Der Kundgebung folgte die Spontandemonstration: Rund 200 Bürger machten in Meßstetten Front gegen Rechts. Foto: Retter

An die 200 Demonstranten wehren sich gegen Versuche der NPD, sich im "Waldhorn" einzunisten. Kundgebung vor dem Rathaus.

Meßstetten - Sowohl Meßstetter Bürger als auch Auswärtige – haben am Samstagnachmittag vor dem Rathaus für Vielfalt und Toleranz und gegen die Einrichtung einer NPD-Landesgeschäftsstelle in Meßstetten demonstriert.

Die Polizei schätzte die Zahl der Kundgebungsteilnehmer auf 150, unter den Veranstaltern war von 200 bis 300 die Rede. Die Kundgebung richtete sich gegen Pläne der Landes-NPD, das ehemalige Gasthaus "Waldhorn" zu kaufen und darin – ganz in der Nähe der Landeserstaufnahmestelle (Lea) auf dem Geißbühl – eine Geschäftsstelle einzurichten. Der Aufruf zur Teilnahme war vom Bündnis "Keine Basis der NPD" gekommen; gefolgt waren ihm Vertreter der SPD, der Linken, des DGB, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der MLPD und diverser antifaschistischer Gruppen, vor allem aber Bürger von Meßstetten und aus der Region.

"Nein zu einer Landesgeschäftsstelle – hier und anderswo!", lautete der Tenor der Reden, die vor dem Rathaus gehalten wurden. Joachim Böck vom Aktionsbündnis hatte den Anfang gemacht; anschließend sprachen zwei Vertreter der "Linken": Landesgeschäftsführer Bernhard Strasdeit und die Reutlinger Stadträtin Jessica Tatt verlasen einen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gerichteten Brief der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel, Annette Groth und Karin Binder, in dem diese die Landesregierung auffordern, die Öffentlichkeit angemessen zu informieren – die derzeitige Situation, in der Gerüchte zu Notarterminen und angeblichen Einweihungsfeiern kursierten, sei unerträglich. Im übrigen gelte es zu handeln: Der Ministerpräsident selbst möge nach Meßstetten kommen, sich ein Bild von der Lage machen und gemeinsam mit der Gemeinde nach einer Lösung suchen. "Eine Landesgeschäftsstelle der NPD in Meßstetten wäre eine unmittelbare Bedrohung für die Flüchtlinge in der Lea – aber auch eine Katastrophe für Stadt, Land und Bund!"

Die Parole "Null Toleranz für Nazis!" gab anschließend eine Vertreterin der "Alboffensive" aus. Dieter Klauth vom Albstädter Währlerbündnis ZUG verwies auf den vor Jahren gescheiterten Versuch der NPD hin, in der Nähe von Straßberg Fuß zu fassen – damals hätten Kundgebungen und der Einsatz von Kommunal- und Landespolitikern die Ansiedlung der NPD verhindert. Diese seien auch heute gefordert; noch wichtiger sei indes, dass jeder Einzelne "Farbe bekenne": "Wer es nicht tut, nimmt Braun hin!"

"Ihr seid hier nicht erwünscht!", erklärte der GEW-Kreisvorsitzende Bernd Romer an die NPD gerichtet. Allerdings dürften das nicht nur einzelne sagen. "Die Anständigen schweigen zu oft – dabei geht es auch um ihre Lebensqualität. Man bedenke, welche Wirkung eine Landesgeschäftsstelle der NPD auf unsere Kinder hätte." Die Meßstetter müssten klar und einmütig sagen, dass sie keine Fremdenfeindlichkeit duldeten, die Gemeinde sei aufgerufen, eine Lösung ohne die NPD herbeizuführen, statt das Problem auszusitzen, und an die Eigentümer des "Waldhorn" ergehe der Appell, nicht aus finanziellen Beweggründen mit den Rechten zu paktieren, sondern ihrer Verantwortung als Bürger Meßstettens gerecht zu werden.

Im Anschluss an die Kundgebung wurden bunte Ballons in den grauen Nachmittaghimmel geschickt; danach formierte sich eine Spontandemonstration und zog durch Meßstetten. Ein Behördenvertreter und die Polizei, die mit etwa 50 Beamten im Einsatz war und auch vor dem "Waldhorn" Stellung bezogen hatte, erklärten sich damit einverstanden. Bei ähnlichen Anlässen, so die Arumentation, sei man in Meßstetten gegen Spontandemonstrationen eingeschritten, weil Demonstranten gegen das Vermummungsverbot verstoßen und Bengalos mit sich geführt hätten – friedliche Märsche wie der am Samstag seien dagegen durch Paragraph acht des Grundgesetzes geschützt.