ist sich mehr als sympathisch. Gerhard Bischoff jun. wird als fünftes Kind der Jubilarin geboren. Edith, Margot Bischoffs ältere Schwester, ist schon in Meßstetten, als auch die Familie dorthin umsiedelt. Als die Kinder alt genug sind, arbeitet Margot bei Paul Sauter in der Fabrik und dann in der Firma Götz.

Das Haus, in dem man viele Jahre in Miete wohnte, kann sich die Familie später kaufen. Es ist eines der typischen Flüchtlingshäuser in der Stadt, für deren Bau Fördergelder unter bestimmten Auflagen vergeben wurden. So mussten beispielsweise mindestens Kleintiere gehalten und im Garten ein kleines Beet mit Feldfrüchten bestellt werden. Die Gartenarbeit wurde der Jubilarin später zum Hobby.

Heute machen das die Kinder, wenn sie zu Besuch da sind. Tochter Christa kümmert sich liebevoll direkt um ihre Mutter. Jeden Tag ist sie bei ihr. Manchmal gehen die beiden Frauen noch vor das Haus, dann, wenn der Seniorin die Kraft ausreicht, um mit Hilfe des Rollators einige dutzend Meter zu spazieren. Absolut regelmäßig aber liest sie noch die Zeitung.

Heute wird Margot Bischoff im kleinen Kreis zuhause ihr Jubiläum feiern und am Sonntag in einem Restaurant mit der gesamten Familie, die auf acht Enkel und sieben Urenkel angewachsen ist.