Fotos: Böhler Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Flüchtlingskinder der Meßstetter Lea gehen Schlittenfahren

Der erste Schnee, der auch wirklich liegen blieb, hat diesen Winter auf sich warten lassen. Nun hat er Meßstetten besonders dick zugedeckt. Die Flüchtlingskinder der Lea durften ihn zum Schlittenfahren nutzen – und hatten große Freude daran.

Meßstetten. "Eigentlich mache ich sonst mit den Kindern Waldpädagogik, aber das ist bei der dicken Schneedecke nicht besonders sinnvoll", erzählt Förster Thomas Holl. "Also dürfen sie heute stattdessen Schlitten fahren gehen." Beaufsichtigt werden sie dabei von ihren Eltern, den Erzieherinnen des Lea-Kindergartens und ein paar freiwilligen Helfern; auch drei Auszubildende vom Landratsamt sind mit dabei. Holl kümmert sich derweil um das Anschüren der beiden Öfen, in denen das Fladenbrot für die Kinder gebacken werden soll. "Stockbrot haben wir schon mal gemacht", fährt er fort, "aber das mit den Öfen ist heute eine Premiere."

Der Teig sei von Bäckereien aus der Umgebung gespendet worden. Vieles, zum Beispiel das Gros an Winterkleidung für die Kinder, habe man über Spenden zusammenbekommen, aber eben nicht alles. Oftmals sei auch eigener Einsatz gefragt, das Holz zum Befeuern habe er beispielsweise selbst beigesteuert.

Sicherheit geht auch beim Schlittenfahren vor

Beim Schlittenfahren haben die Kinder sichtlich einen Riesenspaß. Ein Mädchen mit dunklen, neugierigen Augen stapft entschlossen mit ihrem Schlitten im Schlepptau den Hang hinauf. Zwei Jungs, die sich einen großen Bobschlitten teilen, können sich offenbar nicht so recht einigen, wer vorne und wer hinten sitzen soll. Ein Vater setzt sich gemeinsam mit seinem kleinen Sohn, der sich alleine nicht traut, auf den großen Holzschlitten, und die beiden sausen gemeinsam flugs den Hang hinab.

Inzwischen haben alle Kinder verstanden, dass es nach dem Herunterrutschen am sichersten ist, wenn man sich auf dem Weg zurück nach oben am Rand der Piste hält. Traurig zu sehen ist nur, dass ein sehr kleiner, schwarzer Junge um die sechs Jahre von den anderen Kindern ausgegrenzt wird. Ist er nun wegen seiner Hautfarbe oder der Sprachbarriere zum Außenseiter unter den Anderen geworden? Die meisten Flüchtlinge in der Meßstetter Lea kommen jedenfalls aus Syrien, dem Iran, dem Irak und Afghanistan – Afrikaner sind dagegen in der Minderheit.

In den Ländern Vorder- und Zentralasiens fällt besonders in höheren Lagen im Winter auch regelmäßig Schnee, darum kennen die meisten Kinder das Naturphänomen vermutlich schon. Für den kleinen Jungen, der wohl aus Somalia oder Eritrea im östlichen Teil Afrikas stammt, dürfte es dagegen der erste richtige Schnee sein, den er in seinem jungen Leben sieht. Und auch ihm steht die Freude ins Gesicht geschrieben, wenn er auf seiner Rodelscheibe den Berg herunterrutscht – und das, obwohl es an dem Hang oberhalb der Lea-Begegnungsstätte zieht wie Hechtsuppe.

Inzwischen formen weiter unten auf der Terrasse der Begegnungsstätte ein paar Frauen aus dem Brotteig die Fladenbrote für den Ofen. Ein junger Mann, der Auszubildender beim Landratsamt ist, hilft ihnen dabei. Die Öfen sind derweil schon über 200 Grad heiß, Holl schiebt das erste Exemplar in die Lade. Auf dem Rost oberhalb des Feuers liegt ein großer flacher Stein, der die Hitze gleichmäßig aufnimmt und das Brot vor dem Ankokeln durch die Flammen bewahrt – Steinofenbrot also, sozusagen.

Frisch gebackenes Brot für ausgepowerte Kinder

Das erste dürfen die "Bäcker" auch gleich probieren: Es schmeckt toll – frisch und irgendwie besonders, vielleicht gerade weil es im tiefesten Winter draußen über offenem Feuer gebacken wurde. Obendrauf kommt eine Tomatensoße. Sie macht das Endprodukt zu einer Art Steinofen-Pizza-Brot. Und es findet auch gleich reißenden Absatz, denn nichts macht Kinder in Deutschland hungriger als das ausgelassene Spielen und Toben im Schnee.